Das Dorf in den roten Wäldern

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Das Böse ist gar nichts Besonders und sitzt an unserem Tisch

Auf der diesjährigen Frankfurter Buchmesse ist Kanada Gastland. Aus diesem Anlass stelle ich den Kriminalroman „Das Dorf in den roten Wäldern“ der kanadischen Autorin Louise Penny vor.

Chief Inspector Armand Gamache, Leiter der Mordkommission der Sûreté du Quebec, wird zu einem Mordfall in die Provinz gerufen. In dem Dorf Three Pines wurde eine ältere Dame im Wald tot aufgefunden. Es handelt sich um die 76-jährige Jane Neal, die sehr beliebte pensionierte Lehrerin des Ortes. Sie wurde durch einen Bogenschuss getötet. Das Thanksgiving-Wochenende steht bevor und es ist der Höhepunkt der Jagdsaison, daher ist Three Pines voll mit Touristen und Sonntagsjägern, die auf alles schießen, was sich im Wald bewegt. So gehen alle zunächst von einem tragischen Jagdunfall aus.

Das Entsetzen unter den Dorfbewohnern ist jedoch groß, als sich der Verdacht erhärtet: Jane Neal wurde ermordet. Die Umstände ihres Todes deuten nicht auf einen Jagdausflügler, sondern eher auf einen Einheimischen, der Ort und Opfer genau kannte. Wer aber hatte einen Grund die allseits beliebte Jane zu ermorden?

Verschiedene Dorfbewohner geraten ins Visier der Polizei: drei Jugendliche, die das Café eines Schwulen-Pärchens mit Entendreck bewarfen und dabei von Jane Neal als ehemalige Schüler erkannt wurden. Ihre Nichte Yolande Fontaine mit ihrem wenig sympathischen Mann und Sohn, die als Alleinerbin sicher ein starkes Motiv hätte. Chief Inspector Gamache beobachtet die Dorfbewohner jedoch sehr genau und ist schnell davon überzeugt, den Täter im Freundeskreis des Opfers zu suchen. Und es wird ihm auch schnell klar, dass der Grund für die Tat in einem Ereignis von vor 60 Jahren zu suchen ist.

Armand Gamache ist der klassische Ermittlertyp, der mit seinem Verstand und seiner Beobachtungsgabe Fälle löst. Er ist eine imponierende Erscheinung, gut und sorgfältig gekleidet, gebildet, spricht fließend Englisch und Französisch und verfügt bei der Kriminalpolizei über einen legendärer Ruf. Diese Figur hat sicher das Potential ein Klassiker zu werden und schreit förmlich nach einer Verfilmung.

Spannung kommt auch durch die Nebenfiguren und deren Verhältnis zu Gamache auf. Da ist zum einen sein Stellvertreter Inspektor Jean Guy Beuavoir, 35 Jahre alt und sein engster und vertrautester Mitarbeiter. Er verfügt über  eine Art von Bauernschläue und liest seinem Vorgesetzten alles förmlich von den Augen ab. Zum anderen Agent Yvette Nichol, neu bei der Sûreté und völlig unerfahren. Es ist ihr erster Mordfall und sie eckt permanent durch Arroganz und Unwissenheit an. Damit stellt sie auch den geduldigen Gamache auf eine harte Probe.

Wer bei Kriminalromanen eher die leisen Töne mag, der kommt hier sicher auf seine Kosten. Die Handlung ist spannend und über allem liegt ein Hauch Ironie. Die Autorin Louise Penny hat mit diesem Roman einen klassischen Whodunit-Krimi geschrieben. Er kommt wie die altmodischen Geschichten von Agatha Christie daher, aber altmodisch im bestmöglichen Sinn. Die Autorin fügt geschickte Andeutungen und neue Personen in die Handlung ein. Sie schürt somit immer wieder einen neuen Verdacht und wir Leser müssen unsere Theorien über den möglichen Mörder immer wieder über den Haufen werfen (zumindest ging es mir so).

Dieses Buch ist der perfekte Schmöker für verregnete Wochenenden im Herbst!

Das Dorf in den roten Wäldern“ ist der Band 1 der Armand-Gamache-Serie von Louise Penny und ist 2019 erschienen. Insgesamt sind 10 Bände lieferbar, die Bände 11-17 wurden noch nicht ins Deutsche übersetzt. Der Krimi-Hunger wird also auch hier wieder regelmäßig gestillt.


Louise Penny, Das Dorf in den roten Wäldern
Kampa Verla
Kartoniert, 16,90 €, 978-3-311-12006-3
E-Book, 12,99 €, 978-3-311-70047-0
Hörbuch, 20,00 €, 978-3-7424-1042-9

Noch ein Buchtipp am Schluss:
Wer mehr über die kanadische Literatur erfahren möchte, dem empfehle ich das Buch „Kanada fürs Handgepäck“. Dieser literarische Reiseführer enthält Geschichten und Berichte über das Land aus der Feder bekannter kanadischer Schriftsteller.

Kanada fürs Handgepäck
Hrsg.  Anke Caroline Burger
Unionsverlag Taschenbuch
2018, 220 Seiten, kartoniert, 13,95 €  
978-3-293-20801-8