Die Magie eines einzigen Sommers

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Der 16jährige Friedrich Büchner, genannt Frieder, hat es gerade nicht leicht:

Er fällt in der neunten Klasse in Latein und Mathe durch. Im Schwimmbad lernt er ein umwerfendes Mädchen kennen, verliebt sich Hals über Kopf in sie, vergisst aber, sie nach ihrer Adresse zu fragen. Zu Hause ist wie immer die Hölle los, kein Wunder bei einer winzigen Wohnung und fünf zumeist kleinen Geschwistern und eher chaotischen Eltern. Und dann darf er in den Sommerferien nicht mit in den Familienurlaub, sondern muss ganze sechs Wochen zum ungeliebten Großvater, um dort unter strenger Aufsicht für die Nachprüfungen zu büffeln.

Bei seinem Großvater fühlt sich Frieder „wie eine Antilope vor einem Löwen“. Der strenge und kühle Medizinprofessor flößt Frieder größtes Unbehagen ein und verordnet ihm auch sogleich ein strenges Lernprogramm. Frieders Großmutter Nana ist mit ihrer Warmherzigkeit und Humor das genaue Gegenteil. Nur das, und ihre Kochkunst, lassen Frieder die Situation anfangs ertragen.

Wann immer es geht, verbringt er die Zeit mit seiner älteren Schwester Alma und seinem Freund Johannes. Später stößt auch Beate hinzu, das Mädchen aus dem Schwimmbad. Die Vier streifen durch die sommerliche Stadt und stellen den ein oder anderen Unfug an, der ihnen auch entsprechend Ärger einbringt. All das schweißt sie aber weiter zusammen. Frieder genießt diese Zeit und nimmt die Stimmungen, Gerüche und Geräusche des Sommers tief in sich auf. Er hat das durchdringende Gefühl, dass dieser eine Sommer etwas ganz Besonderes ist und alles viel zu schnell vorbei ist. Es ist für ihn der Sommer der ersten Male, die er so nie wieder erleben wird.

Die Unbeschwertheit dieses Sommers endet für alle auch tatsächlich sehr unvermittelt und dramatisch. Plötzlich bricht vieles entzwei und das starke Gefühl des Verlustes stellt sich bei Frieder ein. Einzig die positive Wandlung im Verhältnis zu seinem Großvater, den er von einer ganz anderen Seite kennenlernt, hinterlässt bei Frieder in gutes Gefühl.

Der große Sommer“, den die unabhängigen Buchhandlungen 2021 zu ihrem Lieblingsbuch wählten, ist ein außerordentlich stimmungsvoller Roman. Der Autor Ewald Arenz schafft bildreiche und stille Momente, die uns Leser in die Gefühlswelt von Frieder eintauchen und an dem Zauber dieses eines Sommers teilhaben lassen. Wie bei einem 16jährigen Teenager üblich erlebt Frieder starke Emotionen, positive wie negative, und saugt Stimmungen tief in sich auf. Er genießt das, was den Sommer ausmacht: das Licht, die Gerüche, die Geräusche, die Farben. Immer mit dem überwältigenden Gefühl, etwas zum ersten, aber auch vielleicht zum letzten Mal zu erleben „Ich konnte mir nicht vorstellen, dass ich irgendwann das Leben nicht mehr wie ein Spiel ansehen wollte. Nicht mehr neugierig sein wollte. Keine ersten Male mehr erleben würden.“

Neben den großen Gefühlen kommt der Humor an vielen Stellen aber auch nicht zu kurz. Frieder versteht mit Ironie, Schlagfertigkeit und einer großen Portion Sarkasmus den Widrigkeiten seines Lebens zu begegnen. So bleibt der Roman immer sehr unterhaltsam.

Zurück bleibt für uns Leser sicher die Erkenntnis, die schönen Momente wahrzunehmen und auszukosten. Alles kann viel zu schnell vorbei sein. Etwas, was in dieser Corona-Zeit sicher eine noch größere Bedeutung bekommen hat.


Ewald Arenz, Der große Sommer
DuMont Buchverlag
Gebunden, 20,00 € (978-3-8321-8153-6)
E-Book, 14,99 € (978-3-8321-7077-6)
Hörbuch, 21,00 € (978-3-7424-1853-1)