Abrechnung Verhandlung nach obsiegendem Urteil

Fragen rund um die neuen Rechtsanwaltsgebühren nach RVG ab 01.08.2013
Antworten
Andy
Forenfachkraft
Beiträge: 189
Registriert: 13.07.2012, 12:30
Beruf: RA-Fachangestellter
Software: RA-Micro

#1

07.12.2017, 14:36

Hallo zusammen,

ich habe nach langem auch mal wieder eine Frage zu folgendem Sachverhalt:

Wir haben Klage auf Zahlung eines Werklohns (7.658,99 €) erhoben. Erst erging ein VU, dann gab es noch eine mündliche Verhandlung, nach welcher dann der Klage im vollen Umfang stattgegeben wurde.

Die Gegenseite hat hier zunächst fristwahrend Berufung eingelegt, wir haben uns wunschgemäß nicht bei Gericht gemeldet. Es wurden dann weitere Gespräche (inklusive Ortstermin mit der Gegenseite, der aber m. E. nicht relevant für die Abrechnung ist) geführt und es wurde sich sodann darauf geeinigt, dass die Gegenseite 2/3 der Forderung zahlt und auch entsprechend 2/3 der Gerichts- und Anwaltskosten übernimmt. Die Berufung wird sodann zurückgenommen.

Jetzt möchte mein Chef, dass ich die Sache abrechne und ist der Meinung, dass er hier die Nr. 1000 VV RVG erhält. Ist das so?

Und wie rechne ist das dann ab?

I. Instanz:
3100
3104
7002
7008
GK

Verhandlung nach I. Instanz:
2300
1000
7002
7008

?

Wenn dem so ist, muss ich gem. Vorb. 3 Abs. 4 anrechnen? Es ist ja so gesehen ein außergerichtliches Verfahren nach dem gerichtlichen Verfahren, oder denke ich jetzt zu umständlich?

Oder zählt das einfach alles noch zum erstinstanzlichen Verfahren und man müsste wie folgt abrechnen?

3100
1003
3104
7002
7008
GK

Hatte auch schon unter den §§ 16 ff RVG geschaut, ob das als selbes / anderes Verfahren angesehen wird, aber so wirklich weitergeholfen hat mir das auch nicht. Ich hoffe mir kann wer helfen, den Knoten im Kopf zu lösen. :nachdenk
Wer nicht mehr versucht besser zu werden, hat aufgehört gut zu sein.
Benutzeravatar
Adora Belle
Golembefreierin mit Herz
...ist hier unabkömmlich !
Beiträge: 14426
Registriert: 14.03.2008, 14:17
Beruf: RAin

#2

07.12.2017, 14:46

M.E. sind für die Berufungsinstanz 3201, 3202 und 1004 entstanden. Für anhängige Gegenstände kann keine GG entstehen.
Andy
Forenfachkraft
Beiträge: 189
Registriert: 13.07.2012, 12:30
Beruf: RA-Fachangestellter
Software: RA-Micro

#3

07.12.2017, 16:16

Danke schon mal für deine Antwort!
Adora Belle hat geschrieben:M.E. sind für die Berufungsinstanz 3201, 3202 und 1004 entstanden. Für anhängige Gegenstände kann keine GG entstehen.
Obwohl wir gegenüber dem Gericht eine Abweisung der Berufung nicht beantragt haben und auch sonst keine Schriftsätze verfasst haben? :kopfkratz

Unsere letzte gerichtliche Tätigkeit war ja die mündliche Verhandlung. Nach dem Urteil haben wir nur noch mit der Gegenseite direkt korrespondiert.
Wer nicht mehr versucht besser zu werden, hat aufgehört gut zu sein.
Benutzeravatar
Anahid
Hexe vom Dienst
...ist hier unabkömmlich !
Beiträge: 17645
Registriert: 22.02.2011, 10:41
Beruf: Rechtsfachwirtin
Software: RA-Micro

#4

07.12.2017, 16:35

Nachdem der Streitgegenstand gerichtlich anhängig ist (und das war er in der Berufungsinstanz) kann definitiv hierfür keine GG entstehen. Da hat Adora Belle absolut Recht.

Sobald die Berufung eingelegt wurde, entsteht für den Rechtsanwalt des Berufungsbeklagten (sofern er beauftragt ist - was hier wohl nicht in Frage gestellt werden soll) die Nr. 3201 VV RVG. Werden Gespräche mit der Gegenseite geführt, um eine Beendigung des Verfahrens herbeizuführen, entsteht eine Terminsgebühr. Und weil der durch den Vergleich erledigte Streitgegenstand gerichtlich anhängig ist (nämlich im Berufungsverfahren), entsteht die Nr. 1004 VV RVG. Eine gerichtliche Tätigkeit muss dafür nicht erbracht werden. Aber Ihr solltet für das Berufungsverfahren grundsätzlich mal durch den Mandanten beauftragt worden sein.
:katze2 Jeder Tag ist ein Geschenk ... aber manche sind einfach grottenschlecht verpackt. :katze1
Andy
Forenfachkraft
Beiträge: 189
Registriert: 13.07.2012, 12:30
Beruf: RA-Fachangestellter
Software: RA-Micro

#5

07.12.2017, 16:58

Anahid hat geschrieben:Nachdem der Streitgegenstand gerichtlich anhängig ist (und das war er in der Berufungsinstanz) kann definitiv hierfür keine GG entstehen. Da hat Adora Belle absolut Recht.
Das verstehe ich ja und sehe ich eigentlich auch so, ich wäre ohne meinen Chef auch nie auf die Idee gekommen, die GG oder die außergerichtliche VG anzusetzen.
Anahid hat geschrieben: Sobald die Berufung eingelegt wurde, entsteht für den Rechtsanwalt des Berufungsbeklagten (sofern er beauftragt ist - was hier wohl nicht in Frage gestellt werden soll) die Nr. 3201 VV RVG. Werden Gespräche mit der Gegenseite geführt, um eine Beendigung des Verfahrens herbeizuführen, entsteht eine Terminsgebühr. Und weil der durch den Vergleich erledigte Streitgegenstand gerichtlich anhängig ist (nämlich im Berufungsverfahren), entsteht die Nr. 1004 VV RVG. Eine gerichtliche Tätigkeit muss dafür nicht erbracht werden. Aber Ihr solltet für das Berufungsverfahren grundsätzlich mal durch den Mandanten beauftragt worden sein.
Dass man allerdings die Berufungsinstanz vollumfänglich abrechnen kann, ohne auch nur einen Schriftsatz ans Gericht geschickt zu haben, hätte ich jetzt nicht gewusst. Ich dachte, man müsse zumindest dem Gericht anzeigen, dass man auch in dem Berufungsverfahren mandatiert ist. Man lernt nie aus...

Ich danke euch beiden!
Wer nicht mehr versucht besser zu werden, hat aufgehört gut zu sein.
Antworten