Abfindungszahlung während der Insolvenz

Hier können alle Themen rund um die Zwangsvollstreckung besprochen werden. ZV mit Auslandsbezug bitte in die entsprechende Extra-Rubrik posten.
Fuli
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#11

06.06.2018, 08:46

Hilfe Hilfe Hilfe...

Haben jetzte gerade weitere Korrespondenz von unserem Mandanten erhalten. Der Rechtsanwalt des Insolvenzschuldners schreibt unserem Mananten (DS) nun, dass unserem Mandanten das Insolvenzverfahren direkt bei Eröffnung (März) bekannt gegeben wurde (was nicht stimmt), und fordert unseren Mandanten nun auf, die an den Gläubiger gezahlten Beträge an den Insolvenzschuldner wieder auszuzahlen. Wie gesagt, dass ist der RA des Schuldners, nicht der Insolvenzverwalter. Fragen hierzu:

1: Die Beweislast über den Zugang des angeblichen Schreibens, über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens liegt doch dann beim RA des Schuldners bzw. Insolvenzverwalter, oder?
2: Stimmt das, dass unser Mandant (DS) nun die seit März an den Gläubiger ausgezahlten Pfändungsbeträge an den Insolvenzschulder erstatten muss? Muss sich der Insolvenzverwalter die Beträge nicht vom Gläubiger holen?

Darf ich sagen, dass ich Insolvenzrecht mal so gar nicht mag.

Danke für Eure Hilfe :)
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mücki
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#12

06.06.2018, 09:09

Guten Morgen,

zunächst: Ruhig bleiben und tief durchatmen.

Selbstverständlich wäre es am Schuldner bzw. dessen Anwalt den Nachweis zu führen, dass eine Info über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt ist. Euer Mdt. hätte zwar mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Zahlungen an den Gläuibger einstellen sollen bzw. müssen aber die Weiterzahlung führt nicht dazu, dass der Schuldner einen Erstattungsanspruch hätte.

Diesen Erstattungsanspruch hat nur der Insolvenzverwalter, da die pfändbaren Beträge aus dem Einkommen der Insolvenzmasse zustehen, der diesen ggf. auch selbst geltend machen müsste. Hierfür muss aber nachgewiesen werden, dass und ab wann der DS (euer Mdt.) Kenntnis von der Eröffnung des Verfahrens hatte, weil er nur dann nicht mehr schuldbefreiend an den Gläubiger leisten konnte. Kann die Kenntnis von der Eröffnung nicht "nachgewiesen" werden, hat der DS mit schuldbefreiender Wirkung an den Gläubiger geleistet und ist auch nicht schadenersatzpflichtig.

Daher noch einmal mein dringender Rat: Setzt euch umgehend mit dem Insolvenzverwalter in Verbindung. Nur er kann euch sagen, ob die pfändbaren Beträge zur Masse gehören oder nicht und wie hier weiter verfahren werden soll.

Zuletzt geändert von mücki am 06.06.2018, 09:25, insgesamt 1-mal geändert.
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Fuli
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#13

06.06.2018, 09:24

Guten Morgen, ja versuche ruhig zu bleiben, und dank Deinen Nachrichten, kann ich das gerade auch ;)

Was die Kenntnis angeht, hatte ich mir jetzt § 130 I Nr. 1 und 2 InsO herausgesucht, ist das richtig? Dann muss unser Mandant doch an den Schuldner gar nichts erst einmal erstatten, oder?

Wie würde es denn im schlimmsten Fall aussehen? Müsste unser Mandant sich das Geld vom Gläubiger wiederholen oder muss der Insolvenzverwalter darum kümmern?

Zwar behauptet der RA des Schuldners der Insolvenzverwalter hätte unseren Mandanten angeschrieben, aber das stimmt ja nicht. Am besten wäre es doch, wenn wir uns dann jetzt selbst mit dem Insolvenzverwalter in Verbindung setzen, oder?

Ich danke Dir so sehrrrrrr :) :) :)
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mücki
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#14

06.06.2018, 09:39

Die §§ 129 ff. betreffen die Insolvenzanfechtung. Wir haben hier aber zwei paar Schuhe:
1. Zahlungen die im Zeitraum 3 Monate vor Insolvenzantragstellung und danach geleistet wurden (Anfechtung) und
2. Zahlungen die nach Insolvenzeröffnung geleistet wurden.

Zu 1.) Die Anfechtung ist für euch bzw. euren Mdt. vollkommen irrelevant. Es lag ein PfÜb vor, dieser wurde von euch bedient. Die Anfechtung kann der InsVw nur gegenüber derjenigen Person, die diese Zahlungen erhalten hat (also dem Gläubiger) erklären. Vorliegend wird es dies aufgrund des § 131 InsO tun. Aus dieser Nummer seid ihr vollkommen raus.

2.) Soweit euer Mdt. Zahlungen nach Insolvenzeröffnung erbracht hat, stellen sich mehrere Fragen:
a) Wann genau war die Eröffnung des Insolvenzverfahrens?
b) Zahlt euer Mdt. im Voraus oder rückwirkend (ich nehme an rückwirkend?).
c) Wann genau hatte euer Mdt. positive Kenntnis von der der Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder dem Insolvenzantrag?

Wenn euer Mdt. tatsächlich erst vor ein paar Tagen überhaupt von dem Verfahren Kenntnis erlangt hat, konnte er mit schuldbefreiender Wirkung an den Gläubiger leisten und hat keine weiteren Konsequenzen zu befürchten. Hatte er bereits vorher Kenntnis, konnte er nicht mit schuldbefreiender Wirkung leisten und muss daher wohl oder Übel die geleisteten Zahlungen (ab nachgewiesener bzw. glaubhaftgemachter Kenntnis der IE) noch einmal tätigen, allerdings meiner Ansicht nach an den Insolvenzverwalter, da diesem der pfändbare Anteil des Einkommens zusteht. Keinesfalls, darf euer Mdt. pfändbare Einkommensanteile an den Schuldner leisten (vgl. § 82 InsO).

Setzt euch bitte direkt mit dem Insolvenzverwalter in Verbindung und zwar am besten zunächst telefonisch, weil das am schnellsten geht.
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#15

06.06.2018, 10:05

Ok super, jetzt bin ich klar im Kopf ;)

Ne unser Mandant hat erst seit der letzten Zahlung Ende Mai an den Gläubiger Kenntnis von der IE. Der Schuldner hatte seinem Arbeitgeber einfach eine Whatsapp geschickt, aber das Geld an den Gläubiger war schon raus. Unser Mandant zahlt rückwirkend. Also sind wir/unser Mandant da vollkommen aus dem Schneider.

In dem Auszug stand, dass der Insolvenzverwalter dem Gericht erklärt hat, dass das Vermögen aus der selbstständigen Tätigkeit nicht zur Insolvenzmasse gehört und diese Ansprüche nicht im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können. Auf § 295 II InsO wurde hingewiesen. Soll unser Mandant dann trotzdem an den Insolvenzverwalter zahlen oder dem Schuldner alles auszahlen? Oder sollen wir alle Modalitäten am besten mit dem Insolvenzverwalter klären?

Ich kann Dir wirklich gar nicht genug für Deine Hilfe danken :):):):)
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mücki
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#16

06.06.2018, 10:42

Die Freigabe der selbständigen Tätigkeit erfolgt i.d.R. dann, wenn der InsVw nicht abschätzen kann wie hoch evt. Kosten für die Masse (Masseverbindlichkeiten gem. § 55 InsO) werden bzw. er davon ausgeht, dass nach Abzug der Verbindlichkeiten nur der Selbstbehalt für den Schuldner übrig bleibt, also keine Gewinne für die Masse realisiert werden können.

§ 295 Abs. II InsO sagt im Prinzip nur aus, dass der Schuldner die Beträge, die er in einem Angestelltenverhältnis als pfändbare Beträge an die Masse zu zahlen hätte "freiwillig" an den InsVw zu zahlen hat. (Wenn jemand als angestellter Gas-Wasserinstallateur z.B. ein Einkommen von 1.200 € netto und keine Unterhaltspflichten hat, müsste dieser ja 46,34 € als pfändbaren Betrag an die Masse zahlen, der selbständige müsste dies dann eben "freiwillig" tun.) Was für euren Mdt. bedeutet, dass er tatsächlich das komplette Einkommen an den Schuldner zu überweisen hätte. Allerdings gibt es hierfür (also für die Freigabe) ein förmliches Schreiben des Insolvenzverwalters, das sich euer Mandant auch unbedingt im Original vorlegen lassen sollte.

Nichtsdestotrotz solltet ihr euch mit dem Insolvenzverwalter in Verbindung setzen und zwar vor dem einfachen Hintergrund, dass viele Schuldner im Insolvenzverfahren nicht so mitarbeiten wie dies sein soll. Möglicherweise hat der Schuldner z.B. gar nicht mitgeteteilt, dass er im Rahmen seiner freiberuflichen Tätigkeit pfändbare Beträge erzielt.
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#17

06.06.2018, 10:56

DANKEEEEEEEEE!!!! :):):)

Vielleicht habe ich Glück und die Sache ist bald vom Tisch.
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mücki
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#18

06.06.2018, 11:08

:wink1 gern geschehen
Viel Erfolg!
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