Geschäftswert Vorsorgevollmacht + Patientenverfügung

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rayray86
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#1

13.02.2015, 09:17

Hallo Ihr. :wink1

Habe da grad ein aktuelles Problem und auch meine Kollegin weiss nicht weiter.

Folgender Sachverhalt: Wir haben eine Vorsorgevollmacht + Patientenverfügung beurkundet. 1 Vollmachtgeber.

Normalerweise berechnet sich der Geschäftswert für die Kostenrechnung ja nach dem halben Wert des Vermögens + 5.000,- für die Patientenverfügung.

Nun hat der Vollmachtgeber in diesem Fall allerdings ein Vermögen von 6.000,- angegeben.

Geschäftswert theoretisch: 6.000,- : 2 = 3.000,- + 5.000,- für die Patientenverfügung = 8.000,-

Der Wert des Vermögens ist hier ja sehr gering, darf der Wert für die Patientenverfügung denn überhaupt höher als der eigentliche Wert sein???? Oder kann/muss man den Wert für die Patientenverfügung dann runtersetzen (mir ist bekannt dass bei höherem Einkommen der Wert für Patientenverfügung auch höher sein kann). ODER gibt es einen Mindestwert für Vermögen?

Hab hier im Forum nix dazu gefunden (oder bin zu doof zum suchen...) und im Internet werd ich auch nicht schlauer. Hoffe auf schnelle Hilfe :)

LG
rayray86
larifari
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#2

13.02.2015, 12:57

Halbes Aktivvermögen, je mehr die Vorsorgevollmacht einer unbeschränkten Generalvollmacht nahe kommt. Siehe aber Streifzug Rd. 2428, wenn die Vorsorgevollmacht ausschließlich für die persönlichen Angelegenheiten und ausdrücklich nicht für die vermögensrechtlichen Angelegenheiten erteilt ist, und Rd. 2430 zur Patientenverfügung.
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#3

13.02.2015, 13:59

@larifari
Deine Ausführungen sind richtig, das war aber nicht gefragt.
In der Frage ging es um die Bewertung der Patientenverfügung, für die § 36 Abs. 2, 3 GNotKG maßgeblich ist. Danach ist grundsätzlich auch ein niedrigerer Wert möglich.
Viel Sinn macht hier eine Herabsetzung angesichts der Mindestgebühr von 60,00 Euro aber nicht (1,0 nach 8.000 Euro = 63,00 Euro)
rayray86
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#4

16.02.2015, 08:33

Hallo,

danke für die Antworten :) Dann nehme ich einfach den Geschäftswert 8.000 € und danach halt die normalen Gebühren. Dachte halt nur dass der Wert für Patientenverfügung nicht höher sein darf als das hälftige Aktivvermögen. Aber scheinbar gibt es diesbezüglich keine Probleme.

Mfg
Martin Filzek
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#5

17.02.2015, 10:08

Ganz unabhängig vom konkreten Fall, wo zunächst von einem angegebenen "Vermögenswert" von 6.000 Euro die Rede ist, im letzten Beitrag aber der wichtige Begriff

hälftiges Aktivvermögen

doch noch vorkommt, wird es nach meinen Beobachtungen häufig so sein, dass Beteiligte im Irrglauben (der von vielen Notaren und Mitarbeitern dann geteilt bzw. nicht hinterfragt wird) bei den angegebenen Vermögenswerten automatisch nur ihr Reinvermögen nennen.
Ansonsten ist doch die Angabe eines "Aktivvermögens" von nur 6.000 Euro doch in vielen Fällen unwahrscheinlich, zumindest wenn jemand noch ein Auto, Telefon, Fernseher, sonstige Wohnungseinrichtung, Kleidung, Schmuck usw. besitzt.
Fragen zum GNotKG? http://www.filzek.de
cocos94
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#6

17.02.2015, 10:16

Wenn ich kurz anmerken darf:

In der Praxis wird gerne der Regelwert von 5.000,00 € genommen für die Patientenverfügung. Diese Pauschalierung ist jedoch, haben wir in einem Seminar gelernt, nicht zulässig.
Der Notar soll von seinen Ermessens-Spielraum Gebrauch machen.

Im vorliegenden Fall ist das nicht so schlimm wegen der Mindestgebühr, wie oben bereits erwähnt, aber auch in diesem Fall nehmen wir dann als Wert z. B. 10 % von 6.000,00 €. Dann steht in unserer Berechnung in der Akte zumindest ein anderer Wert (also hier 600,00 €) als immer dieser Regelwert, den die Prüfer hier nicht so gerne sehen.

Aber in den Fällen, in denen wir bereits einen höheren Geschäftswert haben für die Vorsorgevollmacht, können wir auch durchaus die Patientenverfügung höher abrechnen.
Wenn die Vorsorgevollmacht z. B. mit einem Wert von 100.000,00 € abgerechnet wird, nehmen wir z. B. 10.000,00 € für die Patientenverfügung.

Hoffe, ich hab das so richtig weiter gegeben.
Liebe Grüße
Martin Filzek
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#7

17.02.2015, 11:40

cocos94 hat geschrieben:Wenn ich kurz anmerken darf:

In der Praxis wird gerne der Regelwert von 5.000,00 € genommen für die Patientenverfügung. Diese Pauschalierung ist jedoch, haben wir in einem Seminar gelernt, nicht zulässig.
Der Notar soll von seinen Ermessens-Spielraum Gebrauch machen.

Im vorliegenden Fall ist das nicht so schlimm wegen der Mindestgebühr, wie oben bereits erwähnt, aber auch in diesem Fall nehmen wir dann als Wert z. B. 10 % von 6.000,00 €. Dann steht in unserer Berechnung in der Akte zumindest ein anderer Wert (also hier 600,00 €) als immer dieser Regelwert, den die Prüfer hier nicht so gerne sehen.

Der Notar hat keinen eigenen Ermessens-Spielraum bei der Ermittlung des Wertes, er muss nur bei der Patientenverfügung als nichtvermögensrechtliche Angelegeneit versuchen, den Wert nach § 36 Abs. 2 u. 3 zu bestimmen. Zwar sollen nach dem neuen GNotKG-Wortlaut (im Gegensatz zur früheren KostO-Regelung in § 30 KostO) auch bei nichtvermögensrechtlichen Angelegenheiten neben den Umständen des Einzelfalls,insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Beteiligten (Wortlaut Abs. 2) die Werte nach billigem Ermessen bestimmt werden, aber im Vordergrund steht weiter, dass die Patientenverfügung ja etwas nicht Vermögensrechtliches ist, so dass ein pauschaler Wertansatz mit jeweils 10 % vom Vermögenswert (der ja gar nichts mit der Patientenverfügung zu tun hat) nicht richtig ist. Vielmehr ist dann ausgehend vom "Hilfs-Regelwert" in § 36 III GNotKG = 5.000 Euro ein Wertabschlag möglich bzw. bei überdurchschnittlichem Vermögen ein multiplizierter Hilfs-Regelwert. Dennoch finden sich in der Literatur zum Teil Prozentsätze des Vermögens, überwiegend wird aber ein Ausgehen vom Regelwert und ggf. Multiplizieren bis zum Zehnfachen vorgeschlagen. Die Lösungen mit Prozentsätzen bei geringem Vermögen werden in der Regel wegen der Mindestgebühr auf das Ergebnis ohne größeren Einfluss bleiben. Auch im nachfolgend genannten Beispielsfall wird man das Ergebnis von 10 % aus 100.000 Euro auch mit einer Verdoppelung des Auffanghilfswertes erreichen (obwohl viele hier "richtig" fänden, 100.000 Euro als durchschnittlichen Vermögenswert anzusehen und den Wert § 36 III von 5.000 Euro in diesem Fall nicht unbedingt zu verdoppeln).

Aber in den Fällen, in denen wir bereits einen höheren Geschäftswert haben für die Vorsorgevollmacht, können wir auch durchaus die Patientenverfügung höher abrechnen.
Wenn die Vorsorgevollmacht z. B. mit einem Wert von 100.000,00 € abgerechnet wird, nehmen wir z. B. 10.000,00 € für die Patientenverfügung.

Hoffe, ich hab das so richtig weiter gegeben.
Liebe Grüße
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#8

17.02.2015, 12:58

Jetzt bin ich ziemlich verwirrt. Wir hatten nach dem Seminar eine Bürobesprechung und seitdem handhaben wir das so.
Am Wochenende sind wir auf einem Workshop, dort werde ich das noch einmal ansprechen.
Danke für den Hinweis
cocos94
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#9

19.05.2015, 16:44

zum vorliegenden Thema (Bewertung Betreuungs- und Patientenverfügung) habe ich die schriftliche Aufarbeitung der Workshop-Leiter vorliegen und gebe jetzt mal so weiter:

Erst einmal bestätigen sie voll und ganz das, was Martin Filzek angesprochen hat. Die ganzen Ausführungen etc. erspare ich uns also.

Nach deren Auffassung kann etwa ab einem Vermögenswert von ca. 300.000,00 EUR von einem größeren Vermögen ausgegangen werden, das dann zunächst eine Verdoppelung des Regelwerts auf 10.000,00 EUR rechtfertigen dürfte (ab 400.000,00 EUR Verdreifachung, ab 500.000,00 EUR Vervierfachung usw.).
Für den Normalfall bleibt es dagegen bei einem Wertansatz von 5.000,00 EUR.

Das, was wir im vorherigen Seminar gelernt hatten, könnten wir getrost wieder vergessen und war nicht korrekt. Auch haben die Prüfer keine Probleme mit diesem "Regelwert" von 5.000,00 EUR.

Wir waren entsetzt, wie falsch wir teilweise informiert wurden (da war auch noch ein anderer Punkt, den wir falsch gelernt hatten)... und sind froh, rechtzeitig korrigiert worden zu sein.
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