Vorurteile - oder: Ich mag Justin Bieber nicht...

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Renate Gregor
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#1

06.11.2015, 12:36

Was mir im Laufe meiner Tätigkeit, ob angestellt oder selbstständig, immer wieder begegnet: Großkanzlei vs. Kleinkanzlei (oder umgekehrt). Es gibt Vorurteile von beiden Seiten "... ich habe gehört, bei denen ... :-(((". - GEHÖRT??? :kopfkratz

Irgendwo hier las ich von einem angeblichen "Konkurrenzkampf" in Großkanzleien. Wieder so ein Schlagwort. Konkurrenz kann entstehen, wo mehr als 2 (!) das gleiche oder etwas Vergleichbares tun.

Aber: Wie entsteht denn Konkurrenz überhaupt? Bist Du ein Teamplayer, teilst Du Dein Wissen gerne mit anderen oder glaubst Du, nur wenn Du es machst, ist es gut gemacht und auch nur dann bekommst Du die ersehnte Anerkennung vom Chef? Willst Du es zu etwas bringen und gibt es dazu Möglichkeiten? Gibt es Kollegen/innen, die das gleiche möchten? Und gibt es Möglichkeiten für alle oder keine oder nur wenige? Erwartest Du, dass man Dir interessante Aufgaben anträgt (es MUSS doch jemand merken, dass Du gut bist!) oder holst Du sie Dir (gib mal her, Chef, ich mach das schon...)? Es gibt tausend Wege, miteinander zu arbeiten. Ab wann empfindest Du jemanden als Konkurrentin/en? Welche Kriterien müssen dazu erfüllt sein?

Der Holzweg ist jedenfalls der, als "Wahrheit" anzunehmen, was andere sagen. Mach Dir Dein eigenes Bild!

Kleinkanzlei: EIN Team arbeitet an den Akten.

Großkanzlei: VIELE Teams (aufgeteilt nach Rechtsgebieten) arbeiten an den Akten. Jedes Team ist eine Einheit für sich. Je größer die Kanzlei, umso weniger kennt man die Mitglieder anderer Teams. Natürlich auch abhängig von möglichen fachlichen Berührungspunkten.

Großkanzlei: Die meisten sind inzwischen zu legerer Kleidung übergegangen, der feine Zwirn natürlich für alle Fälle im Schrank. Jawohl, Jeans gibt's auch in Großkanzleien!

Gehälter sind in großen Kanzleien meist höher. Es gibt jährliche Gehaltsrunden mit Beurteilungsgesprächen, man muss in aller Regel nicht nach Gehaltserhöhungen fragen.

Die Arbeitsweise ist unterschiedlich, je nach Rechtsgebiet. ABER: Vielmehr noch je nach Chef. Es gibt Chefs, die delegieren und die abgeben können, die ihren Mitarbeitern etwas zutrauen. Und es gibt Chefs, die diktieren "anbei finden Sie...". Ist das etwas, das nur in kleinen Kanzleien vorkommt? Oder nur in großen?

Überall arbeiten Menschen. Funktioniert die Zusammenarbeit - super! Funktioniert sie nicht - schlecht.

Wo ist denn nun der Unterschied, ob groß oder klein?

Und wieso macht Ihr Euch ggf. nicht ein eigenes Bild, statt Euch (blind?) auf die Aussagen anderer zu verlassen?

Du bist schwanger, Dein Sohn soll Franz heißen. Du verrätst das dummerweise vor der Entbindung. Was passiert? Opa sagt, au ja, wie der "Kaiser", das wird mal ein Fußballspieler! Deine beste Freundin sagt: Nee, also das kannste doch nicht machen, so hieß doch der Schuldirektor meiner Schule, und der war total doof!

Schon mal erlebt? Ein "schwieriger" Chef. Du würdest mit ihm nicht klarkommen. Deine Kollegin hingegen kann mit ihm, die Zusammenarbeit funktioniert. Also? - Es passt auf jeden Topf ein Deckel. Nur dauert es manchmal ein wenig, bis beide zusammen finden. Welche Rolle spielt es, ob Du Deinen Deckel in einer kleinen oder großen Kanzlei findest? Ist nicht unter dem Strich wichtig, dass man sich an seinem Arbeitsplatz gut fühlt, weil Aufgaben, Team und Gehalt passen?

Sagt mal, Ihr Lieben, kommt es echt auf die Größe an???

Übrigens: Ich mag Justin Bieber wirklich nicht. Robby Williams schon - öööhm, nee, nicht ihn, aber seine Lieder...
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Lämmchen
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#2

06.11.2015, 12:47

Dem kann ich nur voll und ganz zustimmen. Es gibt immer Chefs, die braucht "man" nicht und welche, mit denen die Zusammenarbeit super funktioniert. In großen Kanzleien ist da mehr Auswahl vorhanden.

Einige Projekte werden regelmäßig bereichsübergreifend bearbeitet, so dass man auch regelmäßig mit anderen Abteilungen/Bereichen zusammen arbeitet. Ein Vorteil ist natürlich auch, dass bei hohen Urlaubs-/Krankheitsständen bereichsübergreifend ausgeholfen wird. Das ist sicherlich einfacher als in einer kleinen Kanzlei.

Übrigens: Nein, ich mag Justin Bieber nicht, erst recht nicht mehr, seit ich mit Töchterchen zu einem Konzert war. Wo sind die Zeiten hin, zu denen kiloweise Plüschtiere auf die Bühne geflogen sind? Es gab tatsächlich ein absolutes Wurf-Verbot. :schock :augenreib
Liebe Grüße

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Anahid
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#3

06.11.2015, 13:20

Ich denke, beides hat seine Vor- und Nachteile, also Groß- oder Kleinkanzlei (nicht Justin Bieber :mrgreen: der kann höchstens gewisse Vorzüge haben, die mir nicht bekannt sind, da ich ihn nicht wirklich kenne :oops: ).

Wie Lämmchen schreibt: Es gibt in einer Großkanzlei in der Regel jemanden, der Arbeit im Urlaub übernehmen kann, sodass man nach dem Urlaub nicht direkt erschlagen wird und vor dem Urlaub nicht Überstunden machen muss, um ja alles wegzubekommen. Das ist eindeutig ein Komfort, den man in einer Kleinkanzlei in der Regel nicht hat. Kommt man wieder, liegt die ganze Buchhaltung, die Zwansgvollstreckung usw. und man ist nach spätestens 2 Tagen wieder urlaubsreif. :mrgreen:

Gleitzeit gibt es in der Regel nur in Großkanzleien. Kleinkanzleien haben normalerweise feste Bürozeiten. Aber auch da kann man dran arbeiten. Da gibt es dann die so genannte Kernzeit, in der das Telefon besetzt ist, und eine weitere Zeit, in der zwar noch gearbeitet wird, aber der Anrufbeantworter bereits läuft. So schafft man sich Freiräume, um auch mal Überstunden abzuarbeiten, etc.

Kleinkanzleien sind in der Regel familiärer. Da ist man nicht nur eine von vielen, sondern wird - auch da gibt es natürlich Ausnahmen - in der Regel respektiert.

Ich kann auch nicht bestätigen, dass Anwälte in Kleinkanzleien mehr oder weniger delegieren als in Großkanzleien (und ja, ich habe schon in beiden Kanzleiarten gearbeitet). Es liegt auch oft am Mitarbeiter selbst. Wenn ich natürlich, wenn der Chef mir z.B. was zum Überprüfen gibt und ich dafür ins Gesetzbuch gucken müsste, die Aussage treffe: "Das gehört nicht zu meinen Aufgaben. Sie sind der Anwalt.", dann muss ich mich auch nicht wundern, wenn ich quasi als "Tippse" ende. Wenn ich aber mal ein bisschen Eigeninitiative zeige und z.B. meinem "neuen" Chef nach einer Einarbeitungsphase (um in Erfahrung zu bringen, wie er/sie überhaupt arbeitet) z.B. mal die Post vorlege mit kleinen Zetteln, was ich jetzt hier machen würde (z.B. Mandant zur Kenntnisnahme), dann sieht der Chef auch schnell, dass ich bereit bin, mitzuarbeiten und nicht einfach nur "meine Arbeit" mache.

Gehaltsverhandlungen sind m.E. in beiden Kategorien gleich schwer. Die Großkanzleien können mehr zahlen, haben aber keine Lust dazu. Wenn man da nach einer Gehaltserhöhung fragt, "sprengt man das Gehaltsgefüge". Fragt man in einer Kleinkanzlei, ist das aufgrund der finanziellen Situation nicht möglich. Selbstverständlich gibt es auch da Ausnahmen, und zwar auf beiden Seiten.

Choleriker gibt es sowohl in Groß- als auch Kleinkanzleien. Denen kann man also auch nicht direkt aus dem Weg gehen.

Eine Großkanzlei setzt definitiv eine gewisse Teamfähigkeit voraus. Denn hier habe ich "notgedrungen" Kolleginnen. Bei einer Kleinkanzlei kann ich häufig davon ausgehen, dass ich die einzige Fachkraft sein werde. Also wer lieber für sich alleine arbeitet und nicht mit anderen ein Büro teilen will, der sollte die Finger von einer Großkanzlei lassen.

Von daher, wie Du richtig schreibst Renate, man sollte immer erst einmal selbst testen, ob man mit dem Chef "kann" oder nicht und wie es einem gefällt. Man kann nicht grundsätzlich alle über einen Kamm scheren. Denn, wie es so schön heißt: Ausnahmen bestätigen die Regel. Und........ich arbeite derzeit in einer Kleinkanzlei mit einem Gehalt, was weit über dem liegt, was in dem Vorschlag vom Anwaltsverein steht, darf selbständig arbeiten und mir geht's gut. Jetzt krieg ich noch eine Kollegin zur Unterstützung, also alles bestens.
:katze2 Jeder Tag ist ein Geschenk ... aber manche sind einfach grottenschlecht verpackt. :katze1
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Renate Gregor
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#4

06.11.2015, 13:37

Genau so ist es, wie immer im Leben gilt es auch hier, für sich die eigenen Vor- und Nachteile abzuwägen.

Ich will aber noch spezifizieren, was ich unter "Großkanzlei" verstehe: Das sind für mich (meist aber nicht nur) internationale Wirtschaftskanzleien mit mehreren Hundert oder mehreren Tausend Anwälten. In den Großstädten sind ja die meisten vertreten, sofern es "Ableger" britischer, US- oder sonstiger Mutterhäuser sind, kenne ich welche mit 10 Anwälten und welche mit 350 (nur an einem deutschen Standort). 5 Anwälte sind demzufolge aus meiner Sicht keine Großkanzlei. Bei denjenigen, von denen ich spreche, braucht niemand nach einer Gehaltserhöhung zu fragen. Das passiert automatisch einmal pro Jahr.

Das Gehalt alleine macht sicher nicht glücklich, aber da es immer wieder heiß diskutiert wird, wenn kleine Anwälte durchaus mehr bezahlen könnten, es aber einfach nicht tun, führe ich es trotzdem an.

Ansonsten, ganz klar: Jede/r möge für sich selbst prüfen und entscheiden. Das Leben ist bekanntlich voller (manchmal seeeehr schöner) Überraschungen...

Anahid hat geschrieben:Ich denke, beides hat seine Vor- und Nachteile, also Groß- oder Kleinkanzlei (nicht Justin Bieber :mrgreen: der kann höchstens gewisse Vorzüge haben, die mir nicht bekannt sind, da ich ihn nicht wirklich kenne :oops: ).

Wie Lämmchen schreibt: Es gibt in einer Großkanzlei in der Regel jemanden, der Arbeit im Urlaub übernehmen kann, sodass man nach dem Urlaub nicht direkt erschlagen wird und vor dem Urlaub nicht Überstunden machen muss, um ja alles wegzubekommen. Das ist eindeutig ein Komfort, den man in einer Kleinkanzlei in der Regel nicht hat. Kommt man wieder, liegt die ganze Buchhaltung, die Zwansgvollstreckung usw. und man ist nach spätestens 2 Tagen wieder urlaubsreif. :mrgreen:

Gleitzeit gibt es in der Regel nur in Großkanzleien. Kleinkanzleien haben normalerweise feste Bürozeiten. Aber auch da kann man dran arbeiten. Da gibt es dann die so genannte Kernzeit, in der das Telefon besetzt ist, und eine weitere Zeit, in der zwar noch gearbeitet wird, aber der Anrufbeantworter bereits läuft. So schafft man sich Freiräume, um auch mal Überstunden abzuarbeiten, etc.

Kleinkanzleien sind in der Regel familiärer. Da ist man nicht nur eine von vielen, sondern wird - auch da gibt es natürlich Ausnahmen - in der Regel respektiert.

Ich kann auch nicht bestätigen, dass Anwälte in Kleinkanzleien mehr oder weniger delegieren als in Großkanzleien (und ja, ich habe schon in beiden Kanzleiarten gearbeitet). Es liegt auch oft am Mitarbeiter selbst. Wenn ich natürlich, wenn der Chef mir z.B. was zum Überprüfen gibt und ich dafür ins Gesetzbuch gucken müsste, die Aussage treffe: "Das gehört nicht zu meinen Aufgaben. Sie sind der Anwalt.", dann muss ich mich auch nicht wundern, wenn ich quasi als "Tippse" ende. Wenn ich aber mal ein bisschen Eigeninitiative zeige und z.B. meinem "neuen" Chef nach einer Einarbeitungsphase (um in Erfahrung zu bringen, wie er/sie überhaupt arbeitet) z.B. mal die Post vorlege mit kleinen Zetteln, was ich jetzt hier machen würde (z.B. Mandant zur Kenntnisnahme), dann sieht der Chef auch schnell, dass ich bereit bin, mitzuarbeiten und nicht einfach nur "meine Arbeit" mache.

Gehaltsverhandlungen sind m.E. in beiden Kategorien gleich schwer. Die Großkanzleien können mehr zahlen, haben aber keine Lust dazu. Wenn man da nach einer Gehaltserhöhung fragt, "sprengt man das Gehaltsgefüge". Fragt man in einer Kleinkanzlei, ist das aufgrund der finanziellen Situation nicht möglich. Selbstverständlich gibt es auch da Ausnahmen, und zwar auf beiden Seiten.

Choleriker gibt es sowohl in Groß- als auch Kleinkanzleien. Denen kann man also auch nicht direkt aus dem Weg gehen.

Eine Großkanzlei setzt definitiv eine gewisse Teamfähigkeit voraus. Denn hier habe ich "notgedrungen" Kolleginnen. Bei einer Kleinkanzlei kann ich häufig davon ausgehen, dass ich die einzige Fachkraft sein werde. Also wer lieber für sich alleine arbeitet und nicht mit anderen ein Büro teilen will, der sollte die Finger von einer Großkanzlei lassen.

Von daher, wie Du richtig schreibst Renate, man sollte immer erst einmal selbst testen, ob man mit dem Chef "kann" oder nicht und wie es einem gefällt. Man kann nicht grundsätzlich alle über einen Kamm scheren. Denn, wie es so schön heißt: Ausnahmen bestätigen die Regel. Und........ich arbeite derzeit in einer Kleinkanzlei mit einem Gehalt, was weit über dem liegt, was in dem Vorschlag vom Anwaltsverein steht, darf selbständig arbeiten und mir geht's gut. Jetzt krieg ich noch eine Kollegin zur Unterstützung, also alles bestens.
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