Welcher Streitwert ist hier außergerichtlich zu nehmen?
- Kleine Zuckerfee
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Hey Ihr Lieben, ich bräuchte mal weitere Meinungen. Unsere Mandantin hat uns mit der Prüfung einer Kostenrechnung beauftragt, der folgender Fall zugrunde liegt: Mandantin hat einen Dritten auf Unterlassung in Anspruch genommen. Der Bevollmächtigte unserer Mandantin hat den Streitwert außergerichtlich mit 5.000,00 € beziffert. Die Angelegenheit ging sodann ins gerichtliche Verfahren, auch hier wurde der Streitwert mit 5.000,00 € angegeben. Das Gericht hat den Streitwert im Laufe des Verfahrens jedoch auf 3.000,00 € festgesetzt. In der danach erstellten Kostenrechnung hat der Bevollmächtigte unserer Mandantschaft die außergeichtliche Tätigkeit mit 5.000,00 € abgerechnet, die gerichtliche Tätigkeit mit 3.000,00 €. Seine Argumetation: Die Streitwertfestsetzung des Gerichts sei nur für das gerichtliche Verfahren maßgeblich, nicht jedoch für die außergerichtliche Tätigkeit, da dürfe er das nach seinem Ermessen ansetzen. Ich persönlich und auch Chef können diese Argumentation jedoch nicht nachvollziehen, denn der Gegenstand der außergerichtlichen und gerichtlichen Tätigkeit ist komplett identisch.
- Anahid
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Gab es hier schon im Forum. Aber da haben Dein Chef und Du Recht. Der vorgerichtliche Streitwert wurde von ihm geschätzt. Wenn das Gericht für das Verfahren, welchem derselbe Sachverhalt zugrunde liegt, den Streitwert auf 3.000 festsetzt, dann gilt dieser Wert selbstverständlich auch für die vorgerichtliche Tätigkeit. Das hat nichts mit billigem Ermessen zu tun. Wenn der Anwalt der Meinung war, dass hier ein höherer Streitwert angemessen ist, dann hätte er Streitwertbeschwerde im Hinblick auf den gerichtlich festgestellten Streitwert einlegen müssen.
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- Kleine Zuckerfee
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Danke Dir. Ich war auch der Meinung, hier schon mal etwas darüber gelesen zu haben, aber ich habe es gestern nicht wiedergefunden.
- Anahid
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Hab ich leider nicht Sansibar. Ich hatte den Fall aber schon einmal in einer früheren Kanzlei. Da hatte die Mandantin geklagt, weil sie die vorgerichtlichen Kosten für zu hoch erachtet hat und sie hat Recht bekommen. Selbstverständlich kann es sein, dass die vorgerichtliche Tätigkeit einen höheren Streitwert hat als die gerichtliche, weil im gerichtlichen Verfahren weniger geltend gemacht wird als vorgerichtlich gefordert wurde. Aber wenn es um denselben Sachverhalt geht und vorgerichtlich nicht noch irgendein zusätzlicher Sachverhalt gegeben war, dann ist die Entscheidung auch durchaus verständlich, dass dann schlussendlich ein gerichtlich festgesetzter Streitwert nicht niedriger sein kann als der Streitwert für die vorgerichtliche Tätigkeit. Und wenn ich den gerichtlich festgesetzten Streitwert für zu niedrig halte, dann habe ich ja schließlich das Rechtsmittel der Beschwerde. Wenn ich das nicht nutze, dann Pech gehabt. Ich habe nur ein Urteil gefunden, wo das Gericht ebenfalls die vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren nur in Höhe des gerichtlich festgesetzten Streitwerts für erstattungsfähig hält. AG Düsseldorf, Urteil vom 09. April 2014 – 23 C 3876/13 –, juris
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Es gelten für beide Tätigkeiten dieselben Wertvorschriften (§ 23 Abs. 1 S. 3 RVG), also müssen bei Gegenstandsgleichheit auch die Werte identisch sein. So weit, so logisch. Da im Zweifel der außergerichtlich angesetzte Wert ebenfalls gerichtlich zu überprüfen wäre, kann man sicher zu einer Leitwirkung des ggf. auch erst nachträglich festgesetzten Streitwertes kommen. Hm. Aber wäre schön, wenn dazu jemand eine genrelle Entscheidung finden könnte
läuft...
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GIbt es hier eigentlich neue Erkenntnisse / Entscheidungen?
Liebe Grüße
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- Forenfachkraft
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Gibt es hierzu was Neues? Bzw. hat jemand ein Urteil oder Literatur, wo man etwas dazu findet?
Wir haben gerade den Fall, dass unsere Mandantin zunächst abgemahnt wurde, dann eine einstweilige Verfügung und schließlich die Hauptsache erging - dort hat sie die einstweilige Verfügung als entgültige Regelung anerkannt. Die Gegenseite hat für die Abmahnung einen Streitwert von 30.000 € angenommen und diesen Betrag auch bei dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zugrunde gelegt. Das Gericht hat bei Erlass der einstweiligen Verfügung aber den Verfahrenswert auf 15.000 € festgelegt.
Wenn der Antragsteller jetzt Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verlangt müssten dise nach dem vorher gesagten ja aus 15.000 € und nicht 30.000 € berechnet werden?!
Wir haben gerade den Fall, dass unsere Mandantin zunächst abgemahnt wurde, dann eine einstweilige Verfügung und schließlich die Hauptsache erging - dort hat sie die einstweilige Verfügung als entgültige Regelung anerkannt. Die Gegenseite hat für die Abmahnung einen Streitwert von 30.000 € angenommen und diesen Betrag auch bei dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zugrunde gelegt. Das Gericht hat bei Erlass der einstweiligen Verfügung aber den Verfahrenswert auf 15.000 € festgelegt.
Wenn der Antragsteller jetzt Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verlangt müssten dise nach dem vorher gesagten ja aus 15.000 € und nicht 30.000 € berechnet werden?!