Hallo,
ich habe wiedermal eine Frage.
Eine Schuldner hat sich an mich gewandt und war total verzweifelt. Folgender Sachverhalt:
Die Schuldnerin befindet sich in der WVP. Sie bekommt eine Rente in Höhe von 213,30 EUR. Die Rentenversicherung zieht jetzt monatlich 50,00 EUR aufgrund einer Forderung, die sie auch in dem Insolvenzverfahren angemeldet hat, ab. Meines Erachtens darf die Rentenversicherung den Betrag nicht verrechnen, da sie Insolvenzgläubiger ist und den Betrag auch angemeldet hat und somit auch bei einer evtl. Verteilung berücksichtigt wird. Die Rentenversicherung bezieht sich aber auf den § 94 InsO, wonach das Recht zur Aufrechnung mit Eröffnung des Verfahrens nicht erlöscht, wenn der Gläubiger kraft Gesetztes oder einer Vereinbarung hierzu berechtigt ist.
Kann mir jemand sagen, wie es sich in diesem Fall tatsächlich verhält?
Vielen Dank im Voraus.
Aufrechnung/Verrechnung eines Gläubige im Insolvenzverfahren
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Naja so einfach ist das bei der Rentenkasse (wie auch bei anderen SV Trägern) nicht, wir hatten auch schon solche Fälle. Die Verrechnung wird aus 51, 52 SGB I hergleitet. SV Träger können auch untereinander verrechnen. Hier trifft also die Verrechnungslage "kraft Gesetzes" des § 94 InsO zu. Diese Aufrechnungslage besteht, da die Kasse ja unstreitig Insolvenzforderungen hat und der Schuldner zum Zeitpunkt der Eröffnung schon wahrscheinlich Jahre lang in die Kasse eingezahlt hat.
Die Kasse muss natürlich die erhaltenen Beträge entsprechend in der Tabelle zurücknehmen, um Doppelbefriedigung zu vermeiden.
Die Kasse muss natürlich die erhaltenen Beträge entsprechend in der Tabelle zurücknehmen, um Doppelbefriedigung zu vermeiden.
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Es gibt dazu ein Urteil des Bundessozialgericht, welches die Meinung von Spargelranger ausdrücklich bestätigt.
"Mein Leipzig lob ich mir, es ist ein klein Paris und bildet seine Leute" ("Faust, der Tragödie erster Teil")
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Allerdings ist die Verrechnung mit laufenden Bezügen nur zeitlich begrenzt (2 Jahre ab Eröffnung) zulässig, § 114 Abs. 2 InsO (BSG, Urt. v. 10.12.2003 - B 5 RJ 18/03 R, ZIP 2004, 1327).
Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius)
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Dies erscheint mir, ohne das Urteil zu dieser nachschlafenden Stunde nachgelesen zu haben, fraglich. Denn § 114 InsO beträgt nur pfändbare Bezüge, während eine Verrechnung nach §§ 51, 52 SGB I auch im unpfändbaren Bereich zulässig ist.
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Hallo Kanzleihund & einen schönen Abend!
Leitsatz 1 des BSG (Urt. v. 10.12.2003 - B 5 RJ 18/03 R, ZIP 2004, 1327):
"Die Befugnis des für eine Geldleistung zuständigen Leistungsträgers, mit Ermächtigung eines anderen Leistungsträgers dessen Ansprüche gegen den Berechtigten mit der ihm obliegenden Geldleistung zu verrechnen (§ 52 SGB I), bleibt im Fall der Insolvenz des Berechtigten grundsätzlich wirksam. Die Verrechnung mit laufenden Bezügen ist jedoch nur zeitlich begrenzt zulässig (§ 114 Abs 2 InsO)."
Es ging auch um Altersrente. Ist zwar nur das BSG, aber immerhin...
Leitsatz 1 des BSG (Urt. v. 10.12.2003 - B 5 RJ 18/03 R, ZIP 2004, 1327):
"Die Befugnis des für eine Geldleistung zuständigen Leistungsträgers, mit Ermächtigung eines anderen Leistungsträgers dessen Ansprüche gegen den Berechtigten mit der ihm obliegenden Geldleistung zu verrechnen (§ 52 SGB I), bleibt im Fall der Insolvenz des Berechtigten grundsätzlich wirksam. Die Verrechnung mit laufenden Bezügen ist jedoch nur zeitlich begrenzt zulässig (§ 114 Abs 2 InsO)."
Es ging auch um Altersrente. Ist zwar nur das BSG, aber immerhin...
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Gute Nacht. Du hast mich überzeugt, auch wenn ich meine, dass es nur um pfändbare Bezüge gehen kann.
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Mehrere Fälle bei uns sind so gelagert, dass tatsächlich auch in den unpfändbaren Rentenanteil aufgerechnet wird, solange der Schuldner dadurch nicht mit Sozialleistungen aufstocken muss. Das sorgt bei den Schuldnern regelmäßig für Unmut.
Hier ein so geartetes SG Urteil aus 2008:
SG Dortmund, 21.02.2008, S 26 R 320/06
Hier ein so geartetes SG Urteil aus 2008:
SG Dortmund, 21.02.2008, S 26 R 320/06