Titel ändern für ZV in der Schweiz

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Schäfli85
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#1

28.07.2010, 14:15

Hallo,

ich habe mal eine Frage. Und zwar haben wir zwei deutsche Titel. Der Schuldner wohnt in der Schweiz. Nun ist meine Frage, ob man den Titel ändern muss. Ich habe gehört das einen europäischen Titel gibt. Aber zählt da die Schweiz auch dazu?

Und wie sieht es aus mit dem sogenannten "Beibringunsverfahren"? Ist das nicht sowas wie das deutsche Mahnverfahren? Ich bin zwar frisch aus der Schule raus, aber sowas hatten wir nie in der Schule.

Vielen Dank schon mal.
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Trynnchylld
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#2

28.07.2010, 14:16

Schweiz macht net mit (Drittland...) - wie bei allem - Denke mal, deshalb brauchst du ne Umschreibung bzw. Vollstreckbarerklärung. Wir hatten so einen Fall mal anders rum, schweizer Titel, Vollstreckung in Deutschland. Vollstreckbarerklärung LG erforderlich!
Lieber Gruß, Trynn

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warintharpa
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#3

28.07.2010, 14:23

Derzeit werden inl. Entscheidungen/inl. Vergleiche noch nicht automatisch in den anderen Vertragsstaaten anerkannt.
Die Gläubigerpartei muss zunächst ein bes. Zwischenverfahren für die Anerkennung in den anderen Vertragsstaaten (bekannt als "Exequaturverfahren") beantragen.
Mit anderen Worten:
Die Vollstreckung aus den inl. Vollstreckungstiteln in der Schweiz ist erst möglich, nachdem das schweizerische Gericht erklärt hat, dass die vorgenannten inländischen Entscheidungen in der Schweiz vollstreckbar sind.

Die Gläubigerpartei benötigt für die Zwangsvollstreckung in der Schweiz folgende Unterlagen:
(vollstr.) Ausfertigung der inl. Vollstreckungstitel mit Zustellungsvermerk -ggfs. mit Rechtskraftvermerk -,
die Vollstreckungsbarerklärung der inländischen Vollstreckungstitel durch das schweizerische Gericht mit Zustellungsbescheinigung.

Sofern und soweit das inl. Versäumnisurteil in abgekürzter Form hergestellt worden ist (§ 313 b ZPO), ist bei dem inländischen Gericht zunächst für die Zwangsvollstreckung in der Schweiz die Vervollständigung der Entscheidung mit dem Tatbestand und den Entscheidungsgründen zu beantragen, § 30 I, IV Anerkenungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz (AVAG).

Hinsichtlich der grenzüberschreitenden Zwangsvollstreckung wird auf das Justizportal NRW Bezug genommen:
https://www.justiz.nrw/BS/rechtimauslan ... /index.php

Weitere Einzelheiten können der entsprechenden Info entnommen werden:
https://www.justiz.nrw/BS/rechtimauslan ... -lugue.pdf
Zuletzt geändert von warintharpa am 26.03.2018, 09:45, insgesamt 2-mal geändert.
Schäfli85
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#4

28.07.2010, 14:28

Und dann muss ich über das Beitreibungsamt die Forderung vollstrecken? Und wo genau muss man das beantragen? Beim LG direkt?
warintharpa
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#5

28.07.2010, 14:28

Die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen und Urkunden, die auf Zahlung von Geld gerichtet sind, ist in der Schweiz einheitlich durch das Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) geregelt.
Inländische Entscheidungen und inl. Urkunden, werden in der Schweiz nach den Vorschriften des SchKG - wie Urteile aus anderen Kantonen der Schweiz - in einem summarischen Verfahren (Rechtsöffnungsverfahren) zur Vollstreckung zugelassen (vergl. Art. 81 III SchKG).
Ein besonderes Exequaturverfahren findet nicht statt.
Die Schuldbetreibung nach dem SchKG beginnt mit einem Betreibungsbegehren an das Betreibungsamt, in dessen Bezirk die Schuldnerpartei ihren Wohnsitz oder Aufenthalt hat.
Das Betreibungsamt erläßt hierauf ohne weitere sachliche Prüfung einen Zahlungsbefehl, gegen den die Schuldnerpartei Rechtsvorschlag (Widerspruch) erheben kann.
Durch den Rechtsvorschlag (Widerspruch) wird die Betreibung gehemmt und darf erst nach gerichtlicher Entscheidung fortgesetzt werden.
Besitzt die Gläubigerpartei jedoch bereits einen inländischen vollstreckbaren Titel, so kann sie gerichtliche Rechtsöffnung verlangen.
In dem summarischen Rechtsöffnungsverfahren wird lediglich geprüft, ob die Voraussetzungen des deutsch-schweizerischen Vollstreckungsabkommens für die Anerkennung und Vollstreckung des inländischen Titels erfüllt sind.
Außerdem kann die Schuldnerpartei gem. Art. 81 SchKG einwenden, dass die titulierte Forderung nach Erlass der Entscheidung getilgt, gestundet oder verjährt ist.
Wird die Rechtsöffnung gewährt, so nimmt die Schuldbetreibung mit Pfändung und ggfs. Konkurseröffnung ihren Fortgang.


Verfahrensablauf:
Betreibungsbegehren der Gläubigerpartei an das Betreibungsamt,
Inhalt des Begehrens: Art. 67 SchKG;

Erlass eines Zahlungsbefehls durch das zuständige Betreibungsamt,
Art. 69 ff. SchKG;

Schulder hat Möglichkeit, gegen den Zahlungsbefehl Rechtsvorschlag (Widerspruch) zu erheben, Art. 74, 75 SchKG;

Rechtsvorschlag bewirkt Einstellung der Betreibung, Art. 78 SchKG;

Da die Forderung auf einer vollstreckbaren inländischen Entscheidung beruht, kann die Gläubigerpartei beim zuständigen Rechtsöffnungsrichter in der Schweiz die Aufhebung des Rechtsvorschlags (definitive Rechtsöffnung) verlangen, Art. 80 SchKG;

Frühestens 20 Tage nach Zustellung des Zahlungsbefehls kann die Gläubigerpartei das Fortsetzungsbegehren stellen, Art. 88 SchKG;

Betreibung und Pfändung erfolgt sodann nach Art. 89 ff. SchKG


Fazit:
Zunächst ist von der Gläubigerpartei ein Betreibungsbegehren an das zuständige Betreibungsamt zu stellen unter Beifügung einer vollstr. Ausfertigung der Urteilsausfertigung nebst Zustellungsbescheinigung u. Rechtskraftvermerk.


Muster eines Betreibungsbegehrens und eines Fortsetzungsbegehren (Begehren um Fortsetzung der Betreibung) befinden sich bereits online im Internet.

Nach erfolgter Zustellung des Zahlungsbefehls ist von der Gläubigerpartei ein Fortsetzungsbegehren an das zuständige Betreibungsamt zu stellen (jedoch frühestens 20 Tage nach Zustellung des Zahlungsbefehls).

Musterformulare hinsichtlich eines Betreibungsbegehrens bzw. eines Begehrens um Fortsetzung der Betreibung befinden sich online u. a. auf der Internetseite des Verbandes der Betreibungs- und Konkursbeamten sowie der Bereichsleiter Inkasso Steuerverwaltung des Kantons Bern (VBKBIS);
Internet-URL: http://www.schkg-be.ch


Literaturhinweis:

Dr. Gerd Müller, RaLG, Köln - Erläuterung zu dem deutsch-schweizerischen Abkommen über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und Schiedssprüchen vom 02. 11. 1929 in Geimer/Schütze - Internationationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Band III, Hausnummer 660, S. 1 ff. - insbes. S. 31 und 33 (Kommentar zu Art. 6) -
Schäfli85
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#6

28.07.2010, 14:32

Vielen Dank für die hilfreichen Antworten :thx
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