Einholung d. Drittauskünfte als notwendige Kosten gem. 788 ZPO

Hier können alle Themen rund um die Zwangsvollstreckung besprochen werden. ZV mit Auslandsbezug bitte in die entsprechende Extra-Rubrik posten.
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gabrielle
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#1

06.01.2023, 12:27

Hallo,

ich habe gerade mit unserem ortsansässigen Amtsgericht ein Problem. Die Kosten für die Einholung der Drittauskünfte werden von den Rechtspflegern hier vor Ort nicht mehr als notwendige Kosten gem. § 788 ZPO anerkannt. Sie beziehen sich allesamt auf die Entscheidung des BGH vom 05.03.2020 - I ZB 50/19. Dort wurde entschieden, dass die Kosten des gemeinsam mit dem Antrag auf Einholung der VV gem. § 802 c ZPO gestellten Antrags auf Einholung von Drittauskünften keine notwendigen Kosten der ZV i. S. d. §§ 788, 91 ZPO sind.

Ich habe auf diese Verfügungen unseres Amtsgerichts wie folgt geantwortet:

Die Kosten für die eingeholten Drittauskünfte sind sehr wohl nach § 788 ZPO notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung, vgl. BGH, I ZV 81/18 v. 28.03.2019.

Danach gilt: Drittauskünfte stellen nach § 802 l ZPO eine besondere gebührenrechtliche Angelegenheit dar, die eine 0,3 Verfahrensgebühr gem. Nr. 3309 VV RVG entstehen lässt.

Im vorliegenden Fall wurden mit Gerichtsvollzieherauftrag vom 22.07.2022 die Gebühren für die Drittauskünfte mit aufgeführt, allerdings wurde die Einholung der Drittauskünfte davon abhängig gemacht, dass der Schuldner zum anberaumten Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft unentschuldigt fernbleibt. Diese Voraussetzung war eingetreten, so dass der zuständige Gerichtsvollzieher Henneberg die für diesen Fall beantragten Drittauskünfte eingeholt hatte.

Dies bedeutet, der Schuldner hat – in Abweichung des vom BGH in der Entscheidung v. 05.03.2020 I ZB 50/19 entschiedenen Sachverhalts – die Vollstreckungsforderung gerade nicht erfüllt. Als Folge davon, ist die Vollstreckung daher nicht beendet. Die Kosten verfrühter Maßnahmen sind nach herrschender Meinung in der Literatur und Rechtsprechung beachtungsfähig, wenn sich hinterher die Notwendigkeit herausstellt (z. B. <a href="http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3406574025/ref=nosim/foreno-21" target="_blank">Gerold/Schmidt</a>, RVG, 24. Aufl., Nr. 3309 VV Rn. 129; KG JurBüro 01,211; JurBüro 87, 715; LG Frankfurt AnwBl 92, 287; Hansens in Anm. zu BGH, RVGreport 07, 427; BGH JurBüro 15,90 – zur Erstattung der 1,6 Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV RVG bei zuvor verfrühtem Berufungsrückzuweisungsantrag).


Leider hat diese Begründung unser Gericht nicht dazu ermuntert, von seiner Meinung abzuweichen.

Habt ihr noch Argumente dafür, wie ich unser Gericht hier vor Ort davon überzeugen kann.

Ich möchte noch anmerken, dass alle weiteren Gerichte, bei denen ich bisher einen Pfüb-Antrag gestellt habe, die Gebühren für die Drittauskünfte bisher anstandslos "durchgewunken" haben.

LG
gabrielle
Oliverreinhardt2
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#2

06.01.2023, 16:39

Verstehe ich das richtig:

Euer ortsansässiges AG moniert Kosten von Drittauskünften, welche der GVZ auf der Grundlage des GVKostG erhebt?
:kopfkratz
Gruß
Oli
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silvester
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#3

06.01.2023, 21:07

Wenn ich es richtig sehe, handelt es sich hier nicht um eine gleichzeitige Beantragung.
Der Antrag auf Einholung von Drittauskünften steht hier vielmehr unter einer Bedingung. Damit gilt der Antrag erst dann gestellt, wenn die Bedingung erfüllt ist. Die Bedingung war erst eingetreten, als der Schuldner seiner Pflicht zur Abgabe der VAK nicht nachkam. Es handelt sich mithin hier nicht um einen mit dem Antrag auf Einholung der Vermögensauskunft gemäß § 802c ZPO gestellten Antrags auf Einholung von Drittauskünften nach § 802l ZPO. Die Entscheidung des BGH vom 05.03.2020 - I ZB 50/19 - ist auf den geschilderten Fall damit nicht anwendbar.
Der Antrag auf Einholung der Drittauskünfte stellt hier keine verfrühte Maßnahme dar. Die Kosten dafür sind erst mit Eintritt der Bedingung entstanden. In der zitierten Entscheidung des BGH geht es um einen Fall, in dem die Bedingung gerade nicht entstanden ist bzw. der Antrag ohne eine Bedingung gestellt wurde. Es liegt ja wegen der Bedingung gerade ja gerade kein gemeinsamer Antrag vor.
Hätte der Schuldner die Forderung beglichen oder die VAK geleistet, wäre die Bedingung nicht eingetreten und dies hätte zur Folge, dass weder die Kosten des Antrags auf Einholung von Drittauskünften als auch die des GV notwendig im Sinne des § 788 Abs. 1 ZPO wären.
Oliverreinhardt2
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#4

07.01.2023, 10:02

gabrielle hat geschrieben:
06.01.2023, 12:27
Hallo,

ich habe gerade mit unserem ortsansässigen Amtsgericht ein Problem. Die Kosten für die Einholung der Drittauskünfte werden von den Rechtspflegern hier vor Ort nicht mehr als notwendige Kosten gem. § 788 ZPO anerkannt. Sie beziehen sich allesamt auf die Entscheidung des BGH vom 05.03.2020 - I ZB 50/19. Dort wurde entschieden, dass die Kosten des gemeinsam mit dem Antrag auf Einholung der VV gem. § 802 c ZPO gestellten Antrags auf Einholung von Drittauskünften keine notwendigen Kosten der ZV i. S. d. §§ 788, 91 ZPO sind.

Ich habe auf diese Verfügungen unseres Amtsgerichts wie folgt geantwortet:

Die Kosten für die eingeholten Drittauskünfte sind sehr wohl nach § 788 ZPO notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung, vgl. BGH, I ZV 81/18 v. 28.03.2019.

Danach gilt: Drittauskünfte stellen nach § 802 l ZPO eine besondere gebührenrechtliche Angelegenheit dar, die eine 0,3 Verfahrensgebühr gem. Nr. 3309 VV RVG entstehen lässt.

Im vorliegenden Fall wurden mit Gerichtsvollzieherauftrag vom 22.07.2022 die Gebühren für die Drittauskünfte mit aufgeführt, allerdings wurde die Einholung der Drittauskünfte davon abhängig gemacht, dass der Schuldner zum anberaumten Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft unentschuldigt fernbleibt. Diese Voraussetzung war eingetreten, so dass der zuständige Gerichtsvollzieher Henneberg die für diesen Fall beantragten Drittauskünfte eingeholt hatte.

Dies bedeutet, der Schuldner hat – in Abweichung des vom BGH in der Entscheidung v. 05.03.2020 I ZB 50/19 entschiedenen Sachverhalts – die Vollstreckungsforderung gerade nicht erfüllt. Als Folge davon, ist die Vollstreckung daher nicht beendet. Die Kosten verfrühter Maßnahmen sind nach herrschender Meinung in der Literatur und Rechtsprechung beachtungsfähig, wenn sich hinterher die Notwendigkeit herausstellt (z. B. <a href="http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3 ... /foreno-21" target="_blank"><a href="http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3406574025/ref=nosim/foreno-21" target="_blank">Gerold/Schmidt</a></a>, RVG, 24. Aufl., Nr. 3309 VV Rn. 129; KG JurBüro 01,211; JurBüro 87, 715; LG Frankfurt AnwBl 92, 287; Hansens in Anm. zu BGH, RVGreport 07, 427; BGH JurBüro 15,90 – zur Erstattung der 1,6 Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV RVG bei zuvor verfrühtem Berufungsrückzuweisungsantrag).


Leider hat diese Begründung unser Gericht nicht dazu ermuntert, von seiner Meinung abzuweichen.

Habt ihr noch Argumente dafür, wie ich unser Gericht hier vor Ort davon überzeugen kann.

Ich möchte noch anmerken, dass alle weiteren Gerichte, bei denen ich bisher einen Pfüb-Antrag gestellt habe, die Gebühren für die Drittauskünfte bisher anstandslos "durchgewunken" haben.

LG
gabrielle
Hallo,

Angelegenheit ist sie im Verhältnis zu anderen ZV-Maßnahmen nach Ansicht des BGH eine besondere Angelegenheit und nicht nur eine Fortsetzung. Unerheblich hierbei ist, ob der GVZ die Drittauskünfte aufgrund eines gesondert gestellten Antrages des Gl. nach § 802a II Satz 1 Nr. 3 ZPO eingeholt hat oder ob der Gl. diesen Antrag im Rahmen eines einheitlichen ZV-Auftrages zusammen mit dem Antrag auf Einholung der VAK nach § 802a II Satz 1 Nr. 2 ZPO gestellt hat (BGH NJW 2020, 2564; RVG Report 2019, 290).

Wird gemeinsam mit dem Antrag auf Einholung einer VAK gem. § 802c ZPO ein Antrag auf Einholung von Drittauskünften nach § 802l ZPO gestellt, so sind die Kosten für letzteren Antrag zu diesem Zeitpunkt nicht erforderlich und damit keine notwendigen Kosten i.S.v. § 788 I Satz 1 ZPO (BGH NJW 2020, 2564 Rn. 15 ff, RVG Report 2020, 353 muzstAnm Hansens)

Zittiert aus Gerold / Schmidt / Müller-Rabe, RVG, 25. Aufl., VV 3309, Rn. 200a
Gruß
Oli
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#5

24.01.2023, 13:20

Hallo,

zwischenzeitlich habe ich einen rechtsmittelfähigen Beschluss unseres Gerichts vorliegen, wonach die Kosten der Drittauskünfte aus dem Pfüb herabgesetzt wurden. Ich habe nun Erinnerung gegen den Beschluss eingelegt, mal schauen, was unser Landgericht hier vor Ort dazu sagt. Zumal unser Landgericht bereits in 2019 einen Beschluss erlassen hat, dass diese Kosten sehr wohl notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung nach § 788 ZPO sind. Ich hoffe, dass das Landgericht seine Meinung bekräftigt und ich dann unserem Amtsgericht diesen Beschluss vorlegen kann. Warten wir es mal ab.

LG
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#6

24.01.2023, 13:29

gabrielle hat geschrieben:
24.01.2023, 13:20
Hallo,

zwischenzeitlich habe ich einen rechtsmittelfähigen Beschluss unseres Gerichts vorliegen, wonach die Kosten der Drittauskünfte aus dem Pfüb herabgesetzt wurden. Ich habe nun Erinnerung gegen den Beschluss eingelegt, mal schauen, was unser Landgericht hier vor Ort dazu sagt. Zumal unser Landgericht bereits in 2019 einen Beschluss erlassen hat, dass diese Kosten sehr wohl notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung nach § 788 ZPO sind. Ich hoffe, dass das Landgericht seine Meinung bekräftigt und ich dann unserem Amtsgericht diesen Beschluss vorlegen kann. Warten wir es mal ab.

LG
gabrielle
Hallo,

dann halte uns auf dem Laufenden mal darüber...vielleicht gibst du uns im Anschluss mal eine anonymisierte Darstellung der LG-Entscheidung :huepf
:P
Gruß
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#7

24.01.2023, 13:51

klar, mache ich gerne.

LG
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Phoebe83
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#8

13.12.2023, 11:25

Was ist hieraus geworden? Würde mich sehr interessieren, da ich gerade einen ganz ähnlichen Fall habe...
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#9

14.12.2023, 09:18

Oliverreinhardt2 hat geschrieben:
07.01.2023, 10:02
Wird gemeinsam mit dem Antrag auf Einholung einer VAK gem. § 802c ZPO ein Antrag auf Einholung von Drittauskünften nach § 802l ZPO gestellt, so sind die Kosten für letzteren Antrag zu diesem Zeitpunkt nicht erforderlich und damit keine notwendigen Kosten i.S.v. § 788 I Satz 1 ZPO
Hier muss man schon ganz genau lesen, Oli. Die TS hat den Antrag nicht gleichzeitig gestellt, sondern unter der Bedingung, dass der Schuldner die VAK nicht abgibt. Und dazu passt das, was Silvester in Beitrag #3 geschrieben hat. Und so isses auch. Ich beantrage das extra immer so, eben damit mir die Gebühr nicht flöten geht (bzw. die Erstattungsfähigkeit gegeben ist). Hatte bisher noch nie Schwierigkeiten damit.
Mit mir kann man Pferde stehlen ... aber morgen bringen wir sie zurück :!:
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