Zwangsvollstreckung in diesem Fall überhaupt noch lohnenswert?

Hier können alle Themen rund um die Zwangsvollstreckung besprochen werden. ZV mit Auslandsbezug bitte in die entsprechende Extra-Rubrik posten.
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MrsLittletall
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#1

27.02.2020, 08:59

Guten Morgen.

Ich bin einige alte Zwangsvollstreckungsakten durchgegangen. Bei zwei von Ihnen haben wir Vollstreckungsbescheid gegen den selben Schuldner, bei einem ist unsere Mandantin die Antragstellerin und beim anderen sind wir der Antragsteller.

Der letzte Stand ist, dass der Schuldner nach Spanien verzogen ist, die genaue Adresse ist nicht bekannt, nur dass er nach Spanien verzogen ist. Meine Vorgängerin hat daraufhin die Mandantin angeschrieben, per Post und per E-Mail und gefragt, ob sie Näheres weiß (der Schuldner ist der Ex-Mann der Mandantin), aber die Post kam zurück mit "Adresse unbekannt" und die Mandantin hat sich auf die E-Mail nie gemeldet, auch nicht nach zwei, drei Rückfragen.

Es scheint mir falsch zu sein einen Zwangsvollstreckungstitel zu bearbeiten an dem der Antragsteller anscheinend gar kein Interesse mehr hat. Ich meine, selbst wenn wir das Geld vollstrecken, wie sollten wir es der Mandantin überweisen, da zu ihrem Aufenthaltsort gerade gar nichts bekannt ist?

Dann haben wir natürlich noch den Zwangsvollstreckungsbescheid für unsere Kosten. Mein Chef meinte nur, dass man da doch was machen können muss, schließlich sind die Eltern des Schuldners, die noch in Deutschland leben, wohlhabend, aber unser Titel ist doch gegen den Schuldner und nicht seine Eltern, da können wir sicher nichts herausholen.

Das Einzige, was ich jetzt m.E. tun könnte ist zu versuchen, die Adresse des Schuldners in Spanien herauszufinden. Ich frage mich nur, ob sich das lohnt, die Vollstreckung ins Ausland ist meistens nicht sehr einfach und verursacht erhebliche Kosten.

Was meint ihr, gibt es da etwas, was ich tun kann? Mein Chef sagt mir immer, ich soll bei diesen Altfällen nicht allzuviele Kosten verursachen, deshalb habe ich bei diesem Fall bis jetzt noch nichts weiter veranlasst.
mrsgoalkeeper
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#2

27.02.2020, 09:53

Ich hab mich mit dem Thema noch nicht näher befasst und weiß daher nicht, ob es vor Eintritt des Erbfalls überhaupt möglich ist, das müsstest Du mal prüfen. Spontan würde ich einfach mal ein VZV hinsichtlich des Erbanspruchs des Schuldners gegen seine Eltern zustellen lassen. Vielleicht bringt das Bewegung in die Sache.
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PostGretel
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#3

27.02.2020, 17:01

Meine ungeordneten Antworten:
- Erbansprüche sind meiner Meinung nach erst pfändbar, wenn das Erbe entstand, also mindestens ein Elternteil starb.
- Aus dem VB der Mandantin würde ich nicht ohne weiteres vollstrecken. Stattdessen würde ich erst einmal über eine EMA oder z. B. supercheck.de die aktuelle Anschrift der Mandantin ermitteln, und diese dann noch einmal kontaktieren. Ggf. würde ich der Mandantin dann einfach die ZV-Unterlagen samt aktuellem Foko zur weiteren Verwendung schicken.
- Hast Du schon einmal versucht, im Internet nach dem Schuldner zu suchen? Interessant ist es, wenn Euch ein Spitzname oder ähnliches über ihn bekannt ist, auch alte Mailadressen.
- Haben der und die Mandantin vielleicht Kinder, die mittlerweile erwachsen sind? Dann würde ich auch versuchen, die zu kontaktieren. Oder bei Plattformen wie Facebook nach denen und deren Kontakten suchen.
- War oder ist der Schuldner selbständig? Dann würde ich diesbezüglich nach allen möglichen und unmöglichen Kriterien surfen.
- Hast Du RA-MICRO? Dann würde ich bei Boniversum eine Bonitätsauskunft über den Schuldner unter Verwendung der alten Adresse einholen. Manches Mal bekommt man darüber aktuelle Adressen. Jedoch sind dort die Adressen nicht unbedingt in der aktuellen Reihenfolge aufgelistet. Aber zumindest gäbe das neue Anhaltspunkte.

Es ist übrigens auch möglich, dass der Schuldner mittlerweile wieder in Deutschland ansässig ist. Dann würde vielleicht auch ein Detektiv helfen, der evtl. über die Schuldner-Eltern oder deren Nachbarn oder seine früheren Nachbarn/Vereine/sonstige Kontakte an ihn kommt.
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mrsgoalkeeper
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#4

28.02.2020, 08:31

PostGretel hat geschrieben:
27.02.2020, 17:01
- Haben der und die Mandantin vielleicht Kinder, die mittlerweile erwachsen sind? Dann würde ich auch versuchen, die zu kontaktieren.
:augenreib Datenschutz ist Dir aber schon ein Begriff oder?


Du kommst nur über eine mögliche Pfändung an einen entsprechend verwertbaren und einigermaßen "sauberen" Kontakt.

Pflichtteilspfändung müsste gehen (Stöber, Forderungspfändung, 14. Auflage, Randnr. 271). Letztlich soll ja ein Kontakt dabei rauskommen und Druck aufgebaut werden. Von daher würde ich in die Richtung erstmal ein VZV machen.
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sh161
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#5

28.02.2020, 11:52

mrsgoalkeeper hat geschrieben:
28.02.2020, 08:31
Pflichtteilspfändung müsste gehen (Stöber, Forderungspfändung, 14. Auflage, Randnr. 271).
Aber doch auch erst mit Eintritt des Erbfalls oder nicht? https://dejure.org/gesetze/BGB/2317.html
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mrsgoalkeeper
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#6

28.02.2020, 12:01

sh161 hat geschrieben:
28.02.2020, 11:52
mrsgoalkeeper hat geschrieben:
28.02.2020, 08:31
Pflichtteilspfändung müsste gehen (Stöber, Forderungspfändung, 14. Auflage, Randnr. 271).
Aber doch auch erst mit Eintritt des Erbfalls oder nicht? https://dejure.org/gesetze/BGB/2317.html
Das wird ja beim VZV nicht geprüft, von daher würde ich es versuchen und das zugestellte dann zum Anlass nehmen mit den Eltern des Schuldners Kontakt aufzunehmen.
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#7

06.03.2020, 13:43

mrsgoalkeeper hat geschrieben:
28.02.2020, 08:31
PostGretel hat geschrieben:
27.02.2020, 17:01
- Haben der und die Mandantin vielleicht Kinder, die mittlerweile erwachsen sind? Dann würde ich auch versuchen, die zu kontaktieren.
:augenreib Datenschutz ist Dir aber schon ein Begriff oder?

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