Abrechnung mit Mehrwert

Fragen rund um die neuen Rechtsanwaltsgebühren nach RVG ab 01.08.2013
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BeLu89
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#1

24.09.2019, 17:27

Moin,

ich habe eine Akte auf dem Tisch, in der wir vorgerichtlich tätig waren und aufgrund Nichtzahlung dann 1.875,00 € eingeklagt haben. Im Termin wurde über diesen Betrag verhandelt und man einigte sich auf 950,00 €. Weiter wurden weitere, nicht anhängige, 5.001,00 € mit protokolliert, über die nicht mehr verhandelt wurde. Gericht setzt Streitwert für die Klage auf 1.875,00 € und überschießenden Vergleichswert auf 5.001,00 € fest.

Ich hätte wie folgt abgerechnet:

1,3 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV aus 1.875 € =195,00 €
0,65 Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV aus 1.875 € =97,50 €
0,8 Verfahrensgebühr nach Nr. 3101 Nr. 2 VV aus 5.001 € =283,20 €
(unter Berücksichtigung der Obergrenze § 15 III 1,3 aus Wert 6.876 €)
1,2 Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV aus 1.875 € =180,00 €
1,0 Einigungsgebühr nach Nr. 1003 VV aus 1.875 € =150,00 €
Pauschale nach Nr. 7002 VV = 40,00 €
Zwischensumme =945,70 €
19 % Mehrwertsteuer gem. Nr. 7008 VV RVG =179,68 €
Gesamt =1.125,38 €

Die Rechtsschutz sagt jetzt aber, dass dies falsch sei und rechnet wie folgt ab:

1,3 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV aus 1.875 € =195,00 €
0,65 Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV aus 1.875 € =97,50 €
1,2 Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV aus 1.875 € =180,00 €
1,0 Einigungsgebühr nach Nr. 1003 VV aus 6.876 € =405,00 €
Pauschale nach Nr. 7002 VV = 40,00 €
Zwischensumme =917,50 €
19 % Mehrwertsteuer gem. Nr. 7008 VV RVG =174,33 €
Gesamt =1.091,83 €

Wer hat nun Recht? Ich steige da irgendwie nicht so ganz durch :huepf

Liebe Grüße aus Bremen :wink1
Feldhamster
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#2

24.09.2019, 18:56

Wie kann etwas protokolliert werden, über das nicht verhandelt worden ist? Kannst du bitte den Vergleichswortlaut bzgl. der 5.001,00 Euro hier reinstellen?
BeLu89
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#3

25.09.2019, 09:12

Feldhamster hat geschrieben:
24.09.2019, 18:56
Wie kann etwas protokolliert werden, über das nicht verhandelt worden ist? Kannst du bitte den Vergleichswortlaut bzgl. der 5.001,00 Euro hier reinstellen?
Klar, kann ich machen:

"In jedem Fall eines Verstoßes gegen diese Verpflichtung zur Vertraulichkeit hat die Klagepartei einen Betrag in Höhe von 5.001,00 € an die Beklagte zu zahlen. Die Geltendmachung eines weitergehenden Schadens durch die Beklagte und deren Konzerngesellschaften sowie etwaige weitere Beteiligte bleiben ausdrücklich vorbehalten."

Die Parteien haben nämlich stillschweigen über den Inhalt des Vergleiches vereinbart.
Dann wird ganz unten nur noch geschrieben: Der Streitwert wird auf 1.875 €, der überschießende Vergleichswert auf 5.001 € festgesetzt. Ansonsten tauchen die 5.001 € nicht im Vergleich/Protokoll auf.
Ich hatte das so auch noch nicht und stehe deswegen aufm Schlauch, was die Abrechnung betrifft :sad:
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#4

25.09.2019, 09:29

Wenn eine RSV die Kosten trägt, dann bekommt sie meiner Meinung nach auch das Sitzungsprotokoll vorgelegt. Und diesem ist (für mich) eindeutig zu entnehmen, dass über die 5.001 € verhandelt wurde - sonst würde dieser Punkt nicht in einer VEREINBARUNG auftauchen.


Aber ich würde so abrechnen:
BeLu89 hat geschrieben:
24.09.2019, 17:27
1,3 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV aus 1.875 € =195,00 €
0,65 Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV aus 1.875 € =97,50 €
0,8 Verfahrensgebühr nach Nr. 3101 Nr. 2 VV aus 5.001 € =283,20 €
(unter Berücksichtigung der Obergrenze § 15 III 1,3 aus Wert 6.876 €)
1,2 Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV aus 1.875 € =180,00 € -
1,0 Einigungsgebühr nach Nr. 1003 VV aus 1.875 € =150,00 €
1,5 Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV RVG aus 5.001 € = 354,00 €
(unter Berücksichtigung der Obergrenze § 15 III 1,5 aus Wert 6.876 €)

Pauschale nach Nr. 7002 VV = 40,00 €
Zwischensumme =945,70 €
19 % Mehrwertsteuer gem. Nr. 7008 VV RVG =179,68 €
Gesamt =1.125,38 €
und dann wäre noch zu überlegen, ob die Terminsgebühr nicht auch aus Wert 6.876 € zu berechnen ist.
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#5

25.09.2019, 09:45

icerose hat geschrieben:
25.09.2019, 09:29
Wenn eine RSV die Kosten trägt, dann bekommt sie meiner Meinung nach auch das Sitzungsprotokoll vorgelegt. Und diesem ist (für mich) eindeutig zu entnehmen, dass über die 5.001 € verhandelt wurde - sonst würde dieser Punkt nicht in einer VEREINBARUNG auftauchen.


Aber ich würde so abrechnen:
BeLu89 hat geschrieben:
24.09.2019, 17:27
1,3 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV aus 1.875 € =195,00 €
0,65 Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV aus 1.875 € =97,50 €
0,8 Verfahrensgebühr nach Nr. 3101 Nr. 2 VV aus 5.001 € =283,20 €
(unter Berücksichtigung der Obergrenze § 15 III 1,3 aus Wert 6.876 €)
1,2 Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV aus 1.875 € =180,00 € -
1,0 Einigungsgebühr nach Nr. 1003 VV aus 1.875 € =150,00 €
1,5 Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV RVG aus 5.001 € = 354,00 €
(unter Berücksichtigung der Obergrenze § 15 III 1,5 aus Wert 6.876 €)

Pauschale nach Nr. 7002 VV = 40,00 €
Zwischensumme =945,70 €
19 % Mehrwertsteuer gem. Nr. 7008 VV RVG =179,68 €
Gesamt =1.125,38 €
und dann wäre noch zu überlegen, ob die Terminsgebühr nicht auch aus Wert 6.876 € zu berechnen ist.
Ach entschuldige, genauso wie Du hatte ich zuerst auch mit der RS abgerechnet :patsch Ich war gestern beim Schreiben meiner Frage wohl nicht mehr ganz anwesend...
Zusätzlich habe ich die Terminsgebühr über beide Werte, also 6.876 €, errechnet.

Also siehst Du das genauso wie ich?
Die RSV schrieb daraufhin Folgendes: " Wir erlauben uns den Hinweis, dass die Gebühr nach Nr. 3101 VV vorliegend nicht anfällt und der Mehrwert ausschließlich auf die Einigungsgebühr und nicht auf die Terminsgebühr anzuwenden ist." Mit der Abrechnung, die ich oben schon einmal geschrieben habe:

1,3 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV aus 1.875 € =195,00 €
0,65 Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV aus 1.875 € =97,50 €
1,2 Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV aus 1.875 € =180,00 €
1,0 Einigungsgebühr nach Nr. 1003 VV aus 6.876 € =405,00 €
Pauschale nach Nr. 7002 VV = 40,00 €
Zwischensumme =917,50 €
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#6

25.09.2019, 10:16

Naja....also.....die Auffassung zur 3101 ist Quatsch. Eine EG kann nicht ohne eine Tätigkeitsgebühr (GG oder VG) entstehen. Entsprechend ist insoweit die Auffassung der RSV falsch. Was die TG angeht, bin ich mir da nicht so sicher. Du hast geschrieben, dass bzgl. der Stillschweigensklausel der Vergleich nur tituliert, nicht aber verhandelt wurde. Von daher sehe ich das bisher wie die Versicherung: keine Verhandlung vor Gericht = keine TG. Du kannst hier auch nicht damit argumentieren, dass Ihr vorgerichtlich verhandelt habt. Denn eine TG gibt es vorgerichtlich nicht.
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#7

25.09.2019, 10:20

Ja, ich seh das wie du.
Meine Meinung: Die RSV will sich rauswinden und wie fast allgemein üblich nicht alles zahlen. :sad Lass sie ihre Meinung doch mal mit Rechtsgrundlagen begründen.

Du kannst etwa so begründen:
Die 3101 wie auch beide EG begründen sich im Sitzungsprotokoll und dem Streitwertbeschluss. Der vom Gericht festgesetzte Wert ist auch für die Berechnung euer Gebühren bindend (§ 32 (1) RVG). Die zweite EG (1,5 Nr. 1000 VV) kann nicht ohne "ihre" Betriebsgebühr (hier die 0,8 Nr. 3101 VV) entstehen.

Und schließlich dürfest du besser (als die wohl nicht bei euch tätige SB der RSV) wissen, was ihr für eure Gebühren getan habt. Gab es denn Telefonate zwischen den RAe, bevor der Vergleich tituliert wurde? Dann wäre eine TG aus beiden Werten zu begründen. ;)
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#8

25.09.2019, 11:14

Vielen Dank für Eure Antworten :wink1
Ich bin gesprannt, was die RSV antwortet. Euch noch eine schöne Restwoche. Liebe Grüße
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#9

25.09.2019, 11:51

Die TG ist nicht angefallen, wenn nicht verhandelt wird. Das ist doch genau der Fall von Nr. 3101 Ziffer 2 - es ist beantragt, eine Einigung mit zu protokollieren oder nach §278 Nr.6 ZPO festzustellen, über die nicht verhandelt wurde.

Ob die RSV das decken muss, ist dann aber nochmal die andere Frage. Im Arbeitsrecht zb wird sie das regelmäßig nicht.
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