Kostenfestsetzung Kopierkosten Ggs.

Fragen rund um die neuen Rechtsanwaltsgebühren nach RVG ab 01.08.2013
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jessi2486
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#1

30.07.2019, 15:25

Hallo Ihr Lieben.
Ich habe folgendes Problem: Ich habe den KfA bzw. bereits den KfB der Gegenseite auf dem Tisch liegen. Diese hat Kopierkosten in Höhe von € 259,90 nach Nr. 7000 Nr. 1d VV RVG angemeldet. Diese Kosten sollen daraus resultieren, dass die gegnerische Anwaltskanzlei Akteneinsicht in die Schadenakte bei dem Haftpflichtversicherer ihres Mandanten, mithin unserer Gegenseite, genommen hat. Ich hatte hiergegen zunächst Beschwerde eingelegt und darauf verwiesen, dass dies keine erstattungsfähigen Kosten sind. Das Gericht ist allerdings der Meinung, dass die Beschwerde zurückzunehmen sei, da der informative Inhalt der Schadenakte gesichtet werden musste und hat auf § 91 ZPO verwiesen.

Könnt ihr mir helfen und sagen, ob das Gericht recht hat und die Beschwerde zurückgenommen werden muss?
Husky98
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#2

30.07.2019, 16:00

Die Rechtsauffassung des Gerichts dürfte zumindest vertretbar sein (siehe Gerold, RVG, 23. Aufl., VV 7000 Rn. 225).
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#3

30.07.2019, 17:03

Aus einer - schon etwas älteren - Begründung eines - bestätigten - KFB aus meinem Beritt:
Um die Aussicht der Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung beurteilen und sachdienliche Tatsachenbehauptungen aufstellen und Beweis antreten zu können, ist für die Partei die genaue Kenntnis der Ermittlungsakten unerlässlich. Eine ordnungsgemäße Prozessführung ist in der Regel deshalb auch nur möglich, wenn der Prozessbevollmächtigte nicht nur von dem Inhalt der Akten Kenntnis nehmen kann, sondern durch Anfertigung der auszugsweisen Ablichtungen ständig die Möglichkeit hat, Einzelheiten des Akteninhalts vorzutragen (vgl. LG Frankfurt, VersR 1982, 809). Der gesonderte Anspruch der Kostenerstattung ergibt sich daraus, dass es sich hier um "gebotene" Abschriften oder Ablichtungen aus Behörden- oder Gerichtsakten handelt, deren Herstellung zur sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache dienen (vgl. OLG Celle, Beschl. v. 09.04.2001 - 4 U 202/00 = NdsRpfl 2001, 270). Dies gilt auch für den Fall, dass der Auszug schon vor Prozessbeginn gefertigt worden ist. Hierbei handelt es sich dann zwar um mittelbare Prozesskosten; der Anwendungsbereich des Kostenfestsetzungsverfahrens ist jedoch im Interesse der Vermeidung sonst notwendiger Prozesse weit zu sichern (LG Frankfurt, a.a.O.; LG Stade, Beschl. v. 24.07.1986 - 4 O 20/85).

Diese Auffassung sollte auch heute noch Bestand haben.
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#4

30.07.2019, 18:40

Die Schadenakte der Versicherung ist aber nicht die Ermittlungsakte. Das sind eigene Unterlagen des Mandanten. Kann sein, dass auch Kopien der Ermittlungsakte drin sind, aber bei dem Umfang würde ich doch nochmal genauer hinschauen.
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#5

30.07.2019, 18:53

Wäre es die Ermittlungsakte, läge ein Fall der Nr. 7000 Nr. 1 a) VV RVG vor. Nach dem geschilderten Sachverhalt ist der Anspruch jedoch - zutreffend - auf Nr. 7000 Nr. 1 d) VV RVG gestützt worden. Auf diese Bestimmung bezieht sich auch die von mir zitierte Kommentarstelle.
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#6

30.07.2019, 22:34

Vielen Dank für eure Antworten.
Was mich an der ganzen Sache so "stört" ist, dass die Gegenseite Kopierkosten aus der Akte der eigenen Haftpflichtversicherung haben will. In dieser Akte kann ja eigentlich nur was drin sein, was der Versicherungsnehmer, mithin unsere Gegenseite, seiner eigenen Versicherung mitgeteilt hat. Warum soll dann unsere Mandantschaft die Kosten dafür tragen?! Um das nochmal etwas zu konkretisieren...es geht nicht um eine Unfallsache wo ggf die Versicherung Einsicht in Ermittlungsakte o.ä. genommen hat. Gegenseite ist ein Klinikum, hiesige Mandantschaft Patient.
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Anahid
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#7

31.07.2019, 09:29

Ist denn die gegnerische Versicherung in irgendeiner Form an dem Verfahren beteiligt?
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#8

31.07.2019, 09:33

Anahid hat geschrieben:
31.07.2019, 09:29
Ist denn die gegnerische Versicherung in irgendeiner Form an dem Verfahren beteiligt?
An dem geführten Verfahren vor Gericht war keine Beteiligung der Versicherung.
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Anahid
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#9

31.07.2019, 10:06

Ich seh hier ehrlich gesagt keine Erstattungsfähigkeit der Kosten. Leider hab ich die 23. Auflage vom Gerold nicht; in der 21. find ich aber keine Begründung für die Erstattungsfähigkeit der Kopierkosten aus der Schadenakte. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass die gegnerische Haftpflichtversicherung den Rechtsanwalt mit der Vertretung der Klinik beauftragt hat und nicht die Klinik selbst. Die Versicherung schickt dann auch ihre Schadenakte an den Anwalt, sodass beim Anwalt selbst gar keine Fotokopierkosten entstehen. Wenn der Anwalt auch vorgerichtlich schon tätig war, fehlt ohnehin die Begründung, warum entsprechende Kopien erforderlich waren, denn dann sollte er ja vollumfänglich informiert sein. § 91 ZPO greift hier auch nicht, da die Notwendigkeit nicht dargelegt ist. Da hat sich das Gericht die Begründung m.E. ziemlich einfach gemacht.
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#10

31.07.2019, 11:09

Mein Beitrag gilt nur eingeschränkt, da ich zum Zeitpunkt der Erstellung nicht wusste, dass es um eine Klinikum-Sache geht.
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