Teilweise vorzeitige Erledigung des Klageauftrags

Fragen rund um die neuen Rechtsanwaltsgebühren nach RVG ab 01.08.2013
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CeNedra
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#1

05.12.2018, 17:41

Huhu,

hab hier Mandanten, die mich sehr ärgern (ich habe nun schon zum 4. Mal die Klage komplett neu geschrieben, weil die sich nicht entscheiden können, welche Ansprüche, in welcher Höhe aus welchem Grund - meine (rechtlich einzig richtige) Version wurde rundheraus abgelehnt. Schließlich habe ich keine Ahnung, ich mach das ja auch erst seit gestern... :kopfkratz ) - die Grundlage der Ansprüche ist jedoch gleich (immer der gleiche Vertrag), nur die Höhe und die Begründung der Ansprüche aus diesem Vertrag ändern sich, so dass ich nicht komplett neu abrechnen kann, das wäre ja zu einfach. :motz

Rechnung (2015) außergerichtlich aus Streitwert 121.000€

1. Klageauftrag (2016!), es sollten ebendie 121.000€ geltend gemacht werden. Mandanten haben VorschussRE ausgeglichen, ich hab Klageentwurf zugeschickt, Mandanten haben sich 2 Jahre nicht gemeldet.

Nun sind die Mandanten Mitte des Jahres wieder gekommen und wollten andere Ansprüche geltend machen.

Letztlich und nachdem Verjährung zum 31.12.2018 droht, haben sie sich freundlicher Weise nun darauf geeinigt, 79.000€ einklagen zu wollen.

Ich hätte die VorschussRE storniert und das jetzt so abgerechnet:

Streitwert 42.000€ - Endabrechnung
0,8 VG (vorzeitige Erledigung)
0,3 Erhöhung (2 Auftraggeber)
- 0,75 Anrechnung aus Streitwert 42.000€
Pauschale (?)
MwSt.

Streitwert 79.000€ - VorschussRE
1,3 VG
0,3 Erhöhung
-0,75 Anrechnung aus Streitwert 79.000€
1,2 TG
Pauschale
MwSt.

Meine Fragen hierzu:

1) stimmt das mit den Anrechnungen?
RA-Micro rechnet mir nur bei der Endabrechnung aus Streitwert 42.000€ an, nicht jedoch bei der VorschussRE; aber dann wäre genau der außergerichtliche Streitwert erreicht, wenn ich beides anrechne.
allerdings zahlen die Mandanten ja im Endeffekt dann weniger, weil eine 0,75 Gebühr aus 79.000€ und eine 0,75 Gebühr aus 42.000€ sind ja mehr (insgesamt 1.815,75€), als eine 0,75 Gebühr aus 121.000€ (1.191€). D.h. ich rechne eigentlich ganze 624,75 zu viel an und das gönn ich denen nicht. :pfeif
Meine Lösungsvorschläge: entweder bei einer der beiden Rechnungen gar nicht anrechnen, oder bei der VorschussRE einen Abgleich ähnlich wie § 15 Abs. 3 RVG machen (wäre aber merkwürdig, weil das ja eigentlich verhindern soll, dass der Mandant zu viel zahlt, nicht, dass der Rechtsanwalt dem Mandanten zu viel anrechnet...)

2) Fällt 2x die Pauschale an, oder nur bei der VorschussRE? (RA-Micro rechnet mir nur 1x Pauschale rein)
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#2

05.12.2018, 18:22

2016 war Klageauftrag über 121.000 Euro, also ist über diesen Wert die 3101 entstanden, auf die die 2300 anzurechnen ist. 2x Postpauschale.

Wenn jetzt nur 79.000 Euro eingeklagt werden, entsteht hiernach die 3100, auf die die 3101 nach 79.000 Euro anzurechen wäre mE nach.
Ob auch die Geschäftsgebühr anzurechnen ist, müsste noch geprüft werden. § 15 V 2 RVG könnte gelten mit den 2 Jahren. Außergerichtlicher Auftrag war 2015 und somit vor 3 Jahren. Evtl. liegt auch für die Klage wegen dieser 2 Jahre eine neue Angelegenheit vor, dazu solltest du bitte die Kommentierung prüfen, ob das auf deinen Fall zutrifft. Wenn du zu dem Ergebnis kommst, ist gar nichts von den früheren Gebühren anzurechnen.
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#3

05.12.2018, 18:30

Die Angelegenheit müsste seit mehr als 2 Kalenderjahren beendet sein. Das ist sie nicht, weil erst ab Ende 2016 gezählt wird. Wir haben ja noch 2018. Deshalb kein neuer Auftrag. Ansonsten wie #2. Es ist erst die 3101 aus dem Gesamtwert entstanden, darauf ist die halbe GG ebenfalls aus dem Gesamtwert anzurechnen. Jetzt entsteht die 3100 aus 79.000, darauf wird die 3101 aus 79.000 angerechnet.
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#4

06.12.2018, 09:57

Ok, also darauf wäre ich jetzt nicht gekommen.

Also so:

Streitwert 121.000
0,8 VG (3101)
0,3 Erhöhung
-0,75 Anrechnung
Pauschale
MwSt.

Streitwert 79.000
1,3 VG (3100)
0,3 Erhöhung
-0,8 Anrechnung aus 79.000
1,2 TG
Pauschale
MwSt.

Oder muss ich die kompletten 1,1 (3101 + Erhöhung) anrechnen? Das würde ich als etwas "unfair" empfinden. Dann würde ich ca. 100€ mehr bekommen, als wenn sie direkt die Klage über 79.000€ in Auftrag gegeben hätten, also hätten sie ne Klage, die sie ursprünglich wollten, für 100€ geschenkt bekommen. das kann ja auch iwie nicht sein. Wäre ja mit der obigen Rechnung schon nur 580€... :augenreib
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#5

06.12.2018, 13:18

Da die 1008 keine eigene Gebühr ist, sondern vielmehr die Ausgangsgebühr erhöht, ist insoweit auch anzurechnen. Hier zB: https://www.rechtsanwaltsgebuehren.de/R ... ebühr.html

Wenn du das nicht willst, müsstest du das nur durch Vergütungsvereinbarung ausschließen können. Eine solche Vergütungsvereinbarung wirst du wohl aber bei den Mandanten nicht durchsetzen können, so wie sie sich bisher verhalten haben.
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#6

06.12.2018, 15:19

Gibts da nicht auch irgendeine Begrenzung, in welcher Höhe anzurechnen ist? :kopfkratz - so, wie bei der Geschäftsgebühr?

Ich hab jetzt mal ins VV geschaut ( 8) ) irgendwie ist die teilweise Beendigung des Auftrags da gar nicht geregelt. :nachdenk
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#7

06.12.2018, 15:37

Im Prinzip steht Dein ganzen Problem von vorn bis hinten in §15. Teile des Gegenstandes zu verschiedenen Gebührensätzen, vorzeitige Beendigung, neuer Auftrag nach mehr als 2 Jahren, etc. blabla.

Wenn Du getrennt abrechnest und nach §15 Abs.3 abgleichst, hast Du halt das nächste Problem, dass nach der BGH-Rechtsprechung auf beide Teil-Gegenstände die GG angerechnet werden muss. Das war Deine Berechnung oben.
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#8

07.12.2018, 09:56

Mein wirkliches Problem sitzt bei sich zu Hause in der Wohnung und gibt (schon wieder) meine Klage nicht frei... 227 :mrgreen:

Dass das nicht beendet ist, sehe ich ja ein, wir haben ja nicht vor 2 Jahren aufgegeben, sondern immer wieder angeschrieben und erinnert.

Vielen Dank erst mal für eure Hilfe, ich rechne das Ganze nochmal durch, aber besser wirds dadurch wahrscheinlich auch nicht. Meine Berechnung gefällt mir eh weniger :mrgreen:
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#9

07.12.2018, 10:02

Mandatsniederlegung? z.B. gestörtes Vertrauensverhältnis oder so? Gerade wenn die Mandanten jetzt schon wieder mauern/was anderes wollen?
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#10

07.12.2018, 10:23

3 Wochen vor Verjährung, in einer umfangreichen Angelegenheit, bei der die Klage schon fertig ist, ist mir das ehrlich gesagt etwas zu gefährlich. Aber wenn sie jetzt nicht zustimmen, dann mach ich das. Habs schon mal deutlich erwähnt, dass es die Möglichkeit gibt und dass Verjährung droht...

Die Mandanten sind auch nicht grundsätzlich schlimm oder arrogant oder absichtlich nervig, nur alt und verzweifelt und er war Buchhalter und versteht einfach nicht, dass Gerichte, wenn sie mit einer absoluten Routine-Angelegenheit 100mal pro Woche beschäftigt sind und sich eine bestimmte Berechnungsmethode der Ansprüche etabliert hat, die von den Gerichten ohne Überprüfung akzeptiert wird, ein Gericht nicht eine völlig andere Berechnungsmethode, die nicht einmal ich verstehe, akzeptieren bzw. nachvollziehen wird. Meine Standardantwort ist übrigens mittlerweile: "Das mag ja sein, aber wenn ich es nicht verstehe, wird es der Richter auch nicht verstehen" :pfeif
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