WS MB zurückgenommen - Fristen VB?

Hier können alle Themen rund um die Zwangsvollstreckung besprochen werden. ZV mit Auslandsbezug bitte in die entsprechende Extra-Rubrik posten.
Tatjana H.
Kennt alle Akten auswendig
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#1

11.10.2018, 18:04

Hallo udn guten Abend,

ich brauche wirklich dringend eure Hilfe.

Wir hatten einen Mandanten (Firma) der ist in die Insolvenz gegangen. Jetzt fragt nach 2 Jahren der Insolvenzverwalter nach einer bestimmten Sache aus 2014 an bzgl. Titel, Vollstreckungen, etc.

Ich habe mir die Akte genommen und angesehen. Es wurde vom Mandanten 2014 ein MB beantragt. Als der Gegner WS einlegte, wurden wir beauftragt und haben eine Abgabenachricht ans das zuständige LG gemacht. Nach langem hin und her hat der Gegner den WS im November 2014 zurückgenommen.

Und genau hier fängt mein Problem an, denn es ist NICHTS mehr gemacht worden danach.

Ich bin der Meinung, dass der WS gemäß § 701 ZPO das Verfahren hemmt und dass die 6-Monats-Frist nach Rücknahme des WS weitergelaufen ist. Somit wäre ungefährt im April/Mai 2015 die Sache verjährt bzgl. des VB und man hätte einen neuen MB beantragen müssen. Da war ich noch nicht in der Kanzlei und hatte daher keinen Einfluss auf die Sache.

Ich habe die Sache mit meinem Chef (Junior) besprochen der sagte, dass das zwar sein kann, aber man hätte auch die Verjährung der Forderungen (2017) eintragen müssen und das hätte mir auffallen müssen. Jetzt hatte ich die Akte - das gebe ich zu - ungefähr drei Wochen nach meinem Einstieg in diese Kanzlei (Juli 2015) in der Hand und hätte wahrscheinlich sehen müssen, dass die Verjährung nicht eingetragen war. Ich wollte damals einen VB beantragen (ja ich weiß, diese Frist war schon abgelaufen) und unser Senior sagte, dass der Mandant insolvent sei und er da nix mehr investieren wolle, er könne ihn ja sowieso nicht bezahlen. Darüber habe ich Dummerchen aber keinen Vermerk gemacht.

Meine Kollegin, die in Mutterschutz ist, sagte, dass der Mandant meistens selbst die Vollstreckung gemacht habe. Aber in der Akte habe ich gar keinen Nachweis, dass er das übernommen hat, nachdem das Verfahren durch WS-Rücknahme beendet wurde.

Was soll/kann ich jetzt machen. Ich bin ehrlich, ich möchte da etwas meinen eigenen Pelz retten, denn ich habe dank meiner Vorgängerin genug Scherereien gehabt im ersten Jahr hier in der Kanzlei. Die hat - wie ersichtlich - weder Verjährungen eingetragen noch die Akten anständig bearbeitet, aber ich habs ausbaden dürfen, weil unser Senior immer sagte, es interessiere ihn nicht, wer das nicht eingetragen habe und dass ich da noch nicht da gewesen wäre.....

Was tun?

Liebe Grüße
Tatjana
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#2

11.10.2018, 18:59

Was willst Du da noch tun? Nach meiner Meinung ist das Kind in den Brunnen gefallen. Selbst wenn es nach Übergabe an das Streitgericht kein Mahnverfahren mehr gibt und damit die 6-Monats-Frist für die Beantragung des Mahnbescheids weggefallen sein könnte, ist hier zwischenzeitlich Verjährung eingetreten, die nunmal ebenfalls bei Nichtbetreiben des Verfahrens 6 Monate nach der letzten Verfahrenshandlung eintritt. Wenn also die Forderungen des damaligen Mandanten spätestens zum 31.12.2017 verjährt wären, hätte hier spätestens im Juni 2018 ein Vollstreckungsbescheid beantragt werden müssen (bei Berücksichtigung der 6-Monats-Hemmung). Also mir fällt hier nichts ein, wie Du da Deinen Hals retten könntest. :ka :?
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#3

11.10.2018, 22:49

Zunächst einmal ist ein RA in der Haftung gegenüber dem Mandanten und nicht wir Angestellten. Dh ein RA hat auch auf das Notieren von Fristen etc zu achten und entsprechende Anweisungen zu geben. Dein Seniorchef wollte die Verjährung anscheinend nicht notieren wegen der damals schon drohenden Insolvenz und der Nichtbezahlung (ich verstehe darunter, dass eure RA-Gebühren nicht bezahlt worden sind). Vielleicht lässt sich das als Mandatsniederlegung auslegen und damit wäre die Verantwortung wieder bei den Mandanten. Lass das mal von deinen Chef(s) prüfen.

Zudem muss ein Schuldner die Einrede der Verjährung ausdrücklich erheben. Das Gericht prüft nicht, ob eine Forderung verjährt ist. Dh der Insolvenzverwalter muss prüfen, ob er die Forderung weiter geltend machen will, um Geld zur Insolvenzmasse beizutreiben.

Außerdem bin ich grundsätzlich der Meinung, dass ein Mandant bei seinem RA nachfragen kann, wenn er zu einem gewissen Mandat länger nichts erfahren hat. Vielleicht hatte der Mandant auch kein Interesse mehr an der Weiterführung des Mandats?

Vielleicht liegen aber auch Gründe des § 212 BGB vor, zB Ratenzahlungen vom Schuldner an euren Mandanten, die zum Neubeginn der Verjährung führen?

Mein Rat: anwaltliche Prüfung durch deine Chefs. Der Fall ist ihre Aufgabe, nicht deine.
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#4

12.10.2018, 08:01

Nachträgliche Gedanken, die deine Chefs prüfen könnten:

Was war Mandatsauftrag? Nach deiner Schilderung Durchführung des streitigen Verfahrens. Das fiel dann durch Rücknahme des Widerspruchs weg. War das Mandat damit beendet oder hattet ihr auch Auftrag, Forderung zu titulieren durch VB oder später neuen MB?

Wenn InsV bereits 2017 oder früher eröffnet worden sein sollte, wäre es dann nicht Aufgabe des Insolvenzverwalters gewesen, sich um die Forderung rechtzeitig zu kümmern, um eine drohende Verjährung zu vermeiden?
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#5

12.10.2018, 09:24

Feldhamster hat geschrieben:
11.10.2018, 22:49
Zunächst einmal ist ein RA in der Haftung gegenüber dem Mandanten und nicht wir Angestellten. Dh ein RA hat auch auf das Notieren von Fristen etc zu achten und entsprechende Anweisungen zu geben.
Mal ehrlich....von der Haftungsfrage abgesehen, die nicht die Angestellten trifft, was richtig ist. Aber wenn ein Fehler passiert beim Notieren einer Frist (was immer mal vorkommen kann) sagst Du dann Deinem Chef: "Sie haben nicht die Anweisung gegeben, diese Frist zu notieren?" und bist Deiner Meinung nach dann aus jeder Verantwortung raus? Kann ich mir jetzt irgendwie nicht vorstellen. :kopfkratz
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#6

15.10.2018, 10:28

Nach 240 InsO ist das Verfahren doch eh unterbrochen und der InsV hätte aufnehmen müssen
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Tatjana H.
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#7

15.10.2018, 10:41

Danke für eure Hilfe! :)

Ich schaue einfach mal, was ich jetzt mache. Wir haben alle Titel an den Insoverwalter ausgehändigt, die uns vorlagen. Nur hier gab es eben keinen Titel. :(

Ich bespreche das jetzt und lasse mir den Kopf abreißen - denn es war ja nun mal so, dass ICH die Verjährung nicht gesehen habe im Nachhinein.
Tatjana

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#8

15.10.2018, 10:53

Tatjana H. hat geschrieben:
11.10.2018, 18:04


Wir hatten einen Mandanten (Firma) der ist in die Insolvenz gegangen. Jetzt fragt nach 2 Jahren der Insolvenzverwalter nach einer bestimmten Sache aus 2014 an bzgl. Titel, Vollstreckungen, etc.
Wenn Ihr alles dem Insolvenzverwalter übergeben habt, was habt Ihr diesem denn dann zu dem Verfahren gesagt, betreffend den Sachstand etc.?
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#9

15.10.2018, 14:26

Schau doch mal bei den Insolvenzbekanntmachungen unter der Detailsuche, wann das Verfahren eröffnet wurde. Meistens steht in den Beschlüssen auch, aufgrund welchen Antrages das Verfahren eröffnet wurde und vor allem, wann dieser Antrag gestellt wurde.

Liegt das Datum der Antragstellung in zeitlicher Nähe zu eurer "Beitreibungseinstellung" ist es doch nachvollziehbar, wenn das Verfahren aufgrund (begründeter) Bedenken hinsichtlich der Solvenz eures Mandanten nicht weiter betrieben wurde.
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#10

16.10.2018, 11:48

Guten Morgen,

ich versteh nicht was damals 2015 passiert ist, gab es denn ein Aktenzeichen des Landgerichts (streitiges Verfahren) und kam von dort die Aufforderung den Anspruch zu begründen?

Dann müsste jetzt dieses Verfahren noch zum Abschluss gebracht werden, oder?
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