Überstundenliste öffentlich führen?

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gewusel
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#1

05.07.2018, 10:27

Hallo meine lieben Forenos,

ich schildere mal kurz den Fall:

Die Mädels hier sind sehr misstrauisch, was das später kommen/früher gehen angeht und schauen bei den Anderen immer ganz genau hin. Tut dem Betriebsklima nicht gut, wenn gemeint wird, die Person habe ja gar keine ÜStd. und geht trotzdem früher etc. pp. Anstrengend! Ich brauche eine Lösung des Problems. Um es transparenter zu machen und ich davon ausgehe, dass keiner etwas zu verbergen hat :pfeif überlege ich, eine öffentliche Liste einzuführen, in der jeder einträgt, wann er wie viel länger gearbeitet hat, wann wer früher geht etc.

Hat jemand Erfahrungen mit einer öffentlichen Liste (es werden nur die Sekretärinnen zugreifen können, aber jeder sieht vom Anderen, was Sache ist). Alternativ könnte ich natürlich pro Sekretärin eine Liste machen, so dass nur ich das sehe. Würde dann im großen Kreis verkünden, dass ich ein Auge darauf habe und sich die Damen nicht mehr aufregen müssen. :-? Meine Tendenz geht zur Einzelliste...

Habt Ihr Erfahrungswerte/Tipps/Tricks?

Sonnige Grüße vom
Gewusel
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Crydea
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#2

05.07.2018, 10:32

Hallo,

ich denke, da müsste eher ein Gespräch her, wie es den Betroffenen lieber ist. Mir persönlich würde zum Beispiel eine öffentlich Liste nichts ausmachen, aber es mag andere geben, die das nicht wollen. Und wenn sich auch nur einer gegen eine öffentliche Liste ausspricht, dann müsste die Einzelfallliste her, welche nur du einsehen kannst. Denn ich kann mir vorstellen, dass es für das Betriebsklima auch nicht förderlich ist, wenn eine öffentliche Liste einegführt wird, obwohl sich vielleicht einige wenige dagegen ausgesprochen haben.

LG
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mücki
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#3

05.07.2018, 10:35

Hallöchen,

also ich muss ganz ehrlich sagen, ob und wenn ja wieviele Überstunden ich habe oder auch nicht, geht außer mir und der dafür zuständigen Person (Büroleitung, Personaler, Chef ... je nachdem) niemanden etwas an. Ob sich Kollegen da ihr Maul zerreißen oder nicht, geht mir pers. am Poppes vorbei. Daher mein Rat: Mache für jeden eine Liste, die auch nur derjenige sowie du und ggf. der Chef einsehen kann. Verkünde das im großen Kreis und Schluss. (Vielleicht würde ich auch noch darauf hinweisen, dass es manchen gut täte, sich mehr auf ihre eigene Arbeit zu konzentrieren ;)

Am Rande: Ich kenne durchaus auch die "öffentliche" Variante. Den erhofften Frieden wirst du aber damit nicht erlangen, weil du dann nämlich drauf warten kannst, dass die gewissen Kandidaten in die Listen der Kollegen spicken und dann nimmt das u.U. noch ganz andere Ausmaße an.

Und noch ein Tipp: Trefft genaue Regelungen, wie die Listen zu führen sind.

VG
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Schreibblitz
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#4

05.07.2018, 10:52

Ich weiss jetzt nicht, welche Anwaltssoftware du benutzt. Bei RA-Micro ist es z. B. so, dass man genau sieht, von wann bis wann welcher Mitarbeiter an welchem Tag RA-Micro offen hatte. Vielleicht gibt es das bei eurer Software auch. Dann könnt ihr euch die Listen sparen.
Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden. (Reinhold Niebuhr)
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Ciara
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#5

05.07.2018, 10:57

Aber mal ganz ehrlich: Da kann ich dann doch auch alles mögliche eintragen. Danach geht es bestimmt weiter, dass sich jemand darüber aufregt, dass das alles da in der Liste nicht stimmen würde.
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AliceImWunderland
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#6

05.07.2018, 10:58

Also ich finde die Variante mit der nicht öffenlichen Liste besser. Wie Mücki sagt, wieviele Überstunden ich habe, geht nicht alle was an.

Bei uns im Büro gibt es die perfekte Lösung für solche Probleme: wir haben ein Zeiterfassungssystem. Direkt am Kanzleieingang (von drin) hängt ein Lesesystem (sieht aus wie ein Display an der Wand). Jeder Mitarbeiter hat einen Erfassungschip (wir haben ihn als Schlüsselanhänger). Morgens beim Betreten der Kanzlei hält man den Chip vor das Display. Es piept und im Display erscheinen einige Daten für einen kurzen Moment (Name, Plus- oder Minusstundenanzahl bis dato, Resturlaubsanspruch etc.). Und wenn man Feierabend gemacht hat, hält man beim Rausgehen den Chip wieder vor das Display. Und der einzige, der Zugriff auf das System hat, ist einer der Chefs. So wird jede Minus- oder Überminute der Arbeitszeit festgehalten. Und selbst wenn man jeden Tag nur 10 Minuten länger gearbeitet hat, ist es pro Woche fast eine Überstunde. Es läppert sich schnell was zusammen.
Warum ist am Ende des Geldes noch so viel Monat übrig?!

Ich habe kein Whatsapp und ich werde auch keins bekommen. Ich stehe auf Datenschutz und bin voll Threema.
:naegel
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#7

05.07.2018, 11:01

AliceImWunderland hat geschrieben:Also ich finde die Variante mit der nicht öffenlichen Liste besser. Wie Mücki sagt, wieviele Überstunden ich habe, geht nicht alle was an.

Bei uns im Büro gibt es die perfekte Lösung für solche Probleme: wir haben ein Zeiterfassungssystem. Direkt am Kanzleieingang (von drin) hängt ein Lesesystem (sieht aus wie ein Display an der Wand). Jeder Mitarbeiter hat einen Erfassungschip (wir haben ihn als Schlüsselanhänger). Morgens beim Betreten der Kanzlei hält man den Chip vor das Display. Es piept und im Display erscheinen einige Daten für einen kurzen Moment (Name, Plus- oder Minusstundenanzahl bis dato, Resturlaubsanspruch etc.). Und wenn man Feierabend gemacht hat, hält man beim Rausgehen den Chip wieder vor das Display. Und der einzige, der Zugriff auf das System hat, ist einer der Chefs. So wird jede Minus- oder Überminute der Arbeitszeit festgehalten. Und selbst wenn man jeden Tag nur 10 Minuten länger gearbeitet hat, ist es pro Woche fast eine Überstunde. Es läppert sich schnell was zusammen.
Die Variante mit dem Zeiterfassungssystem finde ich persönlich auch am besten. Da kann auch nicht der Vorwurf kommen, dass was nicht richtig erfasst worden wäre, jemand bevorteilt würde etc.
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gewusel
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#8

05.07.2018, 11:03

Ich habe auch ein Zeiterfassungssystem angeregt... entspricht aber nicht der Praxis der Kanzlei. Schade, denn dann wäre alles gut. Mit RA-Micro arbeiten wir nicht, das fällt also auch raus.

Es bleibt wohl nur die Einzelliste und die Hoffnung, dass man bzw. die Kanzlei nicht bexxx wird. Traurig, dass es so sein muss, aber bei dem, was hier teilweise abgeht, scheint es die einzige Lösung zu sein. So etwas hab ich in meiner ganzen Laufbahn noch nicht erlebt... :sad:

Ich danke Euch auf jeden Fall sehr!! :thx
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Riverside
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#9

06.07.2018, 09:57

Prinzipiell geht es Kollegen nichts an, ob und in welchem Umfang ich Überstunden mache. Das betrifft ausschließlich meine/n Vorgesetzten und mich.

Aber für das Betriebsklima: es gibt ganz einfach Zeituhren, wo man die Arbeitszeiten erfassen kann über eine Karte, vielleicht wäre das eine Lösung für euch?

Wir haben in der Firma ein Zeiterfassungssystem über PC, wo auch Rauchpausen etc. erfasst werden.
Dracarys!

Nenn mir eine Farbe zwischen 1 und 10. Aber nicht Februar! Das ist kein Land!
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Andy66
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#10

06.07.2018, 11:27

Ich weiß ja nicht, ob eine öffentliche Liste da nicht noch mehr Unruhe reinbringen würde. Wie schon gesagt wurde, geht es die Kolleginnen absolut gar nichts an, wer wie lange arbeitet. Das ist allein eine Sache zwischen Chef(s) und Mitarbeiter/in. Es kann nicht sein, dass mir irgendjemand aus dem Kollegenkreis meine Arbeitzeiten vorwirft oder versucht, mir da Vorschriften zu machen. Ich persönlich reagiere auf sowas ausgesprochen stachelig. Ich kenne aus anderen Kanzleien durchaus Kolleginnen, die gerne den sterbenden Schwan geben - "gestern war ich wieder bis 10 da" und dann in der regulären Arbeitszeit nix zerreissen, weil sie privat telefonieren, sich in der Küche rumtreiben und öfters mal rauchen gehen. Von so jemanden lasse ich mir aber schon gar nix mehr vorschreiben.

Sollte jemand Minusstunden machen, wird das bei einer Arbeitszeiterfassung auffallen. Wenns keine gibt, und auffällt, dass sich jemand regelmäßig vorzeitig verdrückt und den Kolleginnen die Arbeit aufhalst, muss das dem Vorgesetzten in geeigneter Weise nahegebracht werden. Der, und nur der, wird dann die ihm geeigneten Maßnahmen treffen. Alles andere ist Stutenbissigkeit und unprofessionell.

Nach meiner Erfahrung ist die Zahl der geleisteten (Über-)Stunden nicht gleichzusetzen mit der geleisteten Arbeit. Ich habe eine Kollegin, die nachgewiesenermaßen (Zeiterfassungsprotokoll in der Akte) für einen Vorgang, den ich in 20 Minuten schaffe, regelmäßig geschlagene zwei Stunden braucht. Und dann ist noch nicht gesagt, dass das Produkt einwandfrei ist. Ich mache keine nennenswerten Überstunden, mal hier und da ein Viertelstündchen, damit ich noch was fertigmache, sonst müsste ich mich am nächsten Tag wieder neu reindenken. Und die Kollegin (s.o.) ist manchmal länger da, weil sie sonst nix fertig kriegt. Wer ist jetzt hier die "bessere Arbeiterin"?

Generell bin ich der Meinung, dass Überstunden nur in besonderen Notsituationen abgeleistet werden sollten. Ich habe 40h/Woche verkauft, die liefere ich. Ich arbeite nicht aus Jux und ohne Ausgleich ständig mehr - ich habe ein Leben neben dem Job und möchte meinen Mann auch regelmäßig sehen. Wenn über längere Zeit mehr Arbeit anfällt, muss mehr Personal her. Oder meint ihr, die Chefs zahlen Euch umgekehrt einfach mal so ohne Gegenleistung mehr Gehalt? Die haben 40h/Woche gekauft, die zahlen sie auch. Diese Kontrolle durch die lieben Kolleginnen spielt doch eigentlich nur den Chefs in die Hände. Teile und herrsche.

Jawoll, ich bin eine Kratzbürste. Mein Chef schätzt das an mir, wir haben die Kanzlei zusammen aufgebaut. Ich habe anfangs auch öfters mal ein Auge zugedrückt, als die Zeiten noch mager waren.
Erfahrung ist das, was man bekommt, wenn man das was man will nicht kriegt
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