Hallo Zusammen,
ich habe mir eben mal etwas aus diesem Beitrag durchgelesen und dachte, ich äußere mich ebenfalls dazu.
Ich selbst bin nun seit vergangenen Mittwoch 15 Jahre in diesem Beruf tätig (3 Jahre Ausbildung inklusive) und diese Jahre auch in ein und derselbem Praxis. Wir sind ein 3-Frauen-Unternehmen, mit einer Anwältin/Notarin und uns zwei Angestellten. Ich kann wohl erwähnen, dass meine Kollegin mit ihren 78 Jahren nur noch Buchführung und den Kleinkram nebenher macht und wir ihr dafür sehr dankbar sind. Daraus lässt sich schließen, dass den Rest der Arbeit - was eigentlich nur noch Notariat mit vereinzelten Prozesssachen - ich mache. Und was soll ich sagen: es macht mir Spaß!
Wir haben nach meinem Abschluss in 5 Jahren 3 Auszubildene versucht, auszubilden. Ja genau: versucht!
Die erste hatte bis zur Zwischenprüfung durchgehalten und dann festgestellt, dass der Beruf nicht ihre Berufung ist und mit Hilfe eines ortsansässigen Kollegen die Ausbildung aufheben lassen.
Die Zweite wurde uns von meiner damaligen Berufsschullehrerin aufgedrängt, die soziale Wohltäterin war und der das arme Mädel leid tat. Großzügig wie wir waren, haben wir sie übernommen in der Hoffnung, dass ihr unser Betrieb besser liegt. Dies war nicht der Fall. Sie hatte sich ebenfalls verabschiedet. Mittlerweile ist sie Mutter eines 9-jährigen Sohnes und arbeitet bei den Stadtwerken, was ihr allerdings auch besser liegt, so sagt sie selbst.
Die Dritte hatte noch innerhalb der Probezeit aufgegeben. Ihr lag die Arbeit nicht. Das frühe Aufstehen. Die Schule. Die vielen Akten. Das Nachdenken. Einfach alles. Es mag zwar etwas hart klingen, aber das Mädel war wirklich nicht die Hellste.
Danach haben wir wirklich aufgehört, weiter zu versuchen, auszubilden und das ist wohl auch kein Wunder, oder?
Das Problem bei uns hier oben ist, dass die Kinder mit falschen Vorstellungen an den Beruf rangehen oder überhaupt an das Arbeitsleben. Sie wollen alle viel Geld verdienen und am Besten nichts machen müssen. Wir waren damals noch ganz anders (und das ist ja auch noch nicht sooo lange her). Während meiner Ausbildung hatten wir auch 4, die die Lehre geschmissen haben, aber im Großen und Ganzen haben wir doch alle ganz gut abgeschnitten.
Das wir billige Arbeitskräfte haben wollte, kann ich nicht bestätigen. Für mich waren diese keine Erleichterung als sie da waren und auch ich war keine Erleichterung... das gestehe ich ein
Dass es in den Betrieben meiner damiligen Azubikollegen, die in den großen Kanzleien gelernt haben, so war, dass kann ich allerdings bestätigen. So machte es für mich keinen Sinn, dass Azubis aus dem 1. Lehrjahr bereits Notariat gemacht haben, weil es so viele waren, dass man sie innerbetrieblich jährlich rotieren lassen hat.. Ich glaube kaum, dass das sinnvoll und sachgerecht war. Dass diese nicht wirklich gut abgeschlossen haben, brauche ich wohl nicht zu erwähnen.
Das Problem mit dem Abwandern der Fachkräfte in die freie Wirtschaft ist - und das wird wohl keiner bestreiten - der geringe Verdienst. Den Anwälten/Notaren ist das wohl auch bewusst, jedenfalls meiner Chefin, aber bei unserem kleinen Betrieb ist eben auch nicht mehr möglich. Sie macht es dann eben durch andere Sachen wieder gut. Bei meiner damaligen "Abschlussfeier", was die Ehrung der Abschlussbesten war, hatte der Redner, seinerseits ebenfalls RA/Notar allen Kollegen und Kolleginnen, die anwesend waren, darauf hingewiesen, dass sie ohne ihre Angestellten nichts sind. Darauf hat sie gehört. Schade ist es, dass es noch viele gibt, die das eben nicht zu schätzen wissen.
Wenn meine Chefin in den nächsten 5 Jahren nach beendeter Notariatsverwaltung nicht mehr tätig sein wird und ein Nachfolger nicht gefunden werden sollte, dann weiß ich auch nicht, ob ich dann dem Beruf den Rücken zukehren und mich anderweitig umsehen werde. Mir macht die Arbeit wirklich Spaß - zumal man sich mit den Angestellten beim Gericht bzw. den Rechtspflegern, bei der Stadt und bei den hiesigen Banken wirklich gut versteht - und ich würde es auch vermissen, aber neben der Bezahlung frage ich mich auch, wo ich so frei arbeiten kann, wie ich es jetzt mache. Also wenn ich dann in ein großes Notariat gehe, wo die bereits vorhandenen Mitarbeiter, die Arbeiten machen, die ich machen wollen würde, und mir vorstelle, ich würde den ganzen Tag nur LBs bearbeiten o.Ä. ... ich würde eingehen.. ganz ehrlich. Und ich nehme an, dass das eben auch ein Punkt ist, der dazu führt, dass die Fachkräfte abwandern.
Soviel zu meinem Senf
Ich wünsche euch allen noch einen schönen Tag
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