Schuldurkunden nach § 178 Abs. 2 Satz 3 InsO

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Samsa209
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#1

07.11.2016, 10:45

Hallo ihr Lieben,

ich bin ein absoluter Neuling, was die Insolvenz betrifft, vielleicht gibt es hier jemanden, der mir helfen kann:

Erste Frage:
Unter welchen Voraussetzungen kann ich NACH einer abgeschlossenen Insolvenz wieder vollstrecken? Immer, außer wenn Restschuldbefreiung erteilt wurde bzw. die Firmen erloschen sind?

Zweite Frage: Ich habe jetzt Unterlagen mit dem Vermerk der festellten Forderung erhalten (gem. § 178 Abs. 2 S. 3). Kann mir jemand sagen, ob das heißt, dass ich damit wieder vollstrecken darf? Ich finde dazu nichts passendes... Hilfe :-(

Danke!
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kordula32
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#2

07.11.2016, 15:03

Hallo Samsa,
Zwangsvollstreckung geht auch in der Insolvenz

Bei der Beurteilung der Einzelzwangsvollstreckung im Insolvenzverfahren sind verschiedene Zeitpunkte und Rechtstellungen zu beachten.

Als Einzelzwangsvollstreckung werden Maßnahmen bezeichnet, die von einem Gläubiger im Rahmen der Vollstreckung gegen den Schuldner ausgebracht werden, z.B. Lohnpfändung, Sachpfändung usw. Bei dem Insolvenzverfahren handelt es sich um ein Gesamtvollstreckungsverfahren, d.h., der Insolvenzverwalter ,,vollstreckt`` für alle Gläubiger.

1. Insolvenzgläubiger

Die Insolvenzgläubiger, d.h. die Gläubiger, die bei Eröffnung des Verfahrens bereits eine Forderung inne haben, sind von der Einzelzwangsvollstreckung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgeschlossen. Diese Gläubiger könnten erst nach Abschluss des Insolvenzverfahrens wieder vollstrecken. Dem steht i.d.R. jedoch die Wohlverhaltenphase mit Restschuldbefreiung entgegen.

2. Neugläubiger

Neugläubiger, d.h. die Gläubiger, die eine Forderung erst nach dem Eröffnungszeitpunkt erlangt haben, stehen sich wesentlich besser.

Für sie gilt die sechsmonatige Vollstreckungssperre nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, § 90 I InsO. Im Zeitraum des Insolvenzverfahrens dürfen sie nicht in das Einkommen des Schuldners vollstrecken. Ansonsten ist eine Einzelzwangsvollstreckung während des Insolvenzverfahrens möglich. Auch in der Wohlverhaltensphase sind die Neugläubiger mit Einzelzwangsvollstreckungsmaßnahmen nicht eingeschränkt.

3. Praxistipp:

Neugläubiger sollten sich von dem Insolvenzverfahren nicht abschrecken lassen und ihre Forderung titulierten, damit ihre Forderung nicht verjährt. Einzelzwangsvollstreckungen in den ersten Jahren der Wohlverhaltensphase (6 Jahre) sind in der Regel fruchtlos. Dies kann sich zum Ende der Wohlverhaltensphase bereits ändern. Besonderes Augenmerk sollte auf den Zeitpunkt kurz vor Ende der Wohlverhaltensphase gelegt werden. Mit dem Ende der Wohlverhaltensphase wird das pfändbare Einkommen wieder frei. Wer dann mit einer Pfändung zu Stelle ist, hat gute Chancen auf eine erfolgreiche Einzelzwangsvollstreckung.
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kordula32
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#3

07.11.2016, 15:08

Hallo Samsa,
Zwangsvollstreckung geht auch in der Insolvenz

Bei der Beurteilung der Einzelzwangsvollstreckung im Insolvenzverfahren sind verschiedene Zeitpunkte und Rechtstellungen zu beachten.

Als Einzelzwangsvollstreckung werden Maßnahmen bezeichnet, die von einem Gläubiger im Rahmen der Vollstreckung gegen den Schuldner ausgebracht werden, z.B. Lohnpfändung, Sachpfändung usw. Bei dem Insolvenzverfahren handelt es sich um ein Gesamtvollstreckungsverfahren, d.h., der Insolvenzverwalter ,,vollstreckt`` für alle Gläubiger.

1. Insolvenzgläubiger

Die Insolvenzgläubiger, d.h. die Gläubiger, die bei Eröffnung des Verfahrens bereits eine Forderung inne haben, sind von der Einzelzwangsvollstreckung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgeschlossen. Diese Gläubiger könnten erst nach Abschluss des Insolvenzverfahrens wieder vollstrecken. Dem steht i.d.R. jedoch die Wohlverhaltenphase mit Restschuldbefreiung entgegen.

2. Neugläubiger

Neugläubiger, d.h. die Gläubiger, die eine Forderung erst nach dem Eröffnungszeitpunkt erlangt haben, stehen sich wesentlich besser.

Für sie gilt die sechsmonatige Vollstreckungssperre nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, § 90 I InsO. Im Zeitraum des Insolvenzverfahrens dürfen sie nicht in das Einkommen des Schuldners vollstrecken. Ansonsten ist eine Einzelzwangsvollstreckung während des Insolvenzverfahrens möglich. Auch in der Wohlverhaltensphase sind die Neugläubiger mit Einzelzwangsvollstreckungsmaßnahmen nicht eingeschränkt.

3. Praxistipp:

Neugläubiger sollten sich von dem Insolvenzverfahren nicht abschrecken lassen und ihre Forderung titulierten, damit ihre Forderung nicht verjährt. Einzelzwangsvollstreckungen in den ersten Jahren der Wohlverhaltensphase (6 Jahre) sind in der Regel fruchtlos. Dies kann sich zum Ende der Wohlverhaltensphase bereits ändern. Besonderes Augenmerk sollte auf den Zeitpunkt kurz vor Ende der Wohlverhaltensphase gelegt werden. Mit dem Ende der Wohlverhaltensphase wird das pfändbare Einkommen wieder frei. Wer dann mit einer Pfändung zu Stelle ist, hat gute Chancen auf eine erfolgreiche Einzelzwangsvollstreckung.


Dann mit der Feststellung. Die Forderung wurde durch den Insolvenzverwalter festgestellt und wird in die Tabelle mit aufgenommen. Sofern der Schuldner eine Versagung seiner RSB erhält, kannst Du dir die Tabelle anfordern, welcher sodann einen Vollstreckungstitel darstellt. Die Forderung wird somit als Feststellung in das Schlussverzeichnis aufgenommen und sofern eine Masse vorhanden ist, erfolgt hierauf eine Verteilung an die Gläubiger.
Samsa209
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#4

08.11.2016, 08:42

Danke für deine ausführliche Antwort!!!

D. h., nur wenn RSB versagt wurde, kann ich als Inso-Gläubiger weitervollstrecken? Geht das auch bei Einstellung wegen Masseunzulänglichkeit oder oder oder? Ich wäre die wahnsinnig dankbar, wenn du mir das noch kurz erklären könntest, denn das was ich bisher gefunden habe, verstehe ich nicht so ganz. Inso ist für mich meine größte unbekannte Angst, aber auch denen soll man sich ja stellen...

D A N K E!!!
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kordula32
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#5

10.11.2016, 12:22

Genügt die Insolvenzmasse zwar zur Kostendeckung des Insolvenzverfahrens, nicht aber zur Erfüllung der nach Eröffnung entstandenen Masseverbindlichkeiten, so hat der Insolvenzverwalter dem Insolvenzgericht Masseunzulänglichkeit anzuzeigen. Aus der noch vorhandenen Insolvenzmasse hat der Insolvenzverwalter dann die Massegläubiger zu befriedigen. Nach Abschluss dieser Verteilung stellt das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren ein also ist das Verfahren damit beendet und Du kannst als Insolvenzgläubiger nichts mehr tun.
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