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19.12.2012, 10:49
Nein, ohne die Erhöhung 0,3
Eigentlich ist der Gegenstandswert das Interesse der Mandanten. Das ist nicht unbedingt der Wert, auf den man sich am Ende einigt, sondern der Wert, den die Mandanten ursprünglich angenommen haben.
Wenn z. B. der Erbe Auskunft erteilt und die Mandanten davon ausgehen, dass der Wert bestimmter Nachlassgegenstände höher ist als angegeben oder noch Nachlassteile verschiweigen wurden, wäre der sich nach dem angenommenen "Mehrwert" errechnete Pflichtteil maßgeblich. Das sollte man aber zur Streitvermeidung unbedingt per Vergütungsvereinbarung festschreiben, damit der Mandant nicht später, wenn die Rechnung gestellt wird, auf die Idee kommt, der Anwalt habe aus Gebühreninteresen zu hohe Ansprüche gestellt.
Wenn sich die Mandanten vorher überhaupt keine Vorstellungen machen, wäre der Wert maßgeblich, der sich nach der Auskunft ergibt. Das wären z. B. hier für die Schwester die 16 TS. Für den Mandanten wären es die 16 TS + der Wert der Abgeltung des Wohnrechts, über den verhandelt wurde. Wenn er z. B. 30 TS gefordert hatte, wären es sein Pflichtteil von 16 TS + die 30 TS, auch wenn er am Ende nur 24 TS für das Wohnrecht bekommt.
Die Werte werden dann zusammengerechnet, da es "eine Angelegenheit" (Geltendmachung von Ansprüchen aufgrund des gleichen Erbfalls) im Sinne des § 7 RVG ist.
Es gibt jedoch keine Erhöhung nach 0,3, da es nicht um "denselben Gegenstand" im Sinne der Anmerkung (1) zu 1008 VV RVG (siehe Zitat oben) geht. Die Ansprüche der S stehen nur ihr zu, die Ansprüche des M nur ihm. Nur wenn es um einen gemeinsamen Anspruch geht (M + S haben z. B. einen gemeinsamen Kaufpreisanspruch gegen einen Dritten, der den Wert bildet), gibt es die Erhöhung. Bei der gemeinsamen Geltendmachung unterschiedlicher Forderungen, die im Prinzip auch getrennt geltend gemacht werden könnten, werden lediglich die Werte zusammengerechnet.
Anders gesagt: Die Erhöhungsgebühr nach 1008 VV RVG gibt es für den Mehraufwand, wegen der gleichen Forderung mehrere Beteiligte unterrichten zu müssen. Bei der gemeinsamen Geltendmachung mehrerer Forderungen profitieren hingegen die Mandanten von dem nichtlinearen Anstieg der Gebühren bei zusammengerechneten Streitwerten, weil der Anwalt eben nicht zwei Verfahren, sondern nur eines führt und dadurch nicht alles doppelt schreiben muss.