BerH abgerechnet + Antragsgegner zahlt

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§Lena§
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#1

16.08.2021, 10:22

Hallo schönen guten Morgen :)

ich habe eine Frage und hoffe, man kann mir weiterhelfen:

Wir haben unsere Mandantin beraten und dem Antragsgegner ein Schreiben versandt mit Zahlungsaufforderung.
Anschließend hat die Chefin die Beratungshilfe (Geschäftsgebühr) gegen die Staatskasse abgerechnet.

Nachdem die Gebühr von der Staatskasse bezahlt wurde und wir Klage mit PKH-Antrag eingereicht haben, lenkt der Gegner ein und will alles bezahlen. Auch unsere Gebühren.
Jetzt zu meinen Fragen:

1. Was passiert mit der Geschäftsgebühr, die wir von der Staatskasse abgerechnet haben? Zahle ich diese einfach wieder zurück?

2. Was rechne ich gegenüber dem Gegner ab? 1,3 Geschäftsgebühr? Oder ist die Geschäftsgebühr jetzt verloren, nachdem wir Klage mit PKH-Antrag eingereicht haben? Rechne ich ihm gegenüber dann eine 1,0 Verfahrensgebühr ab?

Anmerkung: PKH wurde abgelehnt mit dem Hinweis, wir sollen einen PKH-Vorschuss beim Antragsgegner einholen, da dieser Geld hat.

Ganz liebe Grüße, ich hoffe, ihr könnt helfen.

Lena
Nimju
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#2

16.08.2021, 16:33

Hallo Lena,

wenn der Gegner alles zahlt, kannst Du nach normalen Gebühren abrechnen (also keine PKH und keine Beratungshilfegebühr), rechne sowohl die vorgerichtlichen, als auch die gerichtlichen Gebühren ab und vergiss die Anrechnung nicht.

Die Beratungshilfegebühr, die Ihr von der Staatskasse erhalten habt, muss dann zurückbezahlt werden, wenn die Beratungshilfe aufgehoben wird. Das kann von Amts wegen erfolgen oder durch Eure Kanzlei beantragt werden, was hier aber nicht mehr möglich ist, weil die Beratungshilfe ja schon abgerechnet ist (siehe BerHG).

Ich würde das Beratungshilfegeld daher nicht einfach zurückerstatten, sondern behalten. Falls im Laufe des Jahres von Amts wegen eine Aufhebung der Bewilligung kommt, muss man es zurück zahlen. Sonst ist es einfach zusätzliches Honorar.

Hier die Vorschrift:

Gesetz über Rechtsberatung und Vertretung für Bürger mit geringem Einkommen (Beratungshilfegesetz - BerHG)
§ 6a Aufhebung der Bewilligung
(1) Das Gericht kann die Bewilligung von Amts wegen aufheben, wenn die Voraussetzungen für die Beratungshilfe zum Zeitpunkt der Bewilligung nicht vorgelegen haben und seit der Bewilligung nicht mehr als ein Jahr vergangen ist.
(2) Beratungspersonen können die Aufhebung der Bewilligung beantragen, wenn Rechtsuchende auf Grund der Beratung oder Vertretung, für die ihnen Beratungshilfe bewilligt wurde, etwas erlangt haben. Der Antrag kann nur gestellt werden, wenn die Beratungspersonen

1.
noch keine Beratungshilfevergütung nach § 44 Satz 1 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes beantragt haben und
2.
die Rechtsuchenden bei der Mandatsübernahme auf die Möglichkeit der Antragstellung und der Aufhebung der Bewilligung sowie auf die sich für die Vergütung nach § 8a Absatz 2 ergebenden Folgen in Textform hingewiesen haben.

Das Gericht hebt den Beschluss über die Bewilligung von Beratungshilfe nach Anhörung der Rechtsuchenden auf, wenn diese auf Grund des Erlangten die Voraussetzungen hinsichtlich der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse für die Bewilligung von Beratungshilfe nicht mehr erfüllen.
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#3

16.08.2021, 18:12

Wir handhaben es so:
Gesetzliche Gebühren Gegner mitteilen und nach Zahlung Mitteilung an das AG zum AZ der Beratungshilfe, dass Gegner wider Erwarten doch noch gezahlt hat und wir (dh RA) die Beratungshilfe der Staatskasse zurückzahlen wollen und wir um Mitteilung Bankverbindung und Kassenzeichen bitten.

Wenn ihr sowohl Beratungsgebühren als auch die vom Gegner gezahlten RVG-Gebühren behaltet, habt ihr 2x Geld bekommen für nur eine Tätigkeit.
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#4

17.08.2021, 06:52

Ich würde das Beratungshilfegeld daher nicht einfach zurückerstatten, sondern behalten. Falls im Laufe des Jahres von Amts wegen eine Aufhebung der Bewilligung kommt, muss man es zurück zahlen. Sonst ist es einfach zusätzliches Honorar.
Sehr interessant, Unterschlagung von Steuergeldern, ich hoffe nicht, daß sich das viele merken, weil es ist falsch. So wie Feldhamster schreibt ist die Vorgehensweise. Zahlung anzeigen, Kassenzeichen abwarten und zurückzahlen.
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#5

19.08.2021, 15:25

Soenny hat geschrieben:
17.08.2021, 06:52
Ich würde das Beratungshilfegeld daher nicht einfach zurückerstatten, sondern behalten. Falls im Laufe des Jahres von Amts wegen eine Aufhebung der Bewilligung kommt, muss man es zurück zahlen. Sonst ist es einfach zusätzliches Honorar.
Sehr interessant, Unterschlagung von Steuergeldern, ich hoffe nicht, daß sich das viele merken, weil es ist falsch. So wie Feldhamster schreibt ist die Vorgehensweise. Zahlung anzeigen, Kassenzeichen abwarten und zurückzahlen.
Finde ich auch sehr interessant, vor allem von einer Rechtsanwältin. :schock
:katze2 Jeder Tag ist ein Geschenk ... aber manche sind einfach grottenschlecht verpackt. :katze1
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#6

19.08.2021, 15:32

Sehr interessant, Unterschlagung von Steuergeldern, ich hoffe nicht, daß sich das viele merken, weil es ist falsch. So wie Feldhamster schreibt ist die Vorgehensweise. Zahlung anzeigen, Kassenzeichen abwarten und zurückzahlen.
[/quote]

Lies Dir das Gesetz durch. Es ist keine Unterschlagung von Steuergeldern. Die Arbeit ist doch durch den Rechtsanwalt bereits erbracht und die Rückforderung hängt vom Aufhebungsbeschluss ab. § 6 a Abs. 2 BerHG.
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#7

19.08.2021, 16:21

Nimju hat geschrieben:
19.08.2021, 15:32
Lies Dir das Gesetz durch. Es ist keine Unterschlagung von Steuergeldern. Die Arbeit ist doch durch den Rechtsanwalt bereits erbracht und die Rückforderung hängt vom Aufhebungsbeschluss ab. § 6 a Abs. 2 BerHG.
Du bist aber verpflichtet, Zahlungen anzuzeigen - was dann weiter passiert s. o.

Einfach auf der Kohle sitzenbleiben und nix tun geht halt gerade nicht.
Milchreis schmeckt ganz vorzüglich, wenn man ihn kurz vor dem Verzehr durch ein saftiges Steak ersetzt.
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#8

19.08.2021, 16:38

skugga hat geschrieben:
19.08.2021, 16:21
Nimju hat geschrieben:
19.08.2021, 15:32
Lies Dir das Gesetz durch. Es ist keine Unterschlagung von Steuergeldern. Die Arbeit ist doch durch den Rechtsanwalt bereits erbracht und die Rückforderung hängt vom Aufhebungsbeschluss ab. § 6 a Abs. 2 BerHG.
Du bist aber verpflichtet, Zahlungen anzuzeigen - was dann weiter passiert s. o.

Einfach auf der Kohle sitzenbleiben und nix tun geht halt gerade nicht.
Sehr richtig (§ 55 Abs. 5 Satz 4 RVG).
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#9

19.08.2021, 17:45

Mal ehrlich Nimju.....jeder kann Fehler machen, aber dass Du als Rechtsanwältin und wohl früher langjährige Rechtsanwaltsfachangestellte, auch noch versuchst, das hier als richtig zu verkaufen, wird immer besser. :roll: Den Vorschlag "lies Dir das Gesetz durch" kann man ja nur an Dich weitergeben. 8) Schon der Satz "Sonst ist es einfach zusätzliches Honorar." beißt sich mit § 15 Abs. 2 RVG bis aufs Blut. Schon da solltest Du mal ins Grübeln kommen, ob Du da einfach ein "zusätzliches Honorar" behalten kannst. Zusätzliche Honorare gibt es grundsätzlich nur mit Vergütungsvereinbarungen, das sollte Dir bekannt sein. Außerdem sollte Dir auch bekannt sein, dass die Staatskasse nur zahlt, soweit die Gebühren nicht durch Dritte (RSV, Gegenseite, o.ä.) gezahlt werden und dass nachträgliche Zahlungen Dritter von Dir anzugeben sind (s. Gesetzestext - von Husky bereits angegeben - § 55 Abs. 5 Satz 4 RVG).

Auch der Satz "Die Arbeit ist ja durch den Rechtsanwalt bereits erbracht...." ändert doch nichts daran, dass Du die Gebühren für die von Dir erbrachte Arbeit in voller Höhe durch die Gegenseite einkassiert hast. Welche Arbeit hast Du denn zusätzlich erbracht, die es nach Deiner Meinung gestatten würde, zusätzlich auch die Beratungshilfegebühr zu behalten? :kopfkratz

Ich habe da nur eine einzige Frage an Dich: Was stellst Du Dir vor, wie die Staatskasse in Erfahrung bringen soll, dass Du Gelder von Dritten erhalten hast, damit ein Aufhebungsbeschluss erlassen werden kann? Ich meine, es gibt ja genügend Verschwörungstheoretiker auf dieser Welt, aber so weit gehen, zu behaupten, dass der Staat quasi Deine Buchhaltung nachhält, würde ich persönlich jetzt noch nicht. Das heißt aber im Umkehrschluss, dass im Grunde - nach Deiner Auffassung - Beratungshilfe nie zurückzuzahlen ist, da der Staat ja (warum sollte er auch ohne entsprechenden Anlass?) keinen Aufhebungsbeschluss erlassen hat. :patsch
:katze2 Jeder Tag ist ein Geschenk ... aber manche sind einfach grottenschlecht verpackt. :katze1
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#10

19.08.2021, 17:56

Anahid hat geschrieben:
19.08.2021, 17:45
Ich meine, es gibt ja genügend Verschwörungstheoretiker auf dieser Welt, aber so weit gehen, zu behaupten, dass der Staat quasi Deine Buchhaltung nachhält, würde ich persönlich jetzt noch nicht.
:lolaway
Milchreis schmeckt ganz vorzüglich, wenn man ihn kurz vor dem Verzehr durch ein saftiges Steak ersetzt.
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