PKH und Vergleich vor Sozialgericht

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Steffi80
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#1

21.01.2019, 16:26

Hallo,
wir machen sehr selten Sachen im Sozialrecht und auch recht wenig über PKH, daher habe ich bei meinem Fall hier ein paar Schwierigkeiten:

Wir haben für einen Mandanten Widerspruch gegen einen ablehnenden Bescheid des JobCenters eingelegt (Antrag auf Auszahlung von Geld aufgrund einer Vereinbarung mit dem JobCenter). Dem Widerspruch wurde abgeholfen, unsere Kosten (300 € zzgl. Auslagen) wurden vom JobCenter beglichen.
Anschließend wurde der Antrag des Mandanten nun mit einer anderen Begründung durch das JobCenter abgelehnt. Wir haben Widerspruch eingereicht, der abgelehnt wurde. Dann haben wir Klage+PKH-Antrag beim Sozialgericht eingereicht. PKH wurde bewilligt.

Während des Klageverfahrens, vorm ersten Termin, stellte der Mandant erneut einen änhlichen Antrag beim JobCenter aufgrund derselben Vereinbarung. Der Antrag wurde wiederum abgelehnt. Wir haben Widerspruch eingelegt und anschließend Klage.

In der dann folgenden mdl. Verhandlung wurden beide Klagen (2 unterschiedliche Aktenzeichen) zusammen verhandelt. Es wurde ein Vergleich über beide Anträge des Mandanten geschlossen mit Kostenregelung gegeneinander aufgehoben.
Außerdem wurde in der mdl. Verhandlung PKH auch für die 2. Klage bewilligt sowie PKH für den Vergleich bewilligt.
Zudem habe ich 2 Beratungshilfescheine hier liegen vom Mandanten für die jeweiligen vorgerichtlichen Tätigkeiten.

Was muss ich nun machen? In Zivilsachen würde ich zunächst Kostenausgleichsantrag stellen. Das dürfte sich hier aber erübrigen, weil keine Gerichtskosten angefallen sind und im Übrigen nichts vom Gegner zu erstatten ist?

Dann würde ich Antrag auf Festsetzung der Vergütung des beigeordneten RAs stellen?
Darein würde ich nehmen:
3102 Verfahrensgebühr: 300
abzgl. hälftig anzurechnende Geschäftsgebühr -150
(s. Vorbem 3 Abs. 4 S. 2)
3106 Terminsgebühr 280
1006 Einigungsgebühr 300
Auslagenpauschale 20

Wobei ich mich frage, ob ich die Geschäftsgebühr überhaupt anrechnen muss, weil die Geschäftsgebühr ja für den Widerspruch gezahlt wurde, dem die Behörde abgeholfen hatte - gegen den Widersoruch wurde ja nicht geklagt.
Und wie berücksichtige ich denn, dass es zwei Klagen waren? Rechne ich da noch eine Verfahrensgebühr mit rein? Oder erhöhe ich die Gebühr bei der Verfahrensgebühr oder der Terminsgebühr?

Und wie rechne ich die vorgerichtlichen Gebühren ab?
Bzgl. der ersten Klage haben wir ja für den ersten Widerspruch das Geld von der Behörde bekommen. Bzgl. des zweiten, abgelehnten, nicht.
Bzgl. des Dritten (die zweite Klage betreffend), ebenfalls abgelehnten, auch nicht. Das regele ich jeweils über die beiden Beratungshilfeformulare?

Ich bin dankbar für Hilfe.
Feldhamster
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#2

21.01.2019, 17:09

1. Den erfolgreichen Widerspruch, für den ihr die Gebühren vom Jobcenter bekommen habt, lässt du vollkommen unberücksichtigt. Das war eine eigene Angelegenheit beendet durch die Stattgabe des Widerspruchs.

2. Die anderen beiden Widerspruchsverfahren rechnest du bitte getrennt mit den beiden Beratungshilfescheinen ab. (also 2x Geschäftsgebühr 2503 + jeweils Postpauschale).

3. Erfolgte in der Verhandlung eine Verbindung der beiden Klagen oder blieben diese getrennt? Nach deiner Schilderung erfolgte keine Verbindung. Wenn dem so ist, ist für beide Klagen die Verfahrensgebühr 3102 entstanden, auf die du jeweils hälftig die Geschäftsgebühr 2503 (also nur € 42,50) anzurechnen hast. Zudem dann in jeder Klage eine Termingebühr 3106.

4. Bezüglich der Einigungsgebühr brauche ich noch genauere Infos: wie ist die Formulierung der Einigung über die beiden Anträge des Klägers? Es kann sein, dass diese auch zweimal entstanden ist.

5. Für beide Klageverfahren ist jeweils eine Postpauschale entstanden.

Ich würde an deiner Stelle, damit es für das Gericht auch deutlich ist, zu dem Klageverfahren eine eigene PKH-Rechnung einreichen.
Steffi80
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#3

21.01.2019, 17:25

Vielen Dank schon mal.
Feldhamster hat geschrieben:
21.01.2019, 17:09
3. Erfolgte in der Verhandlung eine Verbindung der beiden Klagen oder blieben diese getrennt?
4. Bezüglich der Einigungsgebühr brauche ich noch genauere Infos: wie ist die Formulierung der Einigung über die beiden Anträge des Klägers? Es kann sein, dass diese auch zweimal entstanden ist.
Über dem Sitzungsprotokoll stehen 2 Aktenzeichen.
Im Vergleich heißt es unter Anderem "die Beteiligten sind sich einig, dass durch diesen Vergleich die Verfahren [Aktenzeichen 1] und [Aktenzeichen 2] erledigt sind."
Und dann "In dem Verfahren [Aktenzeichen 2] ergeht folgender Beschluss: Dem Kläger wird PKH einschließlich einer Vergleichsgebühr bewilligt"
Feldhamster
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#4

21.01.2019, 18:17

Also keine Verbindung vom SG, dann in beiden Verfahren VG und TG.
Die EG nur in einem Verfahren abrechnen (es wurde nur für EINE Einigungsgebühr PKH bewilligt). In dem zweiten Verfahren würde ich einen Satz in die PKH-Rechnung aufnehmen, dass die EG in dem anderen Verfahren abgerechnet wird. Dann sieht der Rechtspfleger, dass du dir entsprechende Gedanken gemacht hast.
Steffi80
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#5

22.01.2019, 07:59

Habe mal mit Chef drüber gesprochen:
Könnte man nicht vielleicht von 2 EG ausgehen?
Denn mal so rein logisch: Ist es nicht Quatsch, bei 2 gleichlaufenden Verahren, die in einen Vergleich gezogen werden, in einem Verfahren zu sagen "ja, Vergleich ist sinnvoll und deshalb soll der RA auch dafür bezahlt werden", in dem anderen aber nicht?
Habe dazu im Kommentar gefunden "Ist dem Mandanten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, so erhält der Anwalt auch die Einigungsgebühr aus der Staatskasse (§ 44). Soweit die Parteien sich nur über Gegenstände einigen, hinsichtlich deren der Anwalt beigeordnet worden ist, ergeben sich keine Probleme."
Nur für Mehrvergleiche, in denen zusätzlich zu der Sache des Termins weitere Punkte in den Vergleich gezogen werden, braucht es eine PKH-Bewilligung für den Vergleich bzgl. dieser Sache.
Kann man das hier so sehen? Hauptverfahren-Vergleich ist sowieso umfasst, das zusätzliche Verfahren dadrin ist ne Art Mehrvergleich?
Demnach wäre dann eine gesonderte PKH-Bewilligung für das erste Aktenzeichen vielleicht gar nicht nötig?
Feldhamster
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#6

22.01.2019, 08:39

Du kannst es natürlich probieren, zu jedem Verfahren eine PKH-Rechnung mit Einigungsgebühr einzureichen.
Entweder der Rechtspfleger schließt sich deiner Meinung an oder aber er streicht eine Einigungsgebühr bzw. fordert euch auf, eine zurückzunehmen, wenn er meint, dass nur für eine PKH bewilligt worden ist.
Steffi80
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#7

22.01.2019, 08:40

Werd ich so versuchen. Vielen Dank, hast mir sehr geholfen.
Feldhamster
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#8

22.01.2019, 08:56

Ich drücke dir die Daumen.
Steffi80
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#9

10.02.2019, 10:53

Hat vom Prinzip funktioniert. Allerdings hat der Rechtspfleger die Verfahrens- und die Terminsgebühr von 300 € auf 200 € gekürzt, weil die Tätigkeit für die Partei nur geringe Bedeutung gehabt habe und nur wenig Rspr. zu analysieren gewesen sei. Hab ich auch noch nicht gelesen sowas. Und ich finde jetzt 8.000 € für einen Hartz4 Empfänger nicht gerade wenig.
Feldhamster
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#10

10.02.2019, 12:37

Eigentlich ist immer von der Mittelgebühr auszugehen und hiernach sind die Kriterien des § 14 RVG zu berücksichtigen.

Was ist mit der Länge der Verfahrensdauer?
Bedeutung der Angelegenheit richtet sich nicht einfach nur nach der Höhe des Betrages für den Mandanten. Bei der vollständigen Ablehnung von SGB II-Leistungen wird dem Mandanten das Existenzminimum verweigert, das hat natürlich größere Bedeutung, als wenn zB nur 30 % des Regelbedarfs gemindert werden.
Durcharbeitung von Rechtsprechung ist interpretierbar. Wenn der RA zB sich widersprechende Urteile von BGH und diversen LSG durchgearbeitet hat, um die Anspruchsgrundlage hierauf zu stützen, ist das natürlich anders zu bewerten, als wenn man sich nur auf einheitliche Rechtsprechung stützt.

Vielleicht findest zu diesen Punkten auch noch in einem RVG-Kommentar etwas, falls ihr die Kürzung nicht akzeptieren wollt.
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