nachträgliche Prozesskostenhilfe bei nachträglicher RS?

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Frau Geheimrat
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#1

29.09.2009, 12:05

Hallo,

habe hier eine Knobelaufgabe der besonderen Art.
Also alles von Anfang:
Unser Mandant hat eine Kündigung erhalten und ist Gewerkschaftsmitglied. Er ist zuerst zu den Ass. der Gewerkschaft gegangen um eine KSchKl machen zu lassen. Da der Ass. ihn aus dem Betrieb rausholen wollte mit Vergleich, unser Mdt damit nicht einverstanden war, hat er den Anwalt vor Gütetermin gewechselt. Anderer Anwalt hat Gütetermin wahrgenommen und auch vorgetragen, Anträge gestellt etc. Da er sich von diesem auch nicht richtig vertreten fühlte, kontaktierte er seine Gewerkschaft, um sich einen anderen Anwalt empfehlen zu lassen. Gewerkschaft übernimmt sogar unsere RA-Kosten.

Jetzt ist er bei uns. Soweit so gut ;-)

Er hat aber ein Problem, er ist insolvent und der 2. RA macht jetzt seine Kosten via KFA geltend. Mdt. sagt, er hätte den RA beim Beratungsgespräch darauf hingewiesen, dass er insolvent ist und er sich in der Wohlverhaltensphase befindet und RA sagte nur: da gibt es die Möglichkeit eines PKH und Mdt ging davon aus, dass die Sache damit erledigt ist. Tja.....

Jetzt hab ich mir schon überlegt, da er wirklich ein armer Schlucker ist, für zwei Kinder unterhaltspflichtig und momentan Arbeitslosenhilfe bezieht, wie man das für beide Seiten akzeptabel lösen kann. Kann man nachträglich den PKH beantragen, auch wenn er mittlerweile RS hat?

Vielen Dank
Frau Geheimrat
BabyBen

#2

29.09.2009, 15:08

Nachträgliche PKH-Gewährung ist nicht und bei der Rechtsschutzversicherung werden nur Fälle berücksichtigt, die nach Abschluss begonnen haben bzw. die sogar noch nach einer Wartezeit begonnen haben.

Ich halte des Verhalten des Kollegen für einen Beratungsfehler, d.h. muss man ihm klarmachen, dass er wohl auf sein Honorar verzichten muss. Denn dieses wäre als Schadensersatz sofort zurück zu zahlen. Allerdings muss man sich auch sicher sein, dass der Mandant auch wirklich die reine Wahrheit sagt.

Im Übrigen bedeutet Wohlverhaltensphase nicht zahlungsunfähig, so dass vielleicht auch eine Ratenzahlung drin ist.
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jojo
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#3

29.09.2009, 15:14

Sehe ich im Ergebnis gleich in der Begründung anders:

Ein Gewerkschaftsmitglied bekommt keine PKH, da es Anspruch auf kostenlosen Rechtsschutz hat.

Klar, es gibt immer Ausnahmen. Aber nur falsch vertreten fühlen, dürfte nicht reichen.

Und da PKH keine Rückwirkung entfaltet, selbst wenn das Verfahren noch nicht beendet sein sollte, und ein Antrag noch möglich wäre (aber unbegründet, s.o.) hat da entweder Anwalt oder Mandant Pecht gehabt.
Denn für immer Punk, will ich sein mein Leben lang,
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lamiserable
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#4

29.09.2009, 17:06

Habe ich richtig verstanden, dass euer Mdt bereits den dritten Bevollmächtigten beauftragt hat?

Das hört sich irgendwie nach Querulant an (ich bin vorgeschädigt durch solche Mandanten ;-D )

Der 2. Anwalt hat ihn doch auf die PKH hingewiesen. Er müsste ja schön blöd gewesen sein, wenn er ihm kein PKH-Formular in die Hand gedrückt hätte.

Gibt es nicht auch trotzdem einen Anspruch des 2. Anwalts auf seine Gebühren, da der Mandant ja durch dessen Tätigkeit "bereichert" war, auch wenn er einen Beratungsfehler fabriziert hat?
Würde mich jetzt interessieren, wir haben nämlich auch einen ähnlich gelagerten Fall.
Es genügt nicht, sich täglich zu baden, um »sauber« durchs Leben zu gehen
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Frau Geheimrat
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#5

02.10.2009, 08:26

BabyBen hat geschrieben:Ich halte des Verhalten des Kollegen für einen Beratungsfehler, d.h. muss man ihm klarmachen, dass er wohl auf sein Honorar verzichten muss. Denn dieses wäre als Schadensersatz sofort zurück zu zahlen. Allerdings muss man sich auch sicher sein, dass der Mandant auch wirklich die reine Wahrheit sagt..
Wir halten uns da völlig raus, das muss der Mandant mit dem RA klären und nicht wir, denn wir können wie gesagt nur davon ausgehen, was unser Mdt erklärt und wir kommen in Teufels Küche, wenn wir jetzt nen Kollegen "verpätzen".
BabyBen hat geschrieben:Im Übrigen bedeutet Wohlverhaltensphase nicht zahlungsunfähig, so dass vielleicht auch eine Ratenzahlung drin ist.
Das weiß ich auch, aber dem RA muss durch die Mitteilung des Mdt klar gewesen sein, dass ein Insolvenzverfahren des Mdt vorliegt und er wahrscheinlich kein Geld hat. Und einfach das mit dem PKH im Raum stehen zu lassen, find ich von beiden Seiten bescheuert. Der Mdt denkt, der RA kümmert sich und der RA lässt den Mdt ohne Formular oder weiteren Infos ziehen.
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#6

02.10.2009, 08:30

lamiserable hat geschrieben:Habe ich richtig verstanden, dass euer Mdt bereits den dritten Bevollmächtigten beauftragt hat?

Das hört sich irgendwie nach Querulant an (ich bin vorgeschädigt durch solche Mandanten ;-D )
Wieso ist er denn gleich ein Querulant? Nur weil die anderen RAe ihn aus dem Arbeitsverhältnis raushaben wollten und das für ihn indiskutabel war? Ich verstehe ihn da vollkommen. Die Vorgänger haben es sich sehr einfach gemacht. Kündigungsschutzklage nach Muster, Warten auf den Gütetermin, Einigung = Zack 3,5 Gebühren für 0 Arbeit. Leider machen es sich viele so einfach.
lamiserable hat geschrieben:Der 2. Anwalt hat ihn doch auf die PKH hingewiesen. Er müsste ja schön blöd gewesen sein, wenn er ihm kein PKH-Formular in die Hand gedrückt hätte.

Gibt es nicht auch trotzdem einen Anspruch des 2. Anwalts auf seine Gebühren, da der Mandant ja durch dessen Tätigkeit "bereichert" war, auch wenn er einen Beratungsfehler fabriziert hat?
Würde mich jetzt interessieren, wir haben nämlich auch einen ähnlich gelagerten Fall.


Naja, er kommt aus der Sache nicht wirklich raus. Das wäre ein Fall für die Kammer wegen eines Beratungsfehlers. Wir haben ihm geraten, sich mit dem RA wegen Ratenzahlung in Verbindung zu setzen, da die Forderung auch während der Wohlverhaltensphase entstanden ist, kann ihm auch die Vollstreckung drohen.

Danke für Eure Meinungen.
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