Verfahrensgebühr für Beschwerdeverfahren

Fragen rund um die neuen Rechtsanwaltsgebühren nach RVG ab 01.08.2013
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Spiderman
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#1

20.01.2023, 17:06

Hey und guten Abend,

ich habe einen gerichtlichen Hinweis vorliegen der für mich sehr eigentümlich klingt und auch unlogisch ist. Aber der Reihe nach.

Wir haben die Schuldnerin im Eröffnungsverfahren des Insolvenzverfahrens vertreten, das Finanzamt hat zu Unrecht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt, weil das Finanzamt die Drittschuldnererklärung fehlerhaft ausgewertet hat. Das Finanzamt kam zu dem Schluss, dass die Konten kein pfändbares Guthaben ausweisen würden. Tatsächlich wurde das Finanzamt aus der bewirkten Kontopfändung heraus vollständig befriedigt.

Das Finanzamt hat den Antrag zurückgezogen, das AG hat durch Beschluss entschieden, dass die Schuldnerin ihre notwendigen Auslagen selbst trägt. Gegen den Beschluss haben wir Beschwerde eingelegt mit der Begründung, dass das Finanzamt den Inso-Antrag zu verantworten hat und demzufolge auch dem Finanzamt die Kosten aufzuerlegen sind. Das Beschwerdegericht hat der Beschwerde abgeholfen und folglich wurden dem FA die Kosten auferlegt. Der Beschluss datiert vom 21.11.22.

Nun hat das AG, nach Erhalt des diesseitigen Kostenantrages, den nachstehenden Hinweis erteilt (der Einfachheit halber, habe ich den Wortlaut mal zitiert):
Der zuständige Rpfl. des AG hat die Akte nochmals dem LG vorgelegt zur Prüfung, ob ein gesonderter Beschwerdewert gem. § 23 Abs. 2 RVG festzulegen ist. Bei diesem Anlass ist hier aufgefallen, dass der Beschluss des LG vom 21.11. dahingehend zu berichtigen sein dürfte, dass ziff. 2 des Tenors entfällt. Die Einzelrichterin hatte übersehen, dass aufgrund des Erfolgs der Beschwerde beim LG keine Verfahrenskosten anfallen und war irrtümlich davon ausgegangen, dass die Schuldnerin ihre Rechtsanwaltskosten für das Beschwerdeverfahren ggf. erstattet bekommt. Dies dürfte jedoch eine falsche Annahme sei: Die außergerichtl. Kosten des Beschwerdeverfahrens dürften zur Vertretung des Inso-Verfahrens gehören, also zu den Kosten, über die in Ziff. 1 des Tenors entschieden worden ist und die am AG abzuwickeln sind. Die Entscheidung unter Ziff. 2 wäre damit obsolet.

Schon klar, also das LG vertritt nun die Auffassung, dass die Kosten über das Beschwerdeverf. zu den Kosten der Vertretung vor dem Inso-Verfahren gehören dürften.

Schaue ich in die Vorschrift gem. § 23 Abs. 2 RVG sagt diese folgendes:
(2) In Beschwerdeverfahren, in denen Gerichtsgebühren unabhängig vom Ausgang des Verfahrens nicht erhoben werden oder sich nicht nach dem Wert richten, ist der Wert unter Berücksichtigung des Interesses des Beschwerdeführers nach Absatz 3 Satz 2 zu bestimmen, soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt. Der Gegenstandswert ist durch den Wert des zugrunde liegenden Verfahrens begrenzt. In Verfahren über eine Erinnerung oder eine Rüge wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs richtet sich der Wert nach den für Beschwerdeverfahren geltenden Vorschriften.
Die Fundstelle zielt offenbar auf den angewendeten Beschwerdewert ab.


Nun zu den Fragen:


1. Ich finde es absolut eigentümlich, dass dem LG nach fast 2 Monaten auffällt, dass da keine Beschwerdekosten entstanden sein sollen. Findet ihr die Begründung nachvollziehbar? Ich habe mir den Hinweis mindestens 50 mal durchgelesen und ich verstehe ihn komplett null, wie auch der RA den Hinweis komplett gar nicht versteht.

2. Hattet ihr schon mal einen ähnlichen Fall? Mir fällt nämlich gar nichts ein, was ich dem LG entgegnen kann. Ich finde es vollkommen abstrus, dass wenn man das Beschwerdeverfahren anführt, und der Beschwerde auch noch abgeholfen wird, schließlich die Beschwerdekosten gar nicht entstanden sein sollen? Oder ist dies möglicherweise eine Besonderheit des Inso-Rechts hinsichtl. den Kosten?


Wäre nett, wenn ihr mir irgendeinen Brotkrümel auf die Erde streuen könntet. Ich weiß einfach gar nicht, wo ich hier ansetzen soll. Wäre echt lieb und danke vorab für das Lesen.

:thx
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paralegal6
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#2

22.01.2023, 11:19

Was ist den Ziffer 1 und 2 des Tenors?
Und welche Paragraphen habt ihr abgerechnet?
Habt ihr noch ne Frist zur Stellungnahme zur geplanten Berichtigung?
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#3

25.01.2023, 13:24

paralegal6 hat geschrieben:
22.01.2023, 11:19
Was ist den Ziffer 1 und 2 des Tenors?
Und welche Paragraphen habt ihr abgerechnet?
Habt ihr noch ne Frist zur Stellungnahme zur geplanten Berichtigung?

1. Die Ziffern 1 und 2 des Tenors lauten wie folgt:

1. Auf die sofortige Beschwerde der Schuldnerin wird der Beschluss des Amtsgerichts X vom 01.01.2000, Az., zu Ziffer 1 des Tenors abgeändert:
Der antragstellende Gläubiger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

2. Der antragstellende Gläubiger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.


2. Die nachstehenden Gebühren habe ich im Wege der Kostenfestsetzung beantragt, gem. § 104 ZPO festzusetzen:

Gegenstandswert: 335.000,00 €
0,5 Verfahrensgebühr für Verfahren über Beschwerde / Erinnerung
§ 13 RVG, Nr. 3500 VV RVG 1.439,50 €
Pauschale für Post und Telekommunikation Nr. 7002 VV RVG 20,00 €
Zwischensumme netto 1.459,50 €
Gesamtsumme dieser Rechnung 1.459,50 €


Bis heute haben wir Zeit, den KfA entsprechend zu korrigieren.
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#4

25.01.2023, 16:10

Also wenn sonst niemand keine Idee hat, muss ich wohl oder übel eine Fristverlängerung beantragen :(
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#5

25.01.2023, 16:27

Gib mir ne Minute
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#6

25.01.2023, 16:37

Also....ohne dazu jetzt auf die Schnelle etwas zu finden und ohne den Fall selbst schon einmal gehabt zu haben: meiner Meinung nach handelt es sich vorliegend um eine Beschwerde gegen die Kostengrundentscheidung. Hierfür fällt eine 0,5 Gebühr nach Nr. 3500 VV RVG an. Ob Dein Streitwert richtig ist, kann ich nicht beurteilen; der Streitwert dürfte sich nämlich insoweit lediglich auf die Kosten des Insolvenzverfahrens belaufen.

Ich würde so mal argumentieren und mich auf § 99 Abs. 2 ZPO berufen, der hier wohl (Rücknahme des Antrags, anstatt - wie im zitierten Paragraphen angegeben: Anerkenntnis) analog anzuwenden sein dürfte.
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#7

25.01.2023, 16:40

Anahid hat geschrieben:
25.01.2023, 16:37
Also....ohne dazu jetzt auf die Schnelle etwas zu finden und ohne den Fall selbst schon einmal gehabt zu haben: meiner Meinung nach handelt es sich vorliegend um eine Beschwerde gegen die Kostengrundentscheidung. Hierfür fällt eine 0,5 Gebühr nach Nr. 3500 VV RVG an. Ob Dein Streitwert richtig ist, kann ich nicht beurteilen; der Streitwert dürfte sich nämlich insoweit lediglich auf die Kosten des Insolvenzverfahrens belaufen.

Ich würde so mal argumentieren und mich auf § 99 Abs. 2 ZPO berufen, der hier wohl (Rücknahme des Antrags, anstatt - wie im zitierten Paragraphen angegeben: Anerkenntnis) analog anzuwenden sein dürfte.
Perfekt, danke. so werde ich's machen. Großes Herz :thx
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