Quotenvorrecht?!

Fragen rund um die neuen Rechtsanwaltsgebühren nach RVG ab 01.08.2013
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Crydea
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#1

04.06.2020, 15:24

Hallo ihr Lieben,

ich stehe gerade beim Thema Quotenvorrecht ein wenig auf dem Schlauch und hoffe, hier kann mir jemand weiterhelfen. Ich habe natürlich viel zu der Thematik gefunden, aber leider nichts, was zu meiner Konstellation passt :-?

Also

Beklagter muss aus Urteil an Mandant zahlen, unter anderem auch vorgerichtliche Anwaltskosten. Da die Klage zum Teil abgewiesen wurde, sind die Kostenquoten etwa 75% Kläger und zu 25% Beklagter. Daher ergibt sich aus dem KFB ein Erstattungsanspruch zu Gunsten des Beklagten.

Nun hat der Beklagte Zahlung auf Urteil geleistet. Bevor ich Zahlung an die RSV erstatte, würde ich zunächst die Selbstbeteiligung an den Mandanten erstatten und den Rest an die RSV weiterleiten.

Nun bereitet mir aber Probleme, dass die RSV auf den zu erwartenden KFB Zahlung an die Gegenseite in nicht allzu ferner Zukunft leisten müssen wird.

Also wie seht ihr das, nehme ich aus der Zahlung auf die vorgerichtlichen Kosten die SB für den Mandanten raus, oder geht die volle Summe an die RSV?

Das Problem, welches ich derzeit sehe (weil ich es aber auch nicht besser weiss) ist, dass die RSV die SB vom Mandanten wieder verlangen könnte, sobald die RSV Zahlung auf den KFB an die Gegenseite leisten muss?!

Ich hoffe, ihr versteht mein Problem, und vielleicht kann mir jemand helfen =)

Lg
Cry
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Anahid
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#2

04.06.2020, 16:03

Eine Selbstbeteiligung fällt immer voll ins Quotenvorrecht. Nur bei Reisekosten musst Du ggf. rechnen bei Kostenquotelung.
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Crydea
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#3

04.06.2020, 16:17

Danke für deine Antwort Anahid!

Also immer, wenn ich von der Gegenseite Zahlungen erhalte, welche an die RSV weiterzuleiten sind, kann ich hier zunächst einmal aufgrund Quotenvorrecht die Selbstbeteiligung rausziehen, auch wenn zu einem späteren Zeitpunkt zu erwarten ist, dass die RSV in der Sache noch Kosten an die Gegenseite erstatten muss?

Hast du da gerade irgendwelche Links zur Hand? Ich habe wirklich nur Beiträge gefunden, welche sich rein mit Kostenfestsetzungsbeschlüssen befassen, oder Artikel, welche ich, ehrlich gesagt, nicht so ganz richtig verstanden habe :oops:
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#4

04.06.2020, 16:53

AG Köln, Urteil vom 05. Juli 2006 – 137 C 157/06 –, juris

Das Quotenvorrecht des Versicherungsnehmers nach § 67 Abs. 1 Satz 2 VVG gilt auch für die Rechtsschutzversicherung, denn auch sie ist eine von § 67 VVG vorausgesetzte Schadensversicherung. Dies hat zur Folge, dass der Versicherungsnehmer von der Kostenerstattung des Gegners zunächst die Schadenspositionen, die von der Rechtsschutzversicherung nicht gedeckt sind, d.h. insbesondere die Selbstbeteiligung sowie Fahrtkosten, Abwesenheitsgeld ect. bedienen darf, und nur der verbleibende Rest auf den Rechtsschutzversicherer übergeht. Die Vereinbarung eines Selbstbehalts im Versicherungsvertrag kann wegen § 68a VVG nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers in der Weise ausgelegt werden, dass das gesetzliche Quotenvorrecht nach § 67 Abs. 1 VVG in Höhe der Selbstbeteiligung nicht eingreift, und insoweit eine Quote zu Lasten des Versicherungsnehmers zu bilden ist, wonach die Erstattung im Verhältnis des versicherten und des nicht versicherten Anteils aufzuteilen ist (Rn.15)(Rn.16)(Rn.17).

Aus den Urteilsgründen:

Nach Auffassung des Gerichts ist auch keine Quote dahingehend zu bilden, wonach die Erstattung im Verhältnis des versicherten und des nicht versicherten Anteils aufzuteilen ist. Durch die Vereinbarung einer Selbstbeteiligung wird der Versicherungsschutz nicht für einen bestimmten Teil, also z.B. Interessenwahrnehmung auf einem bestimmten Rechtsgebiet, ausgeschlossen, sondern es wird durch die Selbstbeteiligung vereinbart, dass bei Durchsetzung eines versicherten Anspruchs der Versicherungsnehmer die Kosten in Höhe der Selbstbeteiligung - sofern die Rechtsschutzversicherung vollumfänglich eintrittspflichtig ist - nicht ersetzt verlangen kann. Dies ändert jedoch nichts an dem Umstand, dass der geltend gemachte Anspruch mitversichert war.

Fahrtkosten und Abwesenheitsgelder sind grundsätzlich nicht von der Rechtsschutzversicherung gedeckt.

Eine Selbstbeteiligung heißt aber ja: Von den Verfahrenskosten, die grundsätzlich in voller Höhe durch den Rechtsschutzversicherer gedeckt sind, wird ein Betrag in Höhe von x € durch den Versicherungsnehmer als Selbstbeteiligung gezahlt. Und eben weil damit die Selbstbeteiligung vom Versicherungsvertrag umfasst ist, unterfällt sie vollständig dem Quotenvorrecht.

Vielleicht hast Du ja die Möglichkeit, Dir dieses Urteil aufzurufen.
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