Außergerichtlicher Vergleich

Fragen rund um die neuen Rechtsanwaltsgebühren nach RVG ab 01.08.2013
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Galaxy
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#1

30.04.2020, 10:50

Hallo zusammen,

am besten schildre ich zunächst den Sachverhalt:

In einer erbrechtlichen Angelegenheit haben wir nach langem Hin-und-Her einen außergerichtlichen Vergleich geschlossen, wonach die Erbin an die Pflichtteilsberechtigten (unsere Mandanten) jeweils 66.250,00 € bis zum 17.04.2020 zahlt; Kosten trägt jede Partei selbst. Damit war unsere Tätigkeit beendet.

Nachdem die Frist ergebnislos verstrichen ist, haben uns die Mandanten mit der Zahlungsaufforderung und ggf. Beitreibung beauftragt.

Jetzt stellt sich die Frage der Gebühren. Hätten wir lediglich den Auftrag erhalten, die Forderung aus dem Vergleich geltend zu machen, würde zweifelsfrei eine 1,3 Gebühr anfallen, die aus Verzugsgesichtspunkten von der Gegenseite zu erstatten wäre. Richtig - oder?

Der gegnerische Anwalt vertritt nun aber die Ansicht, diese Gebühr falle nicht an, da kein neuer Auftrag vorliege.
:streit

Gibt es hierzu Rechtsprechung bzw. hat jemand Erfahrung hiermit?
118

Die weitere Frage: Im gleichen Verfahren hat die Gegenseite nun - nach unserer Zahlungsaufforderung - mitgeteilt, dass aus verschiedenen Gründen die Zahlungsfrist nicht eingehalten werden kann (hier sei angemerkt, dass die Streitigkeit seit 2018 besteht und unstreitig war, dass Gelder zu zahlen sein werden). Eine erste Teilzahlung solle sofort, die zweite Zahlung nach Kaufpreisfälligkeit einer zu verkaufenden Wohnung (wann???) erfolgen. Ich möchte jetzt eine Teilzahlungsvereinbarung schließen, die Forderung verzinsen, 1,3 Geschäftsgebühr + 1,5 Einigungsgebühr hierfür geltend machen. Gibt es auch hierzu Erfahrungswerte?

Ich beabsichtige im Übrigen nicht, für die Zahlungsauffrorderung und die Teilzahlungsvereinbarung jeweils die Geschäftsgebühr von der Gegenseite zu fordern, hier sehe ich in der Tat einen Auftrag :lol:

Puh, ich danke auf jeden Fall mal jetzt schon für jede Rückmeldung - habe mich bereits im Internet „doof gesucht“. :hilfe

LG
Galaxy :thx
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AliceImWunderland
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#2

30.04.2020, 11:35

Also für die Zahlungsaufforderung steht euch eine 0,3 Gebühr nach Nr. 3309 RVG.
Teilzahlungsvereinbarung wüsste ich nicht, warum hier eine Geschäftsgebühr entstehen soll. Ich sehe hier nur eine Einigungsgebühr. Die "Geschäftsgebühr" für die Teilzahlungsvereinbarung ist meiner Meinung nach mit der Gebühr gem. Nr. 3309 abgegolten.
Man beachte auch den verminderten Gegenstandswert für die Teilzahlungsvereinbarung:

https://www.haufe.de/recht/deutsches-an ... 64760.html
Warum ist am Ende des Geldes noch so viel Monat übrig?!

Ich habe kein Whatsapp und ich werde auch keins bekommen. Ich stehe auf Datenschutz und bin voll Threema.
:naegel
Dwaorin
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#3

06.10.2022, 15:50

Hallo zusammen,

ich hänge mich mal an diesem Thema ran, weil ich eine ähnliche Ausgangslage habe, nur auf der anderen Seite sitze.

Es ist ein Anwaltsvergleich geschlossen worden, der nicht tituliert ist. Die Zahlungsfrist konnte unser Mandant nicht einhalten, worauf der bereits zuvor eingeschaltete und mandatierte Rechtsanwalt, mit dem dieser Vergleich ausgehandelt wurde, eine Zahlungsaufforderung übersandte und nun eine Geschäftsgebühr aus dem Betrag von 188.000 € fordert, also aus dem Betrag den unser Mandant hätte zahlen müssen.


Da hier kein titulierter Anspruch besteht, kann m. E. nicht die 0,3 Gebühr nach Nr. 3309 VV RVG entstehen.
Soweit ich das beurteile, sind wir weiterhin im Teil 2 des VV RVG unterwegs. Die Frage die sich uns stellt, ist die, ob hier nach Abschluss des Anwaltsvergleichs und Verstreichen der Zahlungsfrist für den bereits beauftragten Rechtsanwalt eine "weitere" Geschäftsgebühr entsteht oder ob hier nicht gem. § 15 Abs. 1 und 2 RVG dieselbe Angelegenheit besteht und die Zahlungsaufforderung zur "gesamten Tätigkeit des Rechtsanwalts vom Auftrag bis zur Erledigung der Angelegenheit" gehört.

Bin gespannt, ob hier jemand Näheres weiß.

Viele Grüße!
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Adora Belle
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#4

06.10.2022, 16:25

Ist es ein Anwaltsvergleich oder nennst Du es nur Anwaltsvergleich?

Der Gag am Anwaltsvergleich ist ja gerade, dass es ein vollstreckbarer Titel ist, bzw. werden kann, vgl. §796a ZPO. Wenn sich der Schuldner also im Vergleich der sofortigen Vollstreckung unterworfen hatte, dann mag die 3309 entstanden sein. Eine weitere 2300 kann allerdings für den bereits vorher tätigen RA nicht entstehen, wie Du richtig ausgeführt hast.
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#5

06.10.2022, 17:00

Vielen Dank und Pardon. Es ist "nur" ein außergerichtlicher Vergleich. Es gibt keinen Titel aus dem vollstreckt werden könnte.
Der Einfachheit halber verweise ich auf § 15 RVG und sage es handelt sich um dieselbe Angelegenheit und es gibt keinen Gebührentatbestand, die beim vorher beauftragten Rechtsanwalt für die Zahlungsaufforderung eine weitere Geschäftsgebühr entstehen lässt, richtig?

Gibt es dazu etwas in der Literatur bzw. Rechtsprechung?
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Adora Belle
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#6

06.10.2022, 17:35

Der RA denkt vllt an Erstattungsfähigkeit wegen Verzug, aber das greift ja hier nicht, denn die GG ist vorher schon entstanden. Die wird dann auch nicht nachträglich erstattungsfähig, der Verzug muss schon bei Beauftragung vorgelegen haben.

Auf die Schnelle fällt mir nur OLG Frankfurt am Main, 23.01.2017 – 3 U 139/15 in die Hände.
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