Vergleichsabschluss - Kosten Streitverkündeter nicht geregelt

Fragen rund um die neuen Rechtsanwaltsgebühren nach RVG ab 01.08.2013
Antworten
Pitt
...ist hier unabkömmlich !
Beiträge: 3281
Registriert: 12.07.2012, 10:15
Beruf: RA-Fachangestellte
Software: Phantasy (DATEV)

#1

10.04.2019, 16:06

Habe hier eine Sache, bei der Chef und ich unterschiedlicher Ansicht sind. Hier der Fall, den ich mal in die Gebührenexpertenrunde werfe und hoffe, dass jemand Licht ins Dunkel bringt:
Kläger und Beklagter schließen einen Vergleich, in dem zu den Kosten Folgendes geregelt ist: Jede Partei trägt ihre Kosten selbst. Die Gerichtskosten werden hälftig geteilt. Bei den Sachverständigenkosten wurde ein fester Betrag X vereinbart, der allein von der Beklagten zu tragen ist und der darüber hinausgehende Betrag wird wiederum hälftig geteilt. So nun das Problem: Auf Seiten der Beklagten gibt es einen Streitverkündeten. Dieser war nicht in die Vergleichsverhandlungen und den Abschluss eingebunden. Zu dessen Kosten schweigt sich der Vergleichsbeschluss aus. Nun hat dessen RA beantragt, die Kosten des Streitverkündeten dem Kläger aufzuerlegen. Chef meint, da könne man nichts machen. Ich meine, dass es da unter anderem im Jahr 2003 eine Entscheidung des BGH gab (Az. II ZB 15/02), wonach sich die Kostenentscheidung des Streitverkündeten an der zwischen den "Hauptparteien" vereinbarten Kostenregelung zu orientieren hat. Im vorliegenden Fall wäre also im Zweifelsfall im Wege der Auslegung zu klären, ob hier eine gegenseitige Kostenaufhebung vorliegt (bei den SV-Kosten haut das ja nicht hin). Außerdem richtet sich der Streitwert für die Berechnung der Kosten des Streitverkündeten soweit ich weiß nach dem Interesse des Streitverkündeten und nicht nach dem vollen Streitwert der Klage. Im vorliegenden Fall geht es um einen Bauprozess und der Streitverkündete, der auf Seiten der Beklagten beigetreten ist, war deren baubeaufsichtigender Architekt.
Was meint Ihr? Kann der Streitverkündete hier seine Kosten in voller Höhe (evtl. sogar nach dem Wert der Klageforderung) gg. den Kläger geltend machen oder bleibt der Streitverkündete auf seinen Kosten sitzen?
Benutzeravatar
Ciara
...ist hier unabkömmlich !
Beiträge: 7653
Registriert: 09.02.2007, 22:50
Beruf: gepr. Rechtsfachwirtin
Software: RA-Micro
Wohnort: Hamburg

#2

10.04.2019, 16:12

Ich hatte vor einiger Zeit auch so einen Fall, da waren wir Streitverkündete und die Hauptparteien hatten einen Vergleich geschlossen. Auch ich hatte herausgefunden (habe das aber leider grad nicht zur Hand), dass der Streitverkündete zwar selbst noch einen Kostenantrag stellen kann, wenn seine Kosten nicht geregelt sind, sich diese aber tatsächlich an der Kostenregelung der Hauptparteien orientieren muss bzw. nicht davon abweichen darf. Hast du mal im Zöller geschaut? Ich meine da hatte ich was gefunden.
Wer Dag for Dag sin Arbeit deit und jümmers op sin Posten steiht, und deit dat got und deit dat gern, der darf sich ok mal amüseern
Pitt
...ist hier unabkömmlich !
Beiträge: 3281
Registriert: 12.07.2012, 10:15
Beruf: RA-Fachangestellte
Software: Phantasy (DATEV)

#3

10.04.2019, 16:41

Danke für die schnelle Rückmeldung! Ich habe nachgeschaut und in der Kommentierung zu § 101 ZPO findet sich etwas. Danach hat der Streitverkündete in Fällen wie diesem hier zwar einen Anspruch auf eine eigenständige Kostenentscheidung, wobei die Kostenparallelität zu berücksichtigen ist, d. h. es kann keine von den zwischen den Hauptparteien abweichende Kostenentscheidung getroffen werden. Tja, dann muss ich mich jetzt noch mal schlau machen, ob man die hier getroffene Kostenregelung als Kostenaufhebung ansehen kann und wie es mit dem Streitwert für den Streitverkündeten aussieht.
Benutzeravatar
Ciara
...ist hier unabkömmlich !
Beiträge: 7653
Registriert: 09.02.2007, 22:50
Beruf: gepr. Rechtsfachwirtin
Software: RA-Micro
Wohnort: Hamburg

#4

10.04.2019, 16:45

Der Streitwert des Verfahrens dürfte ja auch für den Streitverkündeten bindend sein. Warum sollte für diesen ein anderer Streitwert gelten?
Wer Dag for Dag sin Arbeit deit und jümmers op sin Posten steiht, und deit dat got und deit dat gern, der darf sich ok mal amüseern
Benutzeravatar
Ciara
...ist hier unabkömmlich !
Beiträge: 7653
Registriert: 09.02.2007, 22:50
Beruf: gepr. Rechtsfachwirtin
Software: RA-Micro
Wohnort: Hamburg

#5

10.04.2019, 16:49

Zum Streitwert habe ich Folgendes gefunden:

https://www.iww.de/rvgprof/streitwertec ... igt-f69071

Da gilt für den Streitverkündeten nur ein anderer Streitwert, wenn sich sein Interesse "lediglich auf einen abgrenzbaren Teil des Rechtsstreits in der Hauptsache" bezieht.

Ansonsten
Der BGH hat 1959 entschieden, dass jedenfalls für den Fall, dass der Streithelfer sich den Anträgen der Hauptpartei angeschlossen hat, der Hauptsachestreitwert gilt
Wer Dag for Dag sin Arbeit deit und jümmers op sin Posten steiht, und deit dat got und deit dat gern, der darf sich ok mal amüseern
Pitt
...ist hier unabkömmlich !
Beiträge: 3281
Registriert: 12.07.2012, 10:15
Beruf: RA-Fachangestellte
Software: Phantasy (DATEV)

#6

11.04.2019, 07:44

Danke Ciara! Du hast mir sehr geholfen. :huepf
In der NJW 13/2019 ist auf S. 943 auch noch ein Beitrag zu diesem Thema (Beschluss des OLG Karlsruhe v. 23.11.2018 zum Az. 6 W 73/18 mit Anmerkungen des RiOLG Dr. Wendtland, Berlin).
Antworten