2 separate Rechnungen, wenn Schuldner nicht Gesamtgläubiger sind?

Fragen rund um die neuen Rechtsanwaltsgebühren nach RVG ab 01.08.2013
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Rehlein39
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#1

09.11.2018, 14:46

Hallo Ihr Lieben,

bin mir mit Chef uneinig bei einer Abrechnung. Es geht um eine WEG: Eigentümer A verklagt Eigentümer B und C (unsere Mandanten) mit einer Klage auf Zahlung von jeweils 1.000,00 € wegen eines zerbrochenen Fensters.
Er verklagt sie nicht als Gesamtschuldner! Gericht gibt ihm (teilweise) Recht und setzt Streitwert auf 2.000,00 € fest. Habe jetzt eine Abrechnung an beide Mandanten gemacht (mit Erhöhungsgebühr).
Chef meint aber, ich kann für jeden Mandanten eine Rechnung machen, da es zwar um dasselbe Fenster geht (gleicher Streitgegenstand) aber das Gericht ja von zwei unterschiedlichen Werten ausgegangen ist (je 1.000,00 €) und diese zusammengezogen hat. Daher kann man dann wohl an jeden Mandanten eine Rechnung machen (dann ja ohne Erhöhung).
Hatte ich noch nie - kann Chef Recht haben?

LG Rehlein
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Rehlein39
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#2

12.11.2018, 09:30

Hilfe!! Hat keiner eine Idee??

das verzweifelte Rehlein
Feldhamster
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#3

12.11.2018, 10:45

Ich habe im Gerold, 22. Auflage unter VV 1008 Rn 297, 298 was gefunden, aber (noch) nicht ganz verstanden:

Aus dem erhöhten Gegenstandswert fallen die Gebühren nur 1x an. Jeder Mandant haftet nur für die nach dem Einzelwert des Auftrags berechneten Gebühren. Da der RA seine Gebühren nciht getrennt, sondern nur 1x nach dem Gesamtwert berechnen darf, muss eine doppelte Berechnung erfolgen. Zu berechnen sind einerseits der dem RA zustehende Gesamtbetrag und andererseits diejenigen Gebühren und Auslagen, die für jeden Mandanten bei getrennter Ausführung der Aufträge entstanden wären.
Dann folgt ein Beispiel im Gerold.

Hilft dir das?
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Rehlein39
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#4

12.11.2018, 11:03

Danke! Ich lese das nochmal nach - vielleicht verstehe ich es dann..
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Tigerle
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#5

12.11.2018, 11:20

Da keine Gesamtgläubiger, wird der Streitwert zusammengerechnet. Dann erhälst Du aber natürlich keine Erhöhungsgebühr.

Du erstellst jetzt eine Rechnung mit den Gebühren aus dem Streitwert von 2.000,00 EUR (ohne Erhöhungsgebühr). Jeder der Mandanten muss daraus 1/2 zahlen. Sollte einer nicht zahlen, muss aber nicht der andere die komplette Rechnung tragen, sondern nur soviel wie er hätte zahlen müssen, wenn Du die Gebühren nur aus dem ihn betreffenden Teil(hier also je 1.000,00 EUR) berechnet hättest. Also beispielhaft:

Gesamtrechnung lautet aus Streitwert 2000,00 EUR
1,3 Verfahren 195,00 EUR
Auslagenp. 20,00 EUR
Zwischensumme 215,00 EUR
19 % MwSt. 40,85 EUR
Gesamtbetrag 255,85 EUR

davon 1/2 = 127,93 EUR


Jeder Mandant haftet aber maximal für
Gegenstandswert 1000,00 EUR

1,3 Verfahren 104,00 EUR
Auslagenp. 20,00 EUR
19% Mehrwertsteuer 23,56 EUR
Gesamtbetrag 147,56 EUR

D.h. wenn einer nicht bezahlt, bekommt Ihr von dem anderen insgeamt maximal 147,56 EUR (= hälftiger Betrag 127,93 EUR + zusätzlicher Haftungsbetrag (147,56 -127,93 =) 19,63 EUR )
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#6

12.11.2018, 11:40

:thx Tigerle - jetzt hab ich es verstanden - werde aber Chef jetzt enttäuschen müssen, er dachte ja, er kann 2 x abrechnen..

Rehlein
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