Einigung in 2. Instanz über Ansprüche 1. Instanz

Fragen rund um die neuen Rechtsanwaltsgebühren nach RVG ab 01.08.2013
Feldhamster
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#11

24.10.2018, 16:19

Bei der RSV musst du die GG immer anrechnen in der Kostenrechnung über die Gebühren für das gerichtliche Verfahren.
Im Kfa nicht, da sie nicht tituliert ist.

Stelle doch hier bitte mal für die II. Instanz die andere Methode aus dem RVG für Anfänger rein. Ich habe das Buch nicht.
Maija
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#12

24.10.2018, 20:30

Hallo Feldhamster,

vielen Dank, dass Du Dich meines Problems annimmst. Ich schreib Dir das Beispiel mal genauso ab, wie es im RVG für Anfänger steht:

Zwischen den Parteien A u. B ist beim LG Stuttgart ein Berufungsverfahren anhängig unter dem AZ: 6 S 128/15, GW: 3.800,00 €. Zwischen denselben Parteien ist beim AG Stuttgart ein weiterer Rechtsstreit über 2.500,00 € anhängig unter dem AZ: 142 C 3056/15. In dem Berufungsverfahren verglichen sich die Parteien im Verhandlungstermin zur Abgeltung aller Ansprüche und zur Erledigung beider Rechtsstreite. Im Berufungsverfahren haben beide RAe beantragt, die Einigung zu Protokoll zu nehmen. Vorher wurde im Termin vor der Berufungskammer eine Besprechung zur Erledigung der in dem beim AG anderweitig anhängigen Ansprüche geführt. Daraufhin wurde der Vergleich protokolliert. Vor dem AG Stuttgart hatte auch bereits eine streitige Verhandlung stattgefunden.

II. Instanz
1,6 VG aus 3.800,00
1,1 VG aus 2.500,00
Abgleich gem. § 15 RVG
1,2 TG aus 6.300,00
1,3 EG aus 3.800,00
1,0 EG aus 2.500,00
Abgleich gem. § 15 RVG

I. Instanz
1,3 VG aus 2.500,00 261,30
Hierauf anzurechnen nach Anm. zu Nr. 3201 RVG von der
Verfahrensgebühr aus Verfahren 6 S 128/25 die 1,1 VG aus 2.500,00 - 221,10

verbleibt eine VG i. H. v. 40,20

1,2 TG aus 2.500,00 241,20
Hierauf anzurechnen nach Abs. 1 d. Anm. zu Nr. 3202
iVm Abs. 2 d. Anm. zu Nr. 3104 RVG:
1,2 TG aus 6.300,00 486,00
abzgl. 1,2 TG aus 3.800,00 302,40

Diese Differenz von 183,60 ist anzurechnen - 183,60

so dass von der Terminsgebühr verbleiben 57,60


Ich weiß jetzt wie gesagt nicht, ob diese Version die richtige Abrechnung ist, oder die, die ich gestern geschrieben habe. So wie ich gestern die Abrechnung gemacht habe, hat es mir mal ein Rechtspfleger im Rahmen einer VKH-Abrechnung gesagt, damals war es eine Familiensache (alles in 1. Instanz anhängig), bei der im Hauptverfahren diverse anderweitig anhängige Familiensachen mitverglichen wurden. Ich hab damals die 1,3 VG aus dem Hauptverfahren genommen und die 0,8 VG aus den anderweitig anhängigen Verfahren usw., dann hat mich der Rechtspfleger darauf aufmerksam gemacht, dass man die 0,8 VG nur bei nicht anhängigen Ansprüchen bekommt aber nicht bei anderweitig anhängigen Verfahren und hat mir die Abrechnung so gesagt, wie eben in meiner gestrigen Nachricht mitgeteilt. Und jetzt bin ich total verwirrt und mit logisch Denken ist auch nix mehr.
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#13

24.10.2018, 21:53

Das ist wirklich nicht so einfach. Darüber muss ich auch mal in Ruhe nachdenken. Herr Enders weiß eigentlich, wovon er redet bzw schreibt. Ich war letztens noch in einem Seminar bei ihm.

Was mich irritiert ist der Gesetzestext zu Nr. 3201 Abs. 1 Nr. 2: "...in DIESEM Verfahren nicht rechtshängig gewordene Ansprüche...."
Die Widerklage ist ja rechtshängig, nur in einer anderen Instanz, aber in demselben Verfahren. Ich schau morgen in der Kanzlei mal, ob der Gerold was zu der Frage hat.

Wobei mir gerade auffällt, in dem Fall aus dem RVG für Anfänger waren es zwei unterschiedliche Verfahren, also ist dort die Lösung richtig. Du hast aber eine andere Konstellation...
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#14

25.10.2018, 08:59

Ja, das ist in der Tat wirklich nicht einfach. Ich bin total aufgeschmissen, weil ich überhaupt nicht weiß, wie es richtig wird. Ich kann mich nur nochmals bei Dir für Deine bisherige und weitere Hilfe bedanken. Ja, vielleicht gibt der Gerold was her, den hab ICH leider nicht.
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#15

25.10.2018, 09:23

Sicher, dass die EG in der II. Instanz aus den 2.500,00 € nach 1000 VV RVG abgerechnet wird? Dieser Anspruch ist doch in der I. Instanz anhängig.?
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#16

25.10.2018, 09:38

Liesel hat geschrieben:
25.10.2018, 09:23
Sicher, dass die EG in der II. Instanz aus den 2.500,00 € nach 1000 VV RVG abgerechnet wird? Dieser Anspruch ist doch in der I. Instanz anhängig.?
Für Liesel:
Das war der Fall aus dem "RVG für Anfänger". Ich hatte Maija darum gebeten, um beide Abrechnungsvarianten zu sehen.
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#17

25.10.2018, 10:59

Hallo Maija,

wenn ich deine Schilderung richtig verstanden habe, ist über die Klageforderung von € 826,00 durch Teilurteil entschieden worden und über die Widerklage von € 7.942,00 hat das AG nicht entschieden.
Ein Teilurteil beendet die Instanz, soweit seine Wirkung reicht (Gerold, § 8 Rn 21).

Somit wurde über € 826,00 durch das Teilurteil entschieden und die Widerklage mit € 7.942,00 ist weiterhin beim AG anhängig.

Das Berufungsverfahren konnte daher auch nur über das Teilurteil von € 826,00 geführt werden.

Somit ist für die erste Instanz nach dem festgesetzten Streitwert von € 8.768 die 1,3 VG und 1,2 TG entstanden. Wobei du die 1,3 GG bei der Abrechnung mit der RSV anrechnen musst, im Kfa hingegen nicht, da die GG nicht tituliert ist.
Bis dahin dürften wir uns einig sein.

Für die zweite Instanz bin ich der Meinung, dass – so wie du vorgeschlagen hast – folgende Gebühren entstanden sind:
1,6 VG aus 826 €
1,2 TG aus 826 €
1,3 EG aus 826 €
1,0 EG aus 7942 €
betreffend die EG mit Anrechnung nach 15 RVG

Meine Meinung begründe ich damit, dass mE durch die Berufung kein neues Verfahren entsteht, sondern nur eine neue Instanz. Im Gesetzestext VV 3201 Abs. 1 Nr. 2 heißt es „…soweit Verhandlungen vor Gericht zur Einigung der Parteien…über in DIESEM Verfahren nicht rechtshängige Ansprüche geführt werden…“
In deinem Fall sind jedoch die Ansprüche mE in diesem Verfahren rechtshängig, nur noch in anderer Instanz. Ihr habt zwar in dem Berufungsverfahren über den Betrag von 7.942,00 der Widerklage mit verhandelt, jedoch ist diese Tätigkeit mE von den Gebühren der ersten Instanz mit umfasst. Hätte in der ersten Instanz für die Widerklage ein zweiter Termin stattgefunden, wäre auch keine neue TG entstanden, sondern es wäre bei der angefallenen TG der ersten Instanz geblieben.

Das vorstehende ist meine Ansicht, wie ich abrechnen würde. Vielleicht mögen das andere Menschen anders sehen.
Sämtliche Beispiele und Kommentierung, die ich gefunden habe, in denen das Entstehen der 3201 VG und TG nach dem höheren Streitwert berechnet wird, beziehen sich immer auf zwei getrennte Verfahren, die zwischen den Parteien anhängig sind. Ich habe kein Beispiel gefunden, wie bei dir, bei dem nur ein Verfahren anhängig ist, das lediglich durch Teilurteil in zwei Instanzen aufgeteilt wird.

Ich hoffe, du verstehst meine Erklärung.
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#18

25.10.2018, 13:03

Feldhamster hat geschrieben:
25.10.2018, 09:38
Liesel hat geschrieben:
25.10.2018, 09:23
Sicher, dass die EG in der II. Instanz aus den 2.500,00 € nach 1000 VV RVG abgerechnet wird? Dieser Anspruch ist doch in der I. Instanz anhängig.?
Für Liesel:
Das war der Fall aus dem "RVG für Anfänger". Ich hatte Maija darum gebeten, um beide Abrechnungsvarianten zu sehen.
Man sollte richtig lesen. :patsch

Quatsch, was ich geschrieben habe. Die EG wurde ja nach 1003 VV RVG berechnet.
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#19

04.11.2018, 20:27

Hallo Feldhamster, :wink1

vielen Dank fűr deine ausfűhrliche Erläuterung! Entschuldige, dass ich mich erst jetzt wieder melde, aber mich hatte eine fette Erkältung außer Gefecht gesetzt. Deine Erklärung versteh ich und ist fűr mich auch nachvollziehbar, muss aber gestehen, dass ich da selbst nie im Leben drauf gekommen wäre. Als Rechtsfachwirtin hast du da eben eindeutig mehr Ahnung. Dann werde ich das Ganze jetzt mal aufs Papier bringen.

Vielen lieben Dank fűr deine Hilfe!!! :yeah :thx
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#20

04.11.2018, 21:46

Gern geschehen
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