Fiktive Informationskostenpauschale

Fragen rund um die neuen Rechtsanwaltsgebühren nach RVG ab 01.08.2013
Lilalisa
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#1

17.08.2017, 12:54

Hallöchen,

ich habe folgendes Problem:

wir haben einen Kostenfestsetzungsantrag der Gegenseite vom Gericht erhalten mit der Bitte um Stellungnahme innerhalb von 2 Wochen.
Soweit befinde ich den Antrag für richtig, jedoch hat die Gegenseite eine fiktive Informationskostenpauschale i.H.v. 25 € aufgeführt. Allerdings habe ich von so einer Pauschale bis jetzt noch nie etwas gehört geschweige denn dazu etwas in Gesetzen, Kommentaren etc. finden können.
Die Antragstellerin beauftragte am Prozessgericht ansässige Kollegen mit der Wahrnehmung der Interessen und für das Informieren dieser über die Rechtslage usw. möchte sie die fiktiven Informationskosten erstattet haben.


Kann mir von euch vielleicht jemand verraten was es mit dieser Pauschale auf sich hat? :sad:
Sollte ich dies bestreiten und wie begründen?

Vielen Dank :thx
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Anahid
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#2

17.08.2017, 13:09

Eine fiktive Informationskostenpauschale gibt es nicht. Entweder sind Kosten für eine Informationsreise entstanden oder nicht. Du kannst nur ausrechnen, ob die Fahrtkosten nach JVEG höher wären oder geringer. Wenn die höher wären, würde ich das so stehen lassen und dazu gar nichts sagen.
:katze2 Jeder Tag ist ein Geschenk ... aber manche sind einfach grottenschlecht verpackt. :katze1
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#3

17.08.2017, 13:25

Alles klar. Vielen Dank.
tiko73

#4

24.04.2018, 12:00

Ich habe so etwas jetzt auch das erste Mal so etwas im KFA der Gegenseite.
Gegenseite ist ein Wettbewerbsverband in Berlin, seine RAe sitzen ebenfalls in Berlin. Das Gericht ist in Heidelberg.
Gegenseite schreibt, "... dass dem Antragsteller als Wettbewerbsverband ein Anspruch auf Erstattung der durch die Prozessbevollmächtigten entstandenen Reisekosten nicht zusteht. Der ... Wettbewerbsverband wird für befähigt angesehen, am Prozessgericht ansässige Kollegen mit der Wahrnehmung seiner Interessen zu beauftragen. Für die Information dieser über die Tatsachen- und Rechtslage wird ihm jedoch die Erstattung einer (fiktiven) Informationspauschale zugestanden. Auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 2. Oktober 2008 "Auswärtiger Rechtsanwalt VII" (WRP 2009, Seite 67 ff.) sei ebenso verwiesen, wie auf die beispielhaft die Festsetzung einer Informationspauschale zu Gunsten des Antragstellers beinhaltenden Entscheidungen der Landgerichte Düsseldorf, Darmstadt, Offenburg, Arnsberg sowie Stuttgart."

Ich vermute jetzt mal, dass sich da im letzten 3/4 Jahr nichts geändert hat, oder? Ich habe von so einer Pauschale bislang nicht gehört.
Eine Informationsreise gab es ja nun nicht, weil RA und Gegner am selben Ort sind. Von daher würde ich das, auch wenn es nur 25 € sind, auch einfach mal schön bestreiten. Die hätten ja auch die Az. mit angeben können, dann hätte ich mal schauen können, aber einfach nur so etwas hinzuknallen, das man dann nicht mal überprüfen kann, finde ich nicht gut :motz
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#5

24.04.2018, 12:34

Das mit der fiktiven Informationsreise zu einem am Prozessort ansässigen Anwalt ist uralt und entspricht längst nicht mehr der aktuellen Rechtsprechung. Da kann das Gericht noch so alte Rechtsprechungen zitieren. Fakt heute ist: Der Mandant hat das Recht einen Anwalt an seinem Wohnort zu beauftragen. Wenn der in Berlin wohnt, dann beauftragt er Anwälte in Berlin, auch wenn das Gericht in Heidelberg ist.
tiko73 hat geschrieben:Ich habe so etwas jetzt auch das erste Mal so etwas im KFA der Gegenseite.

Gegenseite ist ein Wettbewerbsverband in Berlin, seine RAe sitzen ebenfalls in Berlin. Das Gericht ist in Heidelberg.
Gegenseite schreibt, "... dass dem Antragsteller als Wettbewerbsverband ein Anspruch auf Erstattung der durch die Prozessbevollmächtigten entstandenen Reisekosten nicht zusteht. Der ... Wettbewerbsverband wird für befähigt angesehen, am Prozessgericht ansässige Kollegen mit der Wahrnehmung seiner Interessen zu beauftragen. Für die Information dieser über die Tatsachen- und Rechtslage wird ihm jedoch die Erstattung einer (fiktiven) Informationspauschale zugestanden. Auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 2. Oktober 2008 "Auswärtiger Rechtsanwalt VII" (WRP 2009, Seite 67 ff.) sei ebenso verwiesen, wie auf die beispielhaft die Festsetzung einer Informationspauschale zu Gunsten des Antragstellers beinhaltenden Entscheidungen der Landgerichte Düsseldorf, Darmstadt, Offenburg, Arnsberg sowie Stuttgart."

Ich vermute jetzt mal, dass sich da im letzten 3/4 Jahr nichts geändert hat, oder? Ich habe von so einer Pauschale bislang nicht gehört.
Eine Informationsreise gab es ja nun nicht, weil RA und Gegner am selben Ort sind. Von daher würde ich das, auch wenn es nur 25 € sind, auch einfach mal schön bestreiten. Die hätten ja auch die Az. mit angeben können, dann hätte ich mal schauen können, aber einfach nur so etwas hinzuknallen, das man dann nicht mal überprüfen kann, finde ich nicht gut :motz
Was ich jetzt nicht verstehe bei Deinem Sachvortrag: Die Gegenseite ist ein Wettbewerbsverband und schreibt selbst, dass die Kosten ihres in Berlin ansässigen Rechtsanwalts nicht erstattungsfähig sind? :kopfkratz
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#6

24.04.2018, 13:46

@Anahid: Die Gegenseite gesteht ein, dass keine Reisekosten angefallen sind und möchte deshalb wenigstens die 25,00 € für die "fiktive Informationsreise" erhalten. Das Entstehen von Reisekosten wird auch in der von der Gegenseite angeführten Entscheidung des BGH ausdrücklich abgelehnt.
Das Az. des BGH-Beschlusses vom 02.10.2008, auf den sich die Gegenseite bezieht, lautet: I ZB 96/07. :pc
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#7

24.04.2018, 14:18

Danke Pitt. Soll also heißen, die Gegenseite will, weil sie der Meinung ist, dass Reisekosten des eigenen Anwalts nicht geltend gemacht werden können, eine Pauschale abrechnen. Widerspricht aber ja der Rechtsprechung des BGH neueren Datums: Urteil des BGH vom 21.12.2011 - I ZB 47/09. Da hat der BGH festgestellt, dass ein Unternehmen eben grundsätzlich nicht verpflichtet ist, sich einen Anwalt am Prozessgericht zu suchen. Von daher: Ich würde auf jeden Fall an tikos Stelle, wenn die Gegenseite nur 25,00 € zur Festsetzung anmeldet, gar nichts machen. Kommt die Gegenseite auf den Trichter, dass die falsch abrechnet, wirds teurer.
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#8

24.04.2018, 14:40

Anahid, das sehe ich auch so, zumal es da noch diese Entscheidung vom OLG Frankfurt vom 08.02.2017 (Az. 6 W 91/16) gibt:
http://www.lareda.hessenrecht.hessen.de ... id:7834095
Da wurden zwar die im KFA geltend gemachten Reisekosten vom Kanzleisitz zum Gericht verneint, aber eine Erstattungsfähigkeit von Fahrtkosten Gerichtsbezirksgrenze => Gericht für möglich gehalten.
tiko73

#9

25.04.2018, 10:47

Anahid hat geschrieben:Das mit der fiktiven Informationsreise zu einem am Prozessort ansässigen Anwalt ist uralt und entspricht längst nicht mehr der aktuellen Rechtsprechung. Da kann das Gericht noch so alte Rechtsprechungen zitieren. Fakt heute ist: Der Mandant hat das Recht einen Anwalt an seinem Wohnort zu beauftragen. Wenn der in Berlin wohnt, dann beauftragt er Anwälte in Berlin, auch wenn das Gericht in Heidelberg ist.
tiko73 hat geschrieben:Ich habe so etwas jetzt auch das erste Mal so etwas im KFA der Gegenseite.

Gegenseite ist ein Wettbewerbsverband in Berlin, seine RAe sitzen ebenfalls in Berlin. Das Gericht ist in Heidelberg.
Gegenseite schreibt, "... dass dem Antragsteller als Wettbewerbsverband ein Anspruch auf Erstattung der durch die Prozessbevollmächtigten entstandenen Reisekosten nicht zusteht. Der ... Wettbewerbsverband wird für befähigt angesehen, am Prozessgericht ansässige Kollegen mit der Wahrnehmung seiner Interessen zu beauftragen. Für die Information dieser über die Tatsachen- und Rechtslage wird ihm jedoch die Erstattung einer (fiktiven) Informationspauschale zugestanden. Auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 2. Oktober 2008 "Auswärtiger Rechtsanwalt VII" (WRP 2009, Seite 67 ff.) sei ebenso verwiesen, wie auf die beispielhaft die Festsetzung einer Informationspauschale zu Gunsten des Antragstellers beinhaltenden Entscheidungen der Landgerichte Düsseldorf, Darmstadt, Offenburg, Arnsberg sowie Stuttgart."

Ich vermute jetzt mal, dass sich da im letzten 3/4 Jahr nichts geändert hat, oder? Ich habe von so einer Pauschale bislang nicht gehört.
Eine Informationsreise gab es ja nun nicht, weil RA und Gegner am selben Ort sind. Von daher würde ich das, auch wenn es nur 25 € sind, auch einfach mal schön bestreiten. Die hätten ja auch die Az. mit angeben können, dann hätte ich mal schauen können, aber einfach nur so etwas hinzuknallen, das man dann nicht mal überprüfen kann, finde ich nicht gut :motz
Was ich jetzt nicht verstehe bei Deinem Sachvortrag: Die Gegenseite ist ein Wettbewerbsverband und schreibt selbst, dass die Kosten ihres in Berlin ansässigen Rechtsanwalts nicht erstattungsfähig sind? :kopfkratz
Ja. Tut sie. Ich hab das auch nicht verstanden :-?
tiko73

#10

25.04.2018, 10:48

Pitt hat geschrieben:@Anahid: Die Gegenseite gesteht ein, dass keine Reisekosten angefallen sind und möchte deshalb wenigstens die 25,00 € für die "fiktive Informationsreise" erhalten. Das Entstehen von Reisekosten wird auch in der von der Gegenseite angeführten Entscheidung des BGH ausdrücklich abgelehnt.
Das Az. des BGH-Beschlusses vom 02.10.2008, auf den sich die Gegenseite bezieht, lautet: I ZB 96/07. :pc
Super, danke, Pitt, dann kann ich mir die Entscheidung vielleicht mal ansehen :thx
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