Fahrtkosten oder Terminsvertreter für Insolvenzverwalter?

Fragen rund um die neuen Rechtsanwaltsgebühren nach RVG ab 01.08.2013
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Badeschlappe26
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#1

22.11.2016, 08:55

Ich habe hier einen KfA der Gegenseite vorliegen, der mir nicht so recht passt. Folgender Sachverhalt:

Wir waren Beklagte. Auf der Klägerseite ein Insolvenzverwalter für den InsoSchuldner. Schuldner und Insolvenzverwalter sind beide aus B. Gericht ist aber in F. Der InsoVerw. hat den Prozess alleine geführt und dann aber für den GT einen Terminsvertreter vor Ort in F beauftragt. Im KfA macht er nun für sich

1,3 VG

und für den Terminsvertreter

0,65 VG und
1,2 TG

geltend.

Ich würde gern Einwendungen erheben unter Hinweis auf Rpfleger 06, 570. Da muss wohl sinngemäß drinstehen:

"Ein als Anwalt tätiger Insolvenzverwalter wird regelmäßig imstande sein, einen am Prozessgericht tätigen Rechtsanwalt schriftlich oder mit Mitteln moderner Telekommunikation sachgerecht über den jeweiligen Stand des Verfahrens zu unterrichten und die weitere Vorgehensweise zu beraten und abzustimmen."

Für mich heisst das, der Insolvenzverwalter hätte zur Führung des Verfahrens sofort den Anwalt vor Ort in F beauftragen müssen und nicht erst als Terminsvertreter. Das hätte die 0,65 VG erspart. Leider kann ich besagte Entscheidung RPfleger 06, 570 nicht finden.

Was sagt ihr? Sehe ich das richtig? Ist die 0,65er VG nicht erstattungsfähig?

Mein 2. Einwand, wenn der erste nicht greift wäre folgender:
Die Fahrtkosten/Abwesenheitsgelder für den Insolvenzverwalter wären nur halb so hoch gewesen, wie die 0,65er Gebühr, die jetzt für den Terminsvertreter geltend gemacht wird. Zumindest da würde ich ansetzen mit BGH NJW-RR 04, 1212; NJW 03, 898, Rpfleger 03,98):

"Die Kosten für einen Unterbevollmächtigten (naja, bei mir ist es ein Terminsvertreter), der für den auswärtigen Prozessbevollmächtigten die Vertretung in der mündlichen Verhandlung übernommen hat, sind nach § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO erstattungsfähig, soweit sie die durch die Tätigkeit des Unterbevollmächtigten ersparten, erstattungsfähigen Reisekosten des Prozessbevollmächtigten (Tage- und Abwesenheitsgeld sowie Fahrtkosten) nicht wesentlich übersteigen."

und

"Eine wesentliche Überschreitung ist anzunehmen, wenn die Kosten des Unterbevollmächtigten die Reisekosten des Hauptbevollmächtigten um mehr als 1/10 überschreiten."

Was sagt ihr?
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#2

22.11.2016, 09:14

OK, ich habe grad noch BGH X ZB 40/03; BGH II ZB 14/04 und BGH IX ZB 44/04 gefunden. Damit dürfte wohl die 0,65-Gebühr vom Tisch sein.

Danke trotzdem.

:mrgreen:
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#3

22.11.2016, 10:12

Wir sind schon manchmal schnell, aber nicht so schnell. :mrgreen: Trotzdem möchte ich darauf hinweisen, dass Deine Schlussfolgerung anfangs, dass der InsO-Verwalter einen Korrespondenzanwalt hätte beauftragen müssen, definitiv falsch ist.

Richtig wiederum ist, dass die Kosten eines Terminvertreters nur dann zu erstatten sind, wenn die Reisekosten des Hauptbevollmächtigten (also des InsO-Verwalters in Deinem Fall) höher wären oder die Kosten des Terminvertreters die Reisekosten nicht wesentlich übersteigen. Wenn Du sagst, dass die Reisekosten nur halb so hoch wären, dann ist das natürlich genau das Argument, um gegen die Festsetzung der Kosten des Terminvertreters anzugehen.
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#4

22.11.2016, 11:08

Von einem Korrespondenzanwalt sage ich doch gar nix ... :kopfkratz ... ich bin ja der Meinung, der InsoVerw hätte für die gesamte Führung des Verfahrens einen Anwalt am Gerichtsort beauftragen müssen ... dann wäre ja die 0,65er Gebühr komplett nicht angefallen ... kommt das anders rüber? ... hab meinen post grad noch einmal gelesen ... ich finde gar nix, wo ich das sage ... vielleicht drücke ich mich ja umständlich aus ... soll ja vorkommen, wenn man grad zu doll am denken ist und das dann (sinnbildlich) zu Papier bringt.
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#5

22.11.2016, 13:55

Grundsätzlich hat eine Partei (und damit auch ein Insolvenzverwalter) das Recht, sich einen Anwalt am Wohnort/Geschäftssitz zu nehmen. Insoweit dürfte also, wenn es da eine Entscheidung im Rechtspfleger gab, diese durch die heutige vorherrschende Rechtsprechung überholt sein. Und sorry, dann hab ich das wirklich falsch verstanden. Macht aber die Aussage, ja auch nicht richtiger. Wie gesagt, der einzige Knackpunkt kann die Höhe der Reisekosten zum Verhältnis eines Terminvertreters sein. Ansonsten wirst Du hier nichts ausrichten können. :ka
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#6

22.11.2016, 14:20

§91 Abs.2 Satz 1: Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Für Insolvenzverwalter und Anwälte gab es doch abweichende Rechtsprechung dazu, dass die Zuziehung für sie nicht notwendig ist, weil sie in der Lage sind, ihren Anwalt fernmündlich zu informieren. Damit fällt aber die Erstattungsfähigkeit für alles außer 1,3 VG und 1,2 TG komplett weg. Ist das tatsächlich überholt?
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#7

22.11.2016, 17:18

Zumindest dann, wenn der Anwalt - wie vorliegend - sich selbst vertreten hat. Denn dann wären zumindest die Reisekosten erstattungsfähig (OLG München, Beschluss vom 24. April 2012 – 11 W 627/12).
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#8

22.11.2016, 17:32

Ist das tatsächlich eine Vertretung in eigener Sache?
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#9

22.11.2016, 17:34

Jepp. Hier der Leitsatz aus Juris:

Leitsatz

Ein Rechtsanwalt, der sich als Naturalpartei in eigener Sache vor einem auswärtigen Progressgericht selbst vertritt, hat in der Regel Anspruch auf Erstattung seiner Reisekosten nach den Bestimmungen des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.
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#10

22.11.2016, 17:46

Ich meine, wenn der Insolvenzverwalter selbst vertritt. Ist das eine Vertretung in eigener Sache als Naturalpartei?
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