Reisekosten bei eigener Rechtsabteilung

Fragen rund um die neuen Rechtsanwaltsgebühren nach RVG ab 01.08.2013
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#11

09.09.2015, 10:10

Es kommt ja auch immer auf die Begleitumstände an. Wenn der Mandant jetzt beispielsweise eine wirtschaftlich orientierte GmbH ist und sich zu diesem Zweck eine Rechtsabteilung aufgebaut hat, kann er ja beispielsweise nicht in einem baurechtlich oder strafrechtlich oder wie eben eventuell auch in einem zivilrechtlichen Verfahren auf seine eigene Rechtsabteilung verwiesen werden (solche Argumentationen bzw. Diskussionen durften wir in der Kanzleipraxis leider viel zu oft führen).

Ansonsten gilt aber natürlich der bereits benannte Grundsatz, dass jede Partei einen Anspruch auf Rechtsbeistand hat.
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#12

09.09.2015, 10:55

Der Schwerpunkt liegt aber nicht bei einer sachfremden Materie, sondern darin, ob die Rechtsabteilung für die Bearbeitung von Rechtsfällen zuständig ist. Da die Rechtsabteilung zumeist mit Volljuristen besetzt ist, sollte z.B. ein Zivilverfahren kein Problem sein. Hat die Abteilung innerhalb des Unternehmens jedoch andere Aufgaben, muss das Vorhandensein der Rechtsabteilung im KFV nicht betrachtet werden.
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#13

09.09.2015, 14:27

13 hat geschrieben:Jede Partei hat das Recht, sich in einem Verfahren eines RA zu bedienen. Da dieser natürlich nicht kostenlos arbeitet, sind die entsprechenden Kosten bei entsprechender KGE auch erstattungsfähig. Mit einer Rechtsabteilung hat das nichts zu tun.

Das gilt übrigens auch für die RA-Reisekosten, es sei denn, die Rechtsabteilung ist ausdrücklich für die Bearbeitung des jeweiligen Falles zuständig. Das Vorhandensein einer Rechtsabteilung für sich allein ist nicht ausschlaggebend.


Hast du dazu auch einen §§ oder ein Urteil? Ich muss das ja irgendwie belegen können.
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#14

09.09.2015, 14:32

Das Gericht ist bei den Reisekosten anderer Meinung.

Das Gericht teilt mit, Zur Überprüfung der Erstattungsfähigkeit der angemeldeten Reisekosten wird um Mitteilung gebeten, ob Ihr Mandant über eine eigene Rechtsabteilung verfügt. In diesem Fall sind Reisekosten nicht erstattungsfähig, denn Ihr Mandant hätte dann schriftlich einen RA am Prozessort mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragen und sich weiterhin schriftlich und fernmündlich über das Verfahren informieren können.
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#15

09.09.2015, 18:15

So, ich musste ein bisschen wühlen.

Der BGH hat gesagt:
Ist eine Rechtsabt. vorhanden, die die Sache bearbeitet, gibt es keine Reisekosten, da ein RA am Gerichtsort beauftragt werden kann.
LS
Beauftragt ein gewerbliches Unternehmen, das über eine eigene, die Sache bearbeitende Rechtsabteilung verfügt, für die Führung eines Prozesses vor einem auswärtigen Gericht einen am Sitz des Unternehmens ansässigen RA, sind dessen im Zusammenhang mit der Terminswahrnehmung anfallenden Reisekosten im allgemeinen keine notwendigen Kosten der Rechtsverfolgung oder –verteidigung. Dies gilt grundsätzlich auch für das Verfahren der einstweiligen Verfügung.

BGH, Beschl. v. 10.04.2003 – I ZB 36/02

NJW 2003, 2027 = BGHReport 2003, 768 = WRP 2003, 894 = JurBüro 2003, 370 = Rpfleger 2003, 471 = GRUR 2003, 725 = MDR 2003, 1019 = BB 2003, 1200 = BRAGOreport 2003, 155 = Magazindienst 2003, 718 = juris


Umgekehrt hat sich das OLG Bremen geäußert:
Wenn die Rechtsabt. mit Forderungssachen nicht befasst ist, gibt es für einen RA am Sitz der Partei die Reisekosten zum Gericht.

OS
Beauftragt ein gewerbliches Unternehmen als Kläger zur Rechtswahrnehmung seinen am Geschäftsort ansässigen eigenen Hausanwalt zur Wahrnehmung eines auswärtigen Gerichtstermins, dann sind dessen Reisekosten gem. § 91 II 1 ZPO erstattungsfähig, wenn das Unternehmen zwar über eine eigene Rechtsabteilung verfügt, diese jedoch aufgrund einer Unternehmensentscheidung nicht mehr mit der Führung von Rechtsstreitigkeiten in Forderungssachen befasst ist, sondern ihren Zuständigkeits- und Aufgabenbereich im Wesentlichen darauf beschränkt, Verträge zu gestalten, zu überprüfen und die Mitarbeiter intern zu beraten.

OLG Bremen, Beschl. v. 28.12.2005 – 2 W 98/05

OLGR Bremen 2006, 305 = juris


Hier kommt es also darauf an, ob die Rechtsabteilung den maßgeblichen Fall bearbeitet. Falls ja, hat das Gericht recht. Anders herum jedoch nicht. Ob dem Gericht dieser Unterschied bekannt ist, wage ich in Zweifel zu ziehen. :teufel


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