Fahrtkosten in KFA werden beanstandet

Fragen rund um die neuen Rechtsanwaltsgebühren nach RVG ab 01.08.2013
Bambi93
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#1

11.03.2015, 10:54

Hallo ihr lieben,

wir haben bei uns immer wieder das gleich Problem:

unsere Anwälte müssen öfters in die nächste Stadt zu Gerichtsterminen fahren. (Hin- und zurück 30 km). Logischer Weise stehen uns dann im KFA die Fahrtkosten sowie das Abwesenheitsgeld zu.

Dieses wird aber immer wieder von Anwälten beanstandet, mit der Begründung, dass man doch Untervollmacht erteilen hätte können. :kopfkratz
Ab und zu ignorieren wir die Schreiben einfach und lassen das Gericht entscheiden. Aber so langsam fängt es echt an zu nerven.

Habt ihr die Situation auch? Wenn ja, habt ihr ein tolles Schreiben für mich?

Danke im Voraus.
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NORTHERN DINO
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#2

11.03.2015, 11:50

Vllt. hilft das (insbesondere Ziff. 4-5)?

LS

1. Führt eine Partei einen Rechtsstreit vor einem LG in einem anderen Landgerichtsbezirk, so muss sie nach Wegfall des Zulassungszwangs nunmehr unter Beachtung des Grundsatzes Kosten sparender Prozessführung eine Prognose dahin stellen, ob die Prozessvertretung durch einen Anwalt an ihrem Wohnort bzw. ihren Hausanwalt oder durch einen Anwalt am Sitz des Gerichts weniger Kosten verursacht; an diese Prognose sind keine hohen Anforderungen zu stellen.

2. Ein Verstoß gegen das Gebot zur sparsamen Prozessführung kann der erstattungsberechtigten Partei nur vorgehalten werden, wenn sie bei der Auswahl ihres PB zumindest fahrlässig nicht erkannt hat, dass hierdurch Mehrkosten anfallen, die bei gehöriger Überlegung hätten vermieden werden können; dafür trägt der kostenpflichtige Gegner die Darlegungs- und Beweislast.

3. Bei der Abwägung kann die Partei regelmäßig davon ausgehen, dass es letztlich von der Kostenseite her keinen nennenswerten Unterschied macht, ob sie oder einer ihrer Mitarbeiter eine Informationsreise zu einem Anwalt am Gerichtsort unternimmt oder ob ein Anwalt an ihrem Wohnsitz zum Gerichtsort fährt, um dort einen Gerichtstermin wahrzunehmen.

4. Bestellt die Partei einen Anwalt an ihrem Wohnsitz zum PB, so muss sie davon ausgehen, dass die Wahrnehmung des Gerichtstermins durch einen unterbevollmächtigten Anwalt in der Regel teurer kommt als eine Terminreise des PB.

5. Tritt in einem solchen Falle ein unterbevollmächtigter Anwalt auf, so sind die dadurch entstandenen Kosten in Höhe der niedrigeren fiktiven Anwaltsreisekosten erstattbar, die dem PB notwendig entstanden wären, wenn er den Gerichtstermin wahrgenommen hätte.

OLG Hamm, Beschl. v. 12.02.2001 – 23 W 8/01

AGS 2001, 114 = OLGR Hamm 2001, 185 = JurBüro 2001, 366 = AnwBl 2001, 441 = MDR 2001, 959 = juris (KORE 568262001)
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Bambi93
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#3

11.03.2015, 12:00

Das klingt super. Danke :) Wir versuchen das mal so.
Pitt
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#4

11.03.2015, 12:03

Bei uns ist es häufig so, dass wir sog. "Anwalt am dritten Ort" sind. Ich packe dann immer unter die Kostenberechnung einen vorsorglichen Hinweis auf die hierzu ergangene Rechtsprechung des BGH, wonach die Entfernung Wohnsitz Mdt. / Gerichtsort grundsätzlich nicht zu beanstanden ist (außer es liegt eine der seltenen Ausnahmen vor).
Wenn bei Dir gegn. RA schon bei 30 km Entfernung zum Gerichtsort auf die Einschaltung eines Terminsvertreter/Unterbevollmächtigten pochen, würde ich - wenn überhaupt - nur auf die BGH-Rechtsprechung zur Erstattungsfähigkeit von Terminswahrnehmungskosten hinweisen. Ein Blick ins RVG müsste der Gegenseite eigentlich genügen, um zu sehen, dass mit der Einschaltung eines UBV/TV bei einer Entfernung von 30 km keine Kostenersparnis erreicht wird.
Es gibt auch einige AG-Entscheidungen und ich glaube auch eine LG-Entscheidung, wonach der außerhalb eines Gerichtsbezirks ansässige RA die Fahrtkosten nicht bis zur Entfernung Wohnsitz Mdt. / Gerichtsort kürzen muss, wenn seine Anreise tatsächlich mehr Kilometer gefressen hat, sondern Fahrtkosten bis zur weitesten Entfernung innerhalb des Gerichtsbezirks geltend gemacht werden können. Unter anderem vertritt RA Norbert Schneider diese Auffassung in diversen Beiträgen.
Bambi93
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#5

11.03.2015, 12:45

Hast du das Aktenzeichen etc. der Rechtsprechung des BGH's? In einem Fall wurden wir von einer Versicherung beauftragt. Der 2. Beklagte wohnt im Gerichtsort, der 30 km von uns weg ist. Also wären wir dann auch "Anwalt am dritten Ort", oder? Ich danke dir für deine Antwort
Pitt
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#6

12.03.2015, 09:24

Die eine Entscheidung zum Gerichtsbezirk (AG Marbach) wurde hier erwähnt.
https://www.facebook.com/RVG.iww/posts/412047878941983
Hier ein Beitrag zu BGH-Entscheidungen zum Anwalt am dritten Ort.
http://www.iww.de/pak/prozesspraxis/kos ... lts-f59519
Die eine Leitsatzentscheidung vom BGH zum RA am dritten Ort, in der es um Grundsätzliches geht (fiktive Kosten Wohnsitz - Gerichtsort), ist glaube ich aus dem Zeitraum 2002/2003, im RVG-Kommentar von <a href="http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3406574025/ref=nosim/foreno-21" target="_blank">Gerold/Schmidt</a> wird das auch noch mal ausführlich dargestellt. Es gibt da inzwischen zig Entscheidungen vom BGH.
Croata
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#7

12.05.2015, 10:34

Hallo,

ich habe versucht, mir meine Frage selbst zu beantworten. Die Lösung steht auch hundertpro irgendwo hier drin, aber ich blicke einfach nicht durch. :kopfkratz

Es geht um folgendes: Wir sind aus FFM, unser Mandant sitzt in Wiesbaden. Verhandlung fand in Bad Schwalbach statt. Ich habe unseren KFA mit Fahrtkosten (FFM – Bad Schwalbach) und Abwesenheitsgeld eingereicht. Das Gericht hat uns nun geschrieben, dass wir den KFA hinsichtlich der Fahrtkosten prüfen müssen, da unser Mandant einen ortsansässigen RA hätte beauftragen können. Das hat unser Mandant (Steuerberatungskanzlei) aber nicht getan, da wir ständig zusammenarbeiten (beide Kanzleien gehören meinem Chef), aber irgendwo hatte ich gelesen, dass ständige Zusammenarbeit keine Ausnahme darstellt. Ok, aber was ich nicht verstehe, ist, dass, wenn wir einen Terminsanwalt beauftragt hätten, die Gegenseite hätte mehr erstatten müssen (falls ich das richtig ausgerechnet habe :oops: ). Sind unsere Fahrtkosten nicht erstattungsfähig? Wer findet meinen Fehler? :sad:
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Liesel
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#8

12.05.2015, 10:37

Reisekosten sind von Wiesbaden nach Bad Schwalbach erstattungsfähig.
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#9

12.05.2015, 10:51

Oh… deswegen steht im Schreiben des Gerichts „bitte begründen Sie den Ansatz der Fahrtkosten ab Frankfurt …“. Und deswegen taucht hier im Thema auch immer der Begriff „Wohnsitz“ auf. Wer lesen kann… Sorry. :oops:

Ich werde das alles nochmal in Ruhe nachlesen müssen. Vielen Dank, Liesel.
Nicy A.
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#10

19.06.2015, 09:59

Hallöchen,

hab da auch mal eine Frage.

Der Beklagte kommt aus Unterföhring. Über seine Versicherung wurden wir beauftragt, die Interessen zu vertreten. Wir kommen aus Halle und der Rechtsstreit fand vor dem Gericht in Leipzig statt.
Wir hatten natürlich unsere Fahrtkosten von Halle nach Leipzig beantragt im KFA.

Jetzt moniert die Gegenseite die Kosten und meint, unsere Mandantschaft hätte einen Anwalt in Leipzig beauftragen müssen.

Ist das so? Wie kann ich beim gegenteiligen argumentieren? Vielen Dank.
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