Altes oder neues Gebührenrecht - wie anrechnen usw usw

Fragen rund um die neuen Rechtsanwaltsgebühren nach RVG ab 01.08.2013
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Yeto
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#1

04.12.2014, 19:01

Hallo,

mein Abrechnungsproblem ist etwas komplizierter und hat sowohl mit der neuen als auch mit der alten Regelung des RVG zu tun. Hier der kurze Aufriss der Angelegenheit:

1. Mandantin wird am 06.07.2012 gekündigt. Wir schreiben am gleichen Tag den Arbeitgeber an und weisen die Kündigung zurück => 1,3 Geschäftsgebühr 2300 VV RVG a. F., Gegenstandswert 3 Monatsgehälter = € 26.250,00
2. 17.07.2012 erheben wir Klage zum Arbeitsgericht => 1,3 Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 VV RVG Gegenstandswert = € 26.250,00
3. 03.01.2013 Klageerweiterung bzgl. rückständigem Lohn, weitere € 26.250,00 (insgesamt € 52.500,00)

nach dem 01.07.2013

4. 28.10.2013 Klageerweiterung wegen einer erneuten Kündigung, weiterer Gegenstandswert € 26.250,00
5. 06.12.2013 Zurückweisung einer erneuten Kündigung => 1,3 Geschäftsgebühr 2300 VV RVG n. F., Gegenstandswert 3 Monatsgehälter = € 26.250,00
6. 17.12.2013 Klageerweiterung wegen erneuter Kündigung, weiterer Gegenstandswert € 26.250,00
7. 09.04.2014 Klageerweiterung wegen erneuter Kündigung, weiterer Gegenstandswert € 26.250,00

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde ein Vergleich geschlossen. Das Gericht hat den Streitwert für das Verfahen auf € 166.250,00 und den Gegenstandswert für den Vergleich auf € 510.000,00 festgesetzt.

Nun zur Abrechnung:

Die beiden außergerichtlichen Tätigkeiten (Nr. 1 und 5.) stellen sich als jeweils gesonderte Aufträge dar und sind somit jeweils gesondert mit einer 1,3 Geschäftsgebühr abzurechnen.

Nun zum gerichtilchen Verfahren:

Vor dem 01.08.2013 sind insgesamt € 52.500,00 rechtshängig geworden. Somit würden aus aus diesem Streitwert auch insgesamt 3,5 Gebühren (1,3 Verfahrens-, 1,2 Termins- und 1,0 Vergleichsgebühr) anfallen. Hiervon wäre auch eine 0,65 Gebühr aus dem vorgerichtlichen Verfahren (2300 VV RVG) in Abzug zu bringen.

Nach dem 01.08.2013 sind insgesamt € 113.750,00 rechtshängig geworden. Somit würden aus aus diesem Streitwert auch insgesamt 3,5 Gebühren (1,3 Verfahrens-, 1,2 Termins- und 1,0 Vergleichsgebühr) anfallen. Hiervon wäre auch eine 0,65 Gebühr aus dem vorgerichtlichen Verfahren (2300 VV RVG) in Abzug zu bringen.

Das wäre aber aus meiner Sicht nur der Fall, wenn die außergerichtlichen Verfahren nicht durch die Klageerweiterung miteinander verbunden wären. Der doppelte Abzug der vorgerichtlichen Gebühren in Höhe von 0,65 gemäß Nr. 2300 VV RVG kann aus meiner Sicht nur einmal erfolgen.

Ich würde daher wie folgt abrechnen:

1. Kündigung:
1,3 Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV RVG a. F. aus € 26.250 € 985,40

5. Kündigung:
1,3 Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV RVG n. F. aus € 26.250 € 1.121,90


Bezüglich der Kosten im Klageverfahren würde ich folgende Berechnung vorschlagen:

Zunächst sind die Gebühren nach altem Recht zu ermitteln:

3,5 Gebühren (siehe oben) aus € 52.500 € 3.930,50
abzüglich 0,65 € 492,70
Gesamt € 3.437,80

Dann sind bezüglich des gleichen Streitwerts die Gebühren nach neuem Recht zu ermitteln:

3,5 Gebühren (siehe oben) aus € 52.500 € 4.368,00
abzüglich 0,65 € 560,95
Gesamt € 3.807,05

Bezüglich der beiden Gesamtsummen ist dann die Differenz zu bilden = € 369,25, die dann am Ende der Gesamtrechnung in Abzug zu bringen ist, so dass ich wie folgt endabrechnen würde:

1,3 Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 n. F. aus € 166.250,00 € 2.395,90
abzüglich 0,65 Gebühr gemäß Nr. 2300 VV RVG aus € 52.500 € 560,95
1,2 Terminsgebühr aus € 166.250,00 € 2.211,60
0,8 Verfahrensdifferenzgebühr aus € 343.750,00 € 2.090,40
1,0 Vergleichsgebühr aus € 166.250,00 € 1.843,00
1,5 Vergleichsgebühr aus € 343.750,00 € 3.919,50
abzüglich der oben gebildeten Differenz € 369,25
Summe € 11.530,20

Nun stellt sich die Frage, ob Ihr genauso abrechnen würdet oder ob man auf den ersten Auftrag abzustellen hat, dass hier ein einheitlicher Auftrag vorliegt und somit nach alter Rechtslage abzurechnen ist.

Sollte dem nicht so sein, so ist wohl entsprechend der Aufträge zu differenzieren. Hier stellt sich dann die Frage, ob so abzurechnen ist, wie oben dargestellt oder doch ganz anders :oops: :oops: .

Vielen Dank für Eure Hilfe

Yeto
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Tine Dea
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#2

05.12.2014, 08:54

Guten Morgen

Also zu dem Anrechnungsproblem der Geschäftsgebühren fällt mir gerade auch nichts ein. Allerdings ist die in die Abrechnung eingestellte 0,8 Verfahrensdifferenzgebühr nicht entstanden. Diese entsteht ja nur für nicht rechtshängige Ansprüche. Durch die Klageerweiterungen waren aber offensichtlich alle Ansprüche anhängig, zumindest ergibt sich das so aus dem geschilderten Sachverhalt.

Ebenso denke ich nicht, dass die 1,0 Einigungsgebühr sowie die 1,5 Einigungsgebühr angefallen sind. Auch hier hätten nicht rechtshängige Ansprüche mitverglichen werden müssen. Auch das ergibt sich aus dem Sachverhalt nicht!

Im Übrigen hätte, sofern nicht rechtshängige Ansprüche verglichen worden wären, jeweils für die Verfahrensgebühren (1,3 und 0,8) sowie die Einigungsgebühren (1,0 und 1,5) ein Abgleich nach § 15 Abs. 3 RVG stattfinden müssen.

Die Gebühren für das Klageverfahren sind allesamt nach altem RVG abzurechnen, vgl. § 60 Abs. 2 RVG.
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#3

05.12.2014, 11:21

Ich sehe das genauso wie Tine Dea
Grüße - sansibar
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Yeto
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#4

02.01.2015, 10:13

Hallo,

erstmal die besten Wünsche für ein glückliches Jahr 2015.

Vielen Dank für Eure Anmerkungen.

1. Mein Sachverhalt war unvollständig. :oops: :oops:
Es wurde noch Schadensersatzansprüche mitverglichen, die nicht rechtshängig gewesen sind, über die aber mehrfach schriftsätzlich vorgetragen und dann auch in der mündlichen Verhandlung gesprochen worden ist. Diese ergeben sodann den Vergleichsmehrwert.
Somit müsste hier sowohl die 0,8 Verfahrensdiffernz- als auch die 1,5 Vergleichsgebühr angefallen sein.
Hinweis auf § 15 Abs. 3 nehme ich gerne mit und werde ich selbstverständlich berücksichtigen :thx.

2. Danke für den Hinweis auf § 60 Abs. 2 RVG. Der Blick in das Gesetz erweitert halt doch die Rechtskunde.

Danke aber nochmals für die Anregungen. Ich werde berichten, was die Rechtsschutz dann anerkannt hat.

Viele Grüße

Yeto
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