ärztliches Schlichtungsverfahren und nachfolgender Rechtsstreit

Fragen rund um die neuen Rechtsanwaltsgebühren nach RVG ab 01.08.2013
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EFAndi1
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#1

24.09.2019, 16:15

Hallo zusammen,

ich benötige dringend eure Hilfe. Wir waren für den Mandanten außergerichtlich tätig wegen ärztlichem Behandlungsfehler. Sodann wurde das ärztliche Schlichtungsverfahren durchgeführt, was mit Schlichterspruch zu Gunsten unseres Mandanten endete. Kostenzusage der Rechtsschutz liegt explizit vor.

Danach haben wir uns an den zuständigen Haftpflichtversicherer gewandt, entsprechend Schadenersatz usw angemeldet. Nachdem die Regulierung nur unzureichend erfolgte, haben wir Klage einreicht. Kostenzusage der Rechtsschutz für das Klageverfahren liegt vor.

Das gerichtliche Verfahren endete letztendlich mit Vergleich und entsprechender Kostenquote.

Soweit, so gut. Nun habe ich der RSV meine Endabrechnung folgendermaßen vorgelegt:

GW: 150.000,00
2,3 GG nach 2300 VV RVG
1,5 GG nach 2303 VV RVG
Anrechnung
1,3 VG nach 3100 VV RVG
Anrechnung
1,2 TG nach 3104 VV RVG
1,0 EG nach 1003 VV RVG
AP
UST
abzgl. Zahlungen RSV

Nun meint die RSV, die Geschäftsgebühr für das Schlichtungsverfahren nicht zahlen müssen. Ich zitiere "Für die Tätigkeit in einem ärztlichen Schlichtungsverfahren entsteht keine gesonderte Gebühr, da es sich weder um eine eigenständige Angelegenheit noch um ein vom Gesetzgeber für die Gebühr nach 2303 VV RVG vorgesehenes Schlichtungsverfahren handelt."

Ich stehe hier gerade voll auf dem Schlauch. Hat die RSV recht?

Vielen Dank schon mal
LG: Andrea
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Anahid
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#2

24.09.2019, 17:03

Ich befürchte ja. Denn eine Verpflichtung, die Schlichtungsstelle anzurufen (§ 15a EGZPO) find ich da nicht.
:katze2 Jeder Tag ist ein Geschenk ... aber manche sind einfach grottenschlecht verpackt. :katze1
Feldhamster
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#3

24.09.2019, 19:01

Wenn du mit ärztlichem Schlichtungsverfahren ein Verfahren vor der Ärztekammer meinst, hat die RSV recht. Dafür entsteht nur die Geschäftsgebühr 2300. Wenn man zuvor bereits tätig war, kann man die 2300 nur entsprechend erhöhen, so wie du es mit der 2,3 bereits getan hast.
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EFAndi1
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#4

25.09.2019, 14:49

Ich danke euch für die Antworten. Dann muss ich das dem Chef beibringen, den sauren Apfel kann er selbst essen ;-)
LG: Andrea
damei76
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#5

28.09.2021, 12:25

Hallo Ihr Lieben,

ich habe zu dem Thema "zusätzliche Geschäftsgebühr für ein Schlichtungsverfahren bei der Ärztekammer" eine Frage. Ich habe schon recherchiert, kann aber nirgends (auch nicht im Gesetz etc.) hierzu etwas finden. Wir sind eine Kanzlei für Arzthaftungsrecht und haben zuvor noch nie eine zusätzliche Geschäftsgebühr (1,5) für die Führung eines Schlichtungsverfahrens abgerechnet, sondern lediglich die Geschäftsgebühr dementsprechend erhöht. Nun meinte meine Chefin, dass sie sich mit einem Kollegen unterhalten hätte, der dies immer und ohne Probleme mit der RSV täte.

Im RVG Kommentar <a href="http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3406574025/ref=nosim/foreno-21" target="_blank">Gerold/Schmidt</a> habe ich unter § 15 RVG, 8. Ärztliche Schlichtungsstelle (Seite 347) nur den Satz gefunden "Die außergerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen in Arzthaftungssachen und die Tätigkeit im Verfahren vor einer ärztlichen Schlichtungsstelle sind verschiedene Angelegenheiten." Bedeutet dies nun, dass man zwei Geschäftsgebühren (nebst Anrechnung) abrechnen kann?
Im Internet habe ich hierzu Hinweise gefunden von zwei Fachanwälten für Medizinrecht mit jedoch unterschiedlichen Ansichten. Gibt es hierzu irgendwo einen § oder ein Urteil etc.??? Daaanke für Eure Hilfe!

LG Dani
MVRecht
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#6

13.08.2023, 10:53

Auch wenn es schon was älter ist, schließe ich mich dem Thema mal an. Die Diskussion wird bei uns intern ebenfalls geführt, ohne es bis jetzt mal bei der RSV versucht zu haben.
Gefunden habe ich dazu dieses Urteil des BGH.
MVRecht
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#7

13.08.2023, 11:10

Leider finde ich die Bearbeiten-Funktion nicht.
Entscheidend dürfte Rn 14 sein:

Die aufgrund der oben dargestellten Auslegung auch im Streitfall zu prüfenden Voraussetzungen des § 15a Abs. 3 Satz 2 EGZPO aF sind erfüllt. Zu den branchengebundenen Gütestellen im Sinne der Vorschrift gehören auch die Gutachter- und Schlichtungsstellen bei den Ärztekammern (vgl. Begründung des der Regelung des § 15a EGZPO zugrundeliegenden Gesetzentwurfs, BTDrucks. 14/980, S. 8; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, 2017, § 15a EGZPO Rn. 16; Spickhoff/Spickhoff, Medizinrecht, 2014, ZPO Rn. 35). Der Kläger war als Patient des Beklagten Verbraucher im Sinne des § 13 BGB.

Wirklich durchdacht ist das noch nicht. Aber bei der RSV sicher auch nicht ;)
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