Gegenstandswert Prüfung Nebenkostenabrechnung - Streitwert = Wirtschaftliche Interesse = Höhe der Nachforderung?

Fragen rund um die neuen Rechtsanwaltsgebühren nach RVG ab 01.08.2013
Antworten
WörkWörk
Forenfachkraft
Beiträge: 150
Registriert: 02.06.2020, 14:59
Beruf: RENO-Azubi
Software: RA-Micro

#1

15.09.2021, 15:58

Wir wurden beauftragt, für einen Mandanten die Nebenkostenabrechnung seines Vermieters zu prüfen, nachdem dieser eine Nachzahlung verlangt hat. Das Nachzahlungsverlangen war der Anlass für den Mandanten, uns zu beauftragen, er hatte aber insgesamt Zweifel an der Nebenkostenabrechnung.

Die ganze Sache war sehr zeitaufwendig zu bearbeiten. Letztendlich stellte sich heraus, dass die Nebenkostenabrechnung tatsächlich schon formell nicht ordnungsgemäß war. Da der Abrechnungszeitraum abgelaufen war hätte der Mandant eine Nachzahlung insgesamt verweigern und zudem (bis zur Vorlage einer ordnungsgemäßen Abrechnung) die Rückzahlung der Vorauszahlungen verlangen können. Letztendlich wollte er das Verhältnis zum Vermieter aber nicht weiter belasten und so einigten wir uns auf ausdrücklichen Wunsch des Mandanten mit dem Vermieter vergleichsweise: Er würde etwa 1/2 der geforderten Nachzahlung zahlen und auf die Rückforderung der Vorschüsse (und die Erstellung einer korrekten Nebenkostenaufstellung) verzichten.

Einer unserer Anwälte hat eine 1,3 Geschäftsgebühr mit Gegenstandswert = Höhe der gesamten Nebenkostenforderung und eine Einigungsgebühr in Höhe des Nachforderungsbetrages erstellt.

Die Rechtsschutzversicherung hat dies zurückgewiesen und unter Verweis auf dieses Urteil für beides den Nachforderungsbetrag abgerechnet.

Spielt die Besonderheit, dass die Abrechnung hier formell nicht ordnungsgemäß war hier echt keine Rolle?

Habt ihr einen Tipp parat, wie man mit der Situation umgeht? Mein Chef möchte natürlich gerne noch mehr mehr rausholen. Ich habe keine Idee. Jetzt im Nachhinein eine 1,5 Geschäftsgebühr zu verlangen wäre ja auch komisch...
Benutzeravatar
Adora Belle
Golembefreierin mit Herz
...ist hier unabkömmlich !
Beiträge: 14366
Registriert: 14.03.2008, 14:17
Beruf: RAin

#2

15.09.2021, 16:02

Man schließt Vergütungsvereinbarungen und erklärt dem Mandanten, dass die RSV nur gesetzliche Gebühren übernimmt, zu diesem Satz aber keine wirtschaftliche Bearbeitung der Sache möglich ist.
Benutzeravatar
Anahid
Hexe vom Dienst
...ist hier unabkömmlich !
Beiträge: 17510
Registriert: 22.02.2011, 10:41
Beruf: Rechtsfachwirtin
Software: RA-Micro

#3

15.09.2021, 17:02

Natürlich spielt es keine Rolle, ob die Abrechnung nicht ordnungsgemäß war. Euer Auftrag lautet (und einen anderen Auftrag wird ein Mieter auch niemals erteilen), die Nebenkostenabrechnung zu prüfen und die Nachforderung abzuwehren. Streitwert ist da immer der Nachforderungsbetrag. Ein Mieter kommt ja nicht zu Euch, wenn die Abrechnung für ihn positiv ist und bittet Euch diese zu überprüfen. ;)

Wenn die gesetzlichen Gebühren den zu erwartenden Arbeitsaufwand nicht decken, dann bleibt nur, wie Adora Belle richtig schreibt, der Abschluss einer Vergütungsvereinbarung, die ein rechtsschutzversicherter Mieter sicherlich nicht akzeptieren wird, es sei denn, er will unbedingt zu Euer Kanzlei oder er hat es schon bei anderen Kanzleien versucht und dort dieselbe Auskunft erhalten. :mrgreen:
:katze2 Jeder Tag ist ein Geschenk ... aber manche sind einfach grottenschlecht verpackt. :katze1
Benutzeravatar
Muschel
Absoluter Workaholic
Beiträge: 1151
Registriert: 01.06.2011, 11:38
Beruf: RA-Fachangestellte
Software: RA-Micro

#4

16.09.2021, 11:17

Wir haben hier sehr viele Nebenkostenabrechnungen und ich berufe mich bei der Höhe des Gegenstandswertes immer auf ein Urteil des KG Berlin, wonach 1/3 der Gesamtforderung (also der Summe aller Betriebskosten, nicht nur der Nachzahlbetrag) als Berechnungsgrundlage genommen wird. Bisher auch nie Probleme bei der Abrechnung mit der RSV bekommen.

P.s. Der Anwalt prüft ja nicht nur den Nachzahlungsbetrag sondern muss sich ja trotzdem alle Positionen in der BKA ansehen und Belege einsehen.
Der frühe Vogel fängt vielleicht den Wurm, aber die zweite Maus bekommt den Käse. (Denkt nochmal drüber nach.) ;-)
Benutzeravatar
Soenny
Administratorin
Administratorin
...ist hier unabkömmlich !
Beiträge: 12224
Registriert: 21.02.2007, 11:07
Beruf: Bürovorsteherin
Software: RA-Micro
Kontaktdaten:

#5

16.09.2021, 12:33

Muschel hast du ein Aktenzeichen zu dem Urteil KG Berlin?
❤️ Ich helfe Straßenkatzen, bitte helft mit: Homepage der Straßenkatzen Bonn/Rhein-Sieg e.V. ❤️

Bei manchen Menschen ist es interessant zu sehen, wie das Alter den Verstand überholt hat! (Autor: A.G.)


Bild Bild



An die Person, die meine Schuhe versteckt hat, während ich auf der Hüpfburg war: Werd' erwachsen! :motz
Benutzeravatar
Muschel
Absoluter Workaholic
Beiträge: 1151
Registriert: 01.06.2011, 11:38
Beruf: RA-Fachangestellte
Software: RA-Micro

#6

16.09.2021, 13:18

Ich schau kurz nach ......
Der frühe Vogel fängt vielleicht den Wurm, aber die zweite Maus bekommt den Käse. (Denkt nochmal drüber nach.) ;-)
Benutzeravatar
Muschel
Absoluter Workaholic
Beiträge: 1151
Registriert: 01.06.2011, 11:38
Beruf: RA-Fachangestellte
Software: RA-Micro

#7

16.09.2021, 13:24

Es war das AG Berlin, Urteil v. 06.10.2010, 11 C 194/10
Der frühe Vogel fängt vielleicht den Wurm, aber die zweite Maus bekommt den Käse. (Denkt nochmal drüber nach.) ;-)
Benutzeravatar
Anahid
Hexe vom Dienst
...ist hier unabkömmlich !
Beiträge: 17510
Registriert: 22.02.2011, 10:41
Beruf: Rechtsfachwirtin
Software: RA-Micro

#8

16.09.2021, 14:07

AG Berlin....AG München bemisst es anders und Haufe sagt: Beratungstätigkeit und damit höchstens 190,00 € netto, womit wir wieder bei Adora Belle wären: Vergütungsvereinbarung schließen. :mrgreen:
:katze2 Jeder Tag ist ein Geschenk ... aber manche sind einfach grottenschlecht verpackt. :katze1
Antworten