"Mehrvergleich" in Verfahren nach § 887 ZPO

Fragen rund um die neuen Rechtsanwaltsgebühren nach RVG ab 01.08.2013
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Kimmi
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#1

29.06.2017, 17:34

Hallo zusammen,

ich brauche dringend mal ein paar Köpfe mehr zum Nachdenken!

Sachverhalt ist folgender:

Es gibt zwei Verfahren.
Im ersten Verfahren wurde unser Mandant zur Vornahme einer vertretbaren Handlung verurteilt. Im zweiten Verfahren zur Zahlung eines Betrages von rd. 40.000,00 €. Im ersten Verfahren läuft noch das Kostenfestsetzungsverfahren. Im zweiten Verfahren ist KFB ergangen.
Im ersten Verfahren stellt die Gegenseite dann Vollstreckungsauftrag nach § 887 ZPO. Im Rahmen dieses Vollstreckungsverfahrens wird ein Sachverständiger bestellt, um Wert und Umfang der vorzunehmenden Handlung zu bestimmen.
Im Laufe dieses Vollstreckungsverfahrens erzielen die Parteien einen Vergleich folgenden Inhalts:

Der Beklagte zahlt einen Betrag von 23.000,00 €. Die Klägerin verzichtet auf die Rechte aus den Urteilen beider Verfahren und dem ergangenen KFB.

In dem Vollstreckungsverfahren wurden also weitere Ansprüche mitverglichen.
Demgemäß hat das Gericht auch die folgenden Werte festgesetzt:
Vollstreckungsverfahren: rd. 19.500,00 €
Vergleich: bis 80.000,00 €

Jetzt die Gedanken, die ich mir dazu gemacht habe:

- Für das Verfahren über die Ersatzvornahme wird nach §§ 887 ZPO, 18 Abs. 1 Nr. 12 RVG eine 0,3 Verfahrensgebühr nach 3309 VV RVG fällig.
[- Da es hier Ortstermine mit dem Sachverständigen gegeben hat, kommt auch eine 0,3 Terminsgebühr nach 3310 VV-RVG dazu.
- Das Vollstreckungsverfahren gehört zu den "gerichtlichen Verfahren", es entsteht daher für das Vollstreckungsverfahren (Wert 19.500,00€) eine 1,0 Einigungsgebühr nach VV 1003?
- Gibt es dann für die mitverglichenen Positionen aus dem zweiten Verfahren eine 1,5 Einigungsgebühr gem. VV 1000 Anm. Abs. 1 S. 1 Nr. 2? Es liegt ja bereits ein Titel über die weiteren 40.000,00 € vor und die Klägerin verzichtet im Vergleich auf Vollstreckungsmaßnahmen? Es handelt sich also nach der Anmerkung zu VV 1000 RVG um eine Zahlungsvereinbarung.
- Der Gegenstandswert einer solchen Zahlungsvereinbarung ist allerdings nach § 31b RVG 20 % des Anspruchs. Also 20 % von 60.500,00 €?
- Entsteht für die mitverglichenen Positionen eine weitere ("Differenz")verfahrensgebühr nach 3309 VV nach dem Wert der Differenz?
- Wird die Terminsgebühr nach dem Vergleichswert von 80.000,00 € berechnet, da die Anwälte über den Inhalt des Vergleichs telefonisch verhandelt haben?
- Im Falle der Differenzverfahrensgebühr und einer weiteren Vergleichsgebühr muss der Abgleich nach § 15 III RVG beachtet werden.

Nach diesen ganzen Gedanken eröffnet sich also folgende Abrechnungsmöglichkeit:

0,3 Verfahrensgebühr nach Wert 19.500 €
0,3 Verfahrensgebühr nach Wert 60.500 €
evtl. Abgleich 0,3 Gebühr nach 80.000,00 €

1,0 Einigungsgebühr nach Wert 19.500,00 €
1,5 Einigungsgebühr nach 12.100,00 € (20 % von 60.500 €)
evtl. Abgleich 1,5 Einigungsgebühr nach 31.600,00 €

0,3 Terminsgebühr nach 80.000,00 €

Ausl.
USt.

Was haltet ihr von der Abrechnung? Ich bin mir echt nicht sicher!

Danke schonmal für die Hilfe!

LG Kimmi
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#2

29.06.2017, 17:46

Da eine Einigungsgebühr nicht ohne Tätigkeitsgebühr entstehen kann, würde ich auch hinsichtlich des Mehrvergleichsbetrages eine 0,3 VG abrechnen.

Deine Abrechnung finde ich gut, allerdings frage ich mich, warum Du nur "evtl." einen Abgleich vornehmen willst? Der Abgleich ist definitiv vorzunehmen.
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Kimmi
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#3

30.06.2017, 08:02

Danke für deine Rückmeldung!
Ja, das mit dem Abgleich ist doof formuliert. Abgleich muss natürlich auf jeden Fall gemacht werden und dann muss "evtl" der geringere Abgleichsbetrag berücksichtigt werden ;-)
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