Terminsgebühr/Einigungsgebühr ohne Termin

Fragen rund um die neuen Rechtsanwaltsgebühren nach RVG ab 01.08.2013
Antworten
Bürohexe
Daueraktenbearbeiter(in)
Beiträge: 303
Registriert: 20.02.2007, 20:38
Beruf: Rechtsanwaltsfachangestellte
Software: RA-Micro
Wohnort: M-V

#1

12.04.2017, 08:48

Hallo liebe Gemeinde,

ich steh heute am frühen Morgen noch auf dem Schlauch...

Wir haben in einer Verkehrsrechtssache Klage eingereicht gegen den Halter und den Versicherer, Streitwert 1.200,00 €.
Nach Rechtshängigkeit bot der Versicherer außergerichtlich einen Vergleich an; der Anwalt des Halters hat noch eine Klageerwiderung eingereicht.
Wir haben uns mit dem Versicherer verständigt, dies dem AG angezeigt und um Feststellung des Zustandekommens des Vergleichs im schriftlichen Verfahren gebeten.
Der Versicherer hat das AG auch entsprechend informiert und mitgeteilt, dass er davon ausgeht, dass die Klage zurückgenommen wird.

Nach Zahlung des Vergleichsbetrags haben wir den Rechtsstreit für erledigt erklärt. Die vereinbarte Kostenquotelung haben wir dem AG mitgeteilt; hierüber hat das AG einen Beschluss erlassen.

Wir haben sodann den Kostenausgleichsantrag gestellt. Ich habe eine Verfahrens-, Termins- und Einigungsgebühr nach Nr. 1003 VV RVG angesetzt.
Jetzt fragt das AG nach, wie ich auf die TG und EG komme...
Als Faustregel habe ich immer im Kopf, dass die EG nie ohne TG anfallen kann; soweit ist das doch richtig, oder?
Blöderweise ist das AG unserem Antrag, den Vergleich im schriftlichen Verfahren festzustellen, nicht nachgekommen. Ich habe also keinen Beschluss nach 278 Abs. 6 ZPO. Aber die Einigungsgebühr ist doch definitiv angefallen. Oder bin ich auf dem Holzweg?
Inkasso-Tante
Forenfachkraft
Beiträge: 122
Registriert: 25.11.2013, 10:43
Beruf: RA-Fachangestellte
Software: Phantasy (DATEV)

#2

12.04.2017, 09:02

Vielleicht hilft das folgende Zitat von http://www.iww.de/rvgprof/archiv/zivils ... ren-f22621 weiter:
"Terminsgebühr durch Abschluss eines schriftlichen Vergleichs
Nach Abs. 1 Ziff. 1 der Anm. zu Nr. 3104 VV RVG entsteht eine Terminsgebühr durch Abschluss eines schriftlichen Vergleichs in den dort aufgeführten Verfahren. Der Vergleich ersetzt die gerichtliche Entscheidung (Zöller, a.a.O.). Der Anfall einer Terminsgebühr für diese Fälle ist konsequent, weil der Anwalt nach Vorbem. 3 Abs. 3 Alt. 3 VV RVG eine Terminsgebühr bereits erhält, wenn Besprechungen ohne Beteiligung des Gerichts mit dem Ziel der Vermeidung/Erledigung des Verfahrens geführt werden. Der schriftliche Vergleich geht weiter, weil er das Gerichtsverfahren vermeidet bzw. erledigt (<a href="http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3406574025/ref=nosim/foreno-21" target="_blank">Gerold/Schmidt</a>/Madert, RVG, 16. Aufl., Nr. 3104 VV Rn. 57). Nach dem Wortlaut dürfte jeder schriftliche Vergleich, nicht nur der gerichtliche Beschlussvergleich gemäß § 278 Abs. 6 ZPO erfasst sein (Hansens/Braun/Schneider, a.a.O., Teil 7 Rn. 349, a.A.: Anw.Komm. RVG/Gebauer, VV 3104 Rn. 31).
Nach dem Wortlaut lässt aber nur ein schriftlicher Vergleich (§ 779 BGB), nicht aber eine schriftliche Einigung die Terminsgebühr entstehen (Hansens/Braun/Schneider,a.a.O., Teil 7 Rn. 351; Zöller/Greger, a.a.O., § 278 Rn. 27: Nr. 3104 sollte auch bei schriftlicher Einigung gelten.)."
Bürohexe
Daueraktenbearbeiter(in)
Beiträge: 303
Registriert: 20.02.2007, 20:38
Beruf: Rechtsanwaltsfachangestellte
Software: RA-Micro
Wohnort: M-V

#3

12.04.2017, 09:52

Also lag ich gar nicht falsch. Demnach ist es egal, ob der Vergleich protokolliert wurde, richtig?
Benutzeravatar
Adora Belle
Golembefreierin mit Herz
...ist hier unabkömmlich !
Beiträge: 14428
Registriert: 14.03.2008, 14:17
Beruf: RAin

#4

12.04.2017, 14:05

Die EG kann ohne TG anfallen, aber nie ohne Betriebsgebühr, also GG/VG. Eine TG sehe ich bei Euch nicht, wenn Ihr Euch nicht mit der Gegenseite besprochen habt.

Ihr scheint aber auch ohnehin nicht so richtig einig geworden mit der Versicherung. Ihr geht von einem Vergleich aus, die Gegenseite meint, Ihr würdet die Klage zurücknehmen. In solchen Fällen wird auch üblicherweise gar kein Kostenantrag gestellt, sondern man meldet die Kosten bei der Gegner-Haftpflicht an und nimmt die Klage nach Zahlung zurück. Was ist außerdem mit dem Halter? Will der ohne seine Versicherung weitermachen, oder hat nur sein Anwalt vergessen ihm zu erzählen, dass besser keinen eigenen Bevollmächtigten beauftragt?
Bürohexe
Daueraktenbearbeiter(in)
Beiträge: 303
Registriert: 20.02.2007, 20:38
Beruf: Rechtsanwaltsfachangestellte
Software: RA-Micro
Wohnort: M-V

#5

03.05.2017, 14:39

Hallo Adora Belle,
entschuldige, ich habe Deinen Beitrag gar nicht mehr gesehen...
In der Tat scheint da irgendetwas schiefgelaufen zu sein.
Der Halter und sein Anwalt machen "auch nicht weiter". Der RA muss vom Gericht eine Verfügung erhalten haben, auf welche er sich bezieht und mitteilt, dass er "keine Einwände" hat.
Tatsächlich hat meine Chefin dem Gericht auch mitgeteilt, dass eine streitige Kostenentscheidung nicht erfolgen muss... Gleichwohl hat sie KfA veranlasst. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich das nicht gesehen habe.
Ich warte jetzt mal ab, was das Gericht macht oder was die Gegenseite vorträgt.
Antworten