Streitwertfestsetzung ArbG/streitwerterhöhende Ansprüche

Fragen rund um die neuen Rechtsanwaltsgebühren nach RVG ab 01.08.2013
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Küstenkind
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#1

30.08.2014, 16:01

Hallo zusammen! :wink2

Ich bin neu hier und hoffentlich komme ich bei meinem ersten Beitrag nicht gleich mit einer total dummen Frage um die Ecke. :oops:

Es geht um eine Abrechnung in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren, Kündigungsschutzklage. Es wurde sich verglichen.

Nun sollte ich abrechnen und fand meine Lösung eigentlich auch ganz gut und jetzt kommt das ArbG mit der Streitwertfestsetzung und bringt mein ganzes Weltbild ins Wanken.

Also, die Sache sieht wie folgt aus:

- Es gab Kündigungsschutzklage der Gegenseite - nur die reine Klage, dass das Arbeitsverhältnis durch Kündigung nicht aufgelöst wurde, nichts Weiteres.
- Dann kam der übliche Schriftwechsel, es wurde dann von der Gegner beantragt, dass festgestellt wird, dass das Arbeitsverhältnis fortbesteht.
- Dann kam eine zweite Kündigung.
- Dann wurden von der Gegenseite Zahlungsansprüche geltend gemacht.
- Letztendlich kam es zum Termin und dort zum Vergleich auf Zahlung einer Abfindung, Erstellung eines Zeugnisses etc. und damit ist der Rechtsstreit erledigt.

Ich wollte - nach Rücksprache mit RA - dann wie folgt gegenüber der Mandantschaft abrechnen:

Streitwert bestehend aus:
3 x Bruttogehalt für Ksch-Klage (1. Kündigung)
3 x Bruttogehalt für Ksch-Klage (2. Kündigung)
1 x Bruttogehalt für Antrag auf Fortführung des Arbeitsverhältnisses
+ Betrag aus Klagerweiterung über Zahlungsansprüche

1 x Bruttogehalt für Zeugnis (als nicht rechtshängigen Anspruch und demnach wollte ich dann die Gebührenbegrenzung nach § 15 Abs. 3 vornehmen)

Ich fand das auch ganz logisch, nur kam jetzt Post vom Gericht und die meinen, die setzen den Streitwert auf 3 Bruttogehälter fest. Mehr nicht.

Ist das eigentlich so richtig? Ich hab schon im RVG für Anfänger nachgeschlagen und es muss doch zumindest der Betrag aus der Klagerweitertung Eingang in den Streitwert finden, oder? Ich mein bei den übrigen Werten (vor allem, ob für die zweite Kündigung noch mal 3 Gehälter anfallen, ich dachte eigentlich, dass das gar nicht geht, aber mein Chef hat mir das eigentlich überzeugend erklärt, dass diese 3 auch mit reinmüssen) bin ich mir jetzt selbst nicht so sicher, je länger ich darüber nachdenke => aber nur 3 Bruttogehälter erscheinen mir doch zu wenig.

Z. B. Hab ich schon ein bisschen im Netz gelesen und anscheinend kann man das Zeugnis wenn es lediglich nur im Vergleich steht wohl gar nicht streitwerterhöhend berücksichtigen? Womit ich meine Überlegung zur Gebührenbegrenzung in die Tonne treten könnte? :oops:

Würdet ihr hier Streitwertbeschwerde einlegen? Mein Chef findet nämlich auch, dass der festgesetzte Wert viel zu niedrig ist.

Aber vielleicht machen das die Arbeitsgerichte ja allgemein so? Ich muss zugeben, ich bin gerade neu in der Kanzlei und in meiner alten Kanzlei hab ich mir eigentlich in arbeitsrechtlichen Sachen nie um Streitwerte Gedanken machen müssen, die hat der Anwalt immer selbst ausgerechnet. :( Ist alles so ziemliches Neuland für mich und mich lässt diese Frage - selbst jetzt am Wochenende - einfach nicht los.

Könntet ihr mir da bitte helfen? Das wäre wirklich total lieb.

Und ich wünsche euch allen ein schönes Wochenende. :mrgreen:
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sunshine24
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#2

30.08.2014, 23:17

:wink1
So, ich versuch mal, zu später Stunde noch was Sinnvolles zu schreiben :mrgreen:

Ich kenne das so (auf deinen Fall bezogen):

- 3 Bruttogehälter für die Kündigungsschutzklage
- 1 weiteres Gehalt für den Weiterbeschäftigungsantrag (Fortbestehen des AV)
- Erhöhung des Streitwertes um die Zahlungsansprüche

Was das Zeugnis angeht, ist das bei uns bisher so der Fall gewesen (wenn ich mich richtig erinnere), dass dies nicht streitwerterhöhend war, wenn es lediglich mit in den Vergleich aufgenommen wurde. Hier vielleicht die Überlegung, ob im Termin über das Zeugnis "diskutiert" wurde. Dementsprechend ist dann auch eine Streitwerterhöhung vorzunehmen, meine Meinung. Hier entscheiden die Gerichte nach meiner Erfahrung unterschiedlich. Manche nehmen einen "Pauschalbetrag", manche ein halbes Bruttogehalt, manche ein ganzes Bruttogehalt.

Die zweite Kündigung ist m. E. nicht streitwerterhöhend. Wenn ich das richtig im Kopf habe, ist die Meinung aber strittig.

Also insgesamt nur drei Bruttogehälter find ich da ehrlich gesagt auch zu wenig, selbst wenn man das Zeugnis und die zweite Kündigung außer Acht lässt.
Ich wollte mich wirklich benehmen, aber es gab so viele andere Optionen!
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#3

31.08.2014, 16:14

@sunshine24

Danke schön, dass du dir so spät am Abend noch nen Kopf um mein Problem gemacht hast! Und danke für ausführliche Erklärung

Ob das Zeugnis jetzt direkt im Termin mitverhandelt wurde, daran kann ich mich jetzt so spontan nicht mehr erinnern. Ich schau noch einmal nach. Und vielleicht finde ich ja irgendwo noch eine Akte, in der die Kollegin, die ich momentan vertrete, so eine Sache schon mal abgerechnet hat, zur Orientierung. Obwohl das ja dann auch wieder nicht heißt, dass dies so richtig war.
sunshine24 hat geschrieben: Die zweite Kündigung ist m. E. nicht streitwerterhöhend. Wenn ich das richtig im Kopf habe, ist die Meinung aber strittig.
Ok. Habe nämlich im Netz auch Streitwertkataloge gesehen, wo dann doch mindestens ein Bruttogehalt zugrunde gelegt wurde. Aber leider gibt es ja keine zentralen Richtlinien, an denen man sich 100%ig orientieren kann. Dann wäre das Leben wohl viel einfacher... :-|
sunshine24 hat geschrieben:Also insgesamt nur drei Bruttogehälter find ich da ehrlich gesagt auch zu wenig, selbst wenn man das Zeugnis und die zweite Kündigung außer Acht lässt.
Also dann wohl eventuell doch Streitwertbeschwerde. Mal schauen, ob wir die dann einlegen. Wäre ja selbst auf die Entscheidung dazu gespannt. :wink:

Dann danke dir und ein schönes Wochenende!

:thx
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jojo
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#4

01.09.2014, 08:32

Mh, hinsichtlich der 2. Kündigung gilt hier die Differenztheorie: Der Wert ist der Unterschied zum Beendigungstermin der 1. Kündigung, max 3 Monate.

Wenn das Zeugnis nur so vereinbart wird, gibt's hier 0,5 Gehalt.
Denn für immer Punk, will ich sein mein Leben lang,
Lieber Aussenseiter sein, als ein dummes Spiesserschwein... (WiZO Nanana)

Der Totenschädel lacht, die schwarzen Fahnen wehen... Viva St. Pauli ! 177
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#5

03.09.2014, 08:54

jojo hat geschrieben:Mh, hinsichtlich der 2. Kündigung gilt hier die Differenztheorie: Der Wert ist der Unterschied zum Beendigungstermin der 1. Kündigung, max 3 Monate.

Wenn das Zeugnis nur so vereinbart wird, gibt's hier 0,5 Gehalt.
Hallo nochmal :)

Erstmal danke für den Hinweis. Ich habe die Sache daraufhin noch einmal überprüft und es besteht eine 3-Monats-Differenz.

Übrigens werden wir wohl Streitwertbeschwerde einlegen, irgendwie macht das Gericht merkwürdige Sachen. In einem ähnlich gelagerten Verfahren - lediglich die Daten der Kündigungen waren anders, allerdings auch mind. 3 Monate auseinander - hat dasselbe Arbeitsgericht nämlich hier auf einmal die zweite Kündigung mit 3 Bruttogehältern berücksichtigt. Das Zeugnis haben sie übrigens als nicht streitwerterhöhend angesehen mit Verweis auf die Rechtsprechung des LAG. Nun ja, damit hatte ich mich nun abgefunden. Aber das mit den 3 Gehältern für die 2. Kündigung? Das verstehe mal einer...

Ich wünsche noch einen angenehmen Arbeitstag! :D
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