Mahnbescheid gegen einen bereits Verstorbenen

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Loumie
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#1

18.08.2022, 11:55

Hallo,

verzeiht mein Unwissen - ich hatte noch nie viel mit Mahn-/ZV-Verfahren zu tun. Seit 2019 jedenfalls gar nicht mehr. Meine derzeitige Kanzlei ist ausschließlich (bis auf ein paar Ausnahmen) auf Sozialrecht spezialisiert und daher fehlt auch den anderen im Boot das Wissen :panik Falls es so einen Thread bereits hier im Forum gibt, bitte ich um Zusammenlegung. Meine Stichwortsuche hat dann versagt :sad: Zur Situation:

Unsere Mandantin legt uns Mahnungen vor, die an ihren bereits vor Jahren verstorbenen Ehemann gehen wegen eines angeblich diesen Jahres abgeschlossenen Vertrages, der dann von der Gegnerseite gekündigt worden ist. Diese verlangen nun eine Entschädigungszahlung. Auf unsere beiden Schreiben wurde (wie erwartet) nicht geantwortet. Die Mandantin hat uns dann den Mahnbescheid vorgelegt, der wieder den verstorbenen Ehemann als Schuldner angibt, obwohl bereits in unserem ersten Schreiben erwähnt wurde, dass dieser bereits längst verstorben ist.

Mein Chef weiß jetzt nicht so richtig, wie er in der Sache zu handeln hat. Er hat bei unserem Mahngericht erstmal die Prozessbevollmächtigten-Kennziffer für das Online-Mahnverfahren beantragt.
Seine Fragen sind jetzt:
- Kann er überhaupt Widerspruch einlegen? Wenn ja: Wie? (mein Gedanke war jetzt, dass er über Online-Mahnantrag bei den Folgeanträgen den Widerspruch erstellt, es zur eAkte speichert, und die Datei per beA ans zuständige Mahngericht versendet)
oder
- reicht es lediglich, dem Mahngericht mitzuteilen, dass der Schuldner bereits verstorben ist?

M.E. müssen wir ja zuerst in Erfahrung bringen, wer die Erben des Verstorbenen sind. Muss man bei Einreichung des WS dann auch schon den Tod + Nachweis der Erbfolge anzeigen? Wir bezweifeln, dass die Gegenseite die Sache zum zuständigen Amtsgericht abgeben wird.
Pitt
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#2

18.08.2022, 12:45

Zunächst wäre zu klären, wie der vor Jahren verstorbene Ehemann im Jahr 2022 einen Vertrag abgeschlossen haben soll. Eventuell liegt hier schlicht eine Namensidentität vor und der Gläubiger hat auf gut Glück irgendjemanden mit gleichem Namen in Anspruch genommen oder es liegt ein Identitätsdiebstahl vor. Da der Antragsgegner verstorben ist, könnt Ihr allenfalls den/die Rechtsnachfolger vertreten und müsst das auch im Rahmen des Widerspruchs so ggü. dem Gericht kommunizieren und zu belegen (Sterbeurkunde/Erbschein). Neben dem Widerspruchsformular wäre hier also auch noch ein entsprechendes Anschreiben und die Nachweise über die Rechtsnachfolge an das Mahngericht zu schicken.
samsara
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#3

18.08.2022, 12:50

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skugga
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#4

18.08.2022, 13:00

Ganz ehrlich: was wollt Ihr eigentlich alle mit den Erben? Wenn der Mann schon lange vor dem angeblich geschlossenen Vertrag verstorben war, dann kann er den Vertrag schlicht nicht abgeschlossen haben und dann wären auch mögliche Erben davon nicht betroffen. Wie soll denn ein Titel gegen einen bereits Verstorbenen ergehen aus einer angeblichen Forderung, die auch nach dessen Tod liegt?

M. E. ist das ein typischer Fall von "Verklagt ihn doch" - das Ganze geht doch ins Leere.
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Pitt
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#5

18.08.2022, 14:14

Ja, das Ganze geht zwar ins Leere. Aus Sicht der hier indirekt betroffenen Witwe dürfte es aber wohl nervenschonender sein, nicht ein paar Monate abzuwarten, bis die Gegenseite einen - nutzlosen - Vollstreckungstitel erwirkt hat. So wie die Gegenseite sich hier verhält, fahren die offensichtlich eine Zermürbungstaktik, da sie die anwaltlichen Schreiben komplett ignorieren. Ich hatte hier auch schon den Fall, dass das Verfahren nach einem Widerspruch vom Antragsteller nicht fortgesetzt wurde, sondern der Antragsteller versucht hat, den angeblichen Schuldner abseits des Mahnverfahrens durch weitere unfreundliche Schreiben zur Zahlung zu bewegen. So eine Akte habe ich hier seit Anfang des Jahres im Schrank hängen. Dann würde ich eher den Weg aus dem Link von samsara wählen.
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skugga
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#6

18.08.2022, 21:06

Pitt hat geschrieben:
18.08.2022, 14:14
Ja, das Ganze geht zwar ins Leere. Aus Sicht der hier indirekt betroffenen Witwe dürfte es aber wohl nervenschonender sein, nicht ein paar Monate abzuwarten, bis die Gegenseite einen - nutzlosen - Vollstreckungstitel erwirkt hat. So wie die Gegenseite sich hier verhält, fahren die offensichtlich eine Zermürbungstaktik, da sie die anwaltlichen Schreiben komplett ignorieren. Ich hatte hier auch schon den Fall, dass das Verfahren nach einem Widerspruch vom Antragsteller nicht fortgesetzt wurde, sondern der Antragsteller versucht hat, den angeblichen Schuldner abseits des Mahnverfahrens durch weitere unfreundliche Schreiben zur Zahlung zu bewegen. So eine Akte habe ich hier seit Anfang des Jahres im Schrank hängen. Dann würde ich eher den Weg aus dem Link von samsara wählen.
Der Weg wird aber so nicht funktionieren, weil der Sachverhalt ein anderer ist; in dem Fall aus dem Link war die angebliche Forderung ja VOR dem Tod des angeblichen Schuldners entstanden (und insofern haben mögliche Erben natürlich in diesem Fall was damit zu tun), hier aber kann ja schon die Forderung nicht entstanden sein, da der angebliche Schuldner zum Zeitpunkt des angeblichen Vertragsschlusses ja schon nicht mehr gelebt hat (und somit sind auch mögliche Erben raus aus der Nummer).

Und einen Widerspruch in Vollmacht des angeblichen Schuldners einzulegen geht aus dem gleichen Grund nicht - der lebt nicht mehr, kann also ergo auch keinen RA beauftragen.

Dass das die Witwe nervt, ist klar, aber die dürfte inzwischen auch so schon genervt genug sein.

Evtl. böte es sich an, das Mahngericht ohne Vertretungsanzeige einfach mal formlos anzuschreiben und eine Kopie der Sterbeurkunde des angeblichen Schuldners zu übersenden.

Ansonsten bleibe ich aber bei meiner Meinung, dass es hier nix bringt, ein Riesenfass aufzumachen. Soll die "Gegenseite" das doch tun und damit auf die Nase fallen.
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#7

19.08.2022, 07:51

@skugga: Du hast Recht, dass der Fall im Link ist nicht vergleichbar ist. Der dort in Anspruch genommene Antragsgegner hatte dem RA vor seinem Tod eine Vollmacht erteilt. Am besten, man fragt die Mandantin, welcher Weg ihr der Liebste ist, abwarten und die Gegenseite auflaufen lassen oder der Versand der Sterbeurkunde an das Mahngericht.
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paralegal6
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#8

19.08.2022, 10:04

ich würde bei der Post Bescheid sagen, dass die nichts mehr zustellen sollen, ggf. den Namen auf dem Briefkasten entfernen bzw. nur den Vornamen der Witwe raus schreiben
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jojo
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#9

19.08.2022, 10:20

Ähm, von einfach laufen lassen würde ich abraten: Dann ergeht VB und den kann man sich ja gem. § 727 CPO umschreiben lassen....

Namens der Witwe als Rechtsnachfolgerin Widerspruch einlegen, Sterbeurkunde vorlegen und die Unterbrechung beantragen.

Dann mal warten, was da kommt.
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Der Totenschädel lacht, die schwarzen Fahnen wehen... Viva St. Pauli ! 177
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#10

12.09.2022, 13:05

Wie soll man einen Vollstrechungsbescheid auf den Rechtsnachfolger umgeschrieben bekommen, wenn der Mahnbescheid bereits postmortem ergangen ist?

Jedenfalls würde ich elektronisch Widerspruch einlegen und mich formlos mit dem Erbschein per BeA beim zentralen Mahngericht melden.
(Und mich vorher beim Chef versichern, ob das so richtig ist)
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