Amtsgericht kann Urteil nicht zustellen

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ludty
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#1

02.09.2021, 14:53

Hallo,

leider habe ich über die Suche nichts konkretes gefunden.

Ein von uns erwirktes Versäumnisurteil kann an den Beklagten nicht zugestellt werden. Laut Auskunft der Post ist der Empfänger unbekannt verzogen. Da der Beklagte im gleichen Ort wohnt, war ich bei seiner Anschrift. Der gute Mann hat an Briefkasten und Klingel den Namen entfernt und den Briefkasten zugeklebt :patsch Ich weiß aber, dass er dort definitiv wohnt. Es gibt auch eine Zeugin dafür(die getrennt lebende Ehefrau). Die Gemeinde hat mir auf telefonische Rückfrage bestätigt, dass er dort noch gemeldet ist. Ich weiß jetzt erhlich gesagt überhaupt nicht, wie es weiter geht. Das Gericht bittet um Mitteilung der aktuellen Anschrift und weist darauf hin, dass ohne die Bekanntgabe der aktuellen Anschrift das Verfahren nicht fortgeführt werden kann.
Mache ich jetzt einfach Schreiben an das Gericht und schildere das obige oder muss ich eine örtliche Ermittlung bei der Meldebehörde in Auftrag geben?

Verwirrte Grüße
Coco Lores
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#2

02.09.2021, 16:26

Also ich würde mit dem Wissen, dass er dort noch wohnt und der bereits durch die Gemeinde telefonisch erteilte Zustimmung eine offizielle EMA machen und die dann ans Gericht schicken, mit dem oben geschilderten Umständen.

Eine öffentliche Zustellung kommt glaube ich nicht in Frage, weil der Aufenthaltsort ja bekannt ist.
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#3

02.09.2021, 16:49

Ich würde -verbunden mit den Infos - Zustellung durch einen Justizbediensteten beantragen. Fakt ist: Egal was die EMA sagt, wenn der Briefkasten nicht zugänglich ist/nicht erkennbar ist, dass es der des Beklagten ist, wird die übliche Zustellung durch die Post scheitern.
Für die einen ist es die US-Wahl, für den Rest der Welt ist es 9/11
ludty
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#4

03.09.2021, 11:21

:thx

Da mit der öffentlichen Zustellung habe ich meinen Chef auch schon versucht zu erklären, dass es ausfällt. Will er nicht wirklich hören :roll:

Mir hatte da auch noch was im Hinterkopf gedämmert, dass man über einen Justizbeamten zustellen kann. Ich war mir aber nicht mehr sicher.

Vielen Dank für Eure schnellen Antworten. Ich hau gleich mal ein Schreiben an das Gericht raus.

Schöööönes Wochenende
Coco Lores
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#5

03.09.2021, 12:21

mrsgoalkeeper hat geschrieben:
02.09.2021, 16:49
Ich würde -verbunden mit den Infos - Zustellung durch einen Justizbediensteten beantragen. Fakt ist: Egal was die EMA sagt, wenn der Briefkasten nicht zugänglich ist/nicht erkennbar ist, dass es der des Beklagten ist, wird die übliche Zustellung durch die Post scheitern.
Verlangt das Gericht nicht vielleicht trotzdem eine offizielle EMA, um auszuschließen, dass der Justizbedienstete dort "vergeblich" hinläuft'? Deswegen mein Gedanke auf jeden Fall eine EMA zu machen, um eine offizielle Bestätigung der Meldebehörde zu bekommen.
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#6

14.09.2021, 10:44

Guten Morgen,

mal ein kleines update. Habe einen Schriftsatz an das Gericht gefertigt:

teilen wir unter Bezugnahme auf die Verfügung vom 27.08.2021 mit, dass der Beklagte definitiv unter der Anschrift .... wohnhaft ist. Das kann auch eine Zeugin bestätigen.
Der Unterzeichner musste vor Ort feststellen, dass sich kein Name an Klingel und Briefkasten befindet. Der Briefkasten wurde zugeklebt.
Auf Rückfrage beim Einwohnermeldeamt konnten wir erfahren, dass der Beklagte auch weiterhin unter der angegebenen Anschrift gemeldet ist.
Wir beantragen daher die Zustellung des Urteils durch einen Justizbediensteten.

Antwort des Gerichts:
Urteil konnte unter der genannten Anschrift nicht zugestellt werden. Der Justizbedienstete hat den Postzustellungsauftrag mit dem Vermerk "Adressat unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln. Briefkasten ohne Namensschild+zugeklebt. Tür wurde nicht geöffnet" zurückgebeben.
Sie werden gebeten innerhalb von 2 Wochen eine zustellungsfähige Anschrift mitzuteilen. Ohne die Bekanntgabe der aktuellen Anschrift kann das Verfahren nicht fortgeführt werden.

Ich kann förmlich sehen, wie der Beklagte hinterm Vorhang steht und sich über die Zustellversuche kaputtlacht :evil:

Ich soll jetzt gem. Chef nach § 168 Abs. 2 ZPO Zustellung über den Gerichtsvollzieher beantragen. Hat jemand noch eine andere Idee? Den Antrag nach § 168 Abs. 2 ZPO schicke ich heute raus und werde berichten.

Grüße Sandra
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#7

14.09.2021, 10:58

Und welche Chance hat der Gerichtsvollzieher da zuzustellen, wenn der Typ die Tür nicht aufmacht und seinen Briefkasten zugeklebt hat?

Reicht das denn nicht für eine öffentliche Zustellung aus? Wenn der Gegner offensichtlich und (durch die Zustellung des Justizbediensteten jetzt auch dem Gericht bekannt) nachweislich die Zustellung verhindert, in dem er seinen Briefkasten zuklebt und die Türe nicht öffnet, dann muss doch eine öffentliche Zustellung drin sein. Kann doch nicht sein, dass Euer Mandant immer mehr Kosten aufwenden muss. Hast Du das mal abgeklärt?
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#8

14.09.2021, 11:18

Hier mal ein Auszug aus nachfolgendem Link:

"Ist die öffentliche Zustellung, gemessen an den Voraussetzungen des § 185 ZPO, unwirksam, ist es dem von der Unwirksamkeit Begünstigten verwehrt, sich auf diese zu berufen, wenn er zielgerichtet versucht hat, eine Zustellung, mit der er sicher rechnen musste, zu verhindern; in einem solchen Fall ist das Berufen auf die Unwirksamkeit rechtsmissbräuchlich und damit unbeachtlich."

https://www.rechtslupe.de/zivilrecht/oe ... ils-350029

Klingt für mich so, dass eine öffentliche Zustellung erfolgen kann, auch wenn sie zunächst unwirksam erscheint, weil der Schuldner sich nicht auf die Unwirksamkeit berufen darf, wenn er zielgerichtet die Zustellung zu verhindern.
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#9

14.09.2021, 12:02

Ja, das seh ich genau wie Coco Lores. Ich würde hier die öffentliche Zustellung beantragen, damit Du danach vollstrecken kannst.
:katze2 Jeder Tag ist ein Geschenk ... aber manche sind einfach grottenschlecht verpackt. :katze1
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#10

14.09.2021, 12:43

Ups, mein Deutsch war ja grandios :pfeif :roll:

Die Klage und alles vorher scheint ja auch zugestellt worden zu sein, sodass das Argument des "damit rechnen müssen" in diesem Fall wohl auch greifen dürfte.

Bitte halte uns auf dem Laufenden. Mich würde es brennend interessieren, ob der Schuldner damit durchkommt.
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