Mahnbescheid vor Jahren zugestellt unter falscher Adresse

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Jara
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#1

25.03.2009, 15:32

Hallo ihr Lieben,

Mandantin hat angerufen, ihr ist angeblich folgendes passiert:

Ende 2007 hat sie Brief von RA-Kanzlei bekommen, Forderung aus einem MB und VB, der 2003 zugestellt wurde. Sie hat jetzt ein Jahr mit denen korrespondiert.

Angeblich hat sie 2003 nachweislich - lt. Meldebestätigung - nicht unter der Adresse aus dem MB und VB gewohnt. Dort hat sie bis 2000 gewohnt.

Gesetzt den Fall, dass ihre Angaben stimmen - ich bin eher vorsichtig bei sowas ;-) - wäre ja der Mahnbescheid nicht ordnungsgemäß zugestellt. Sie will uns Kopien der Meldebescheinigungen usw. vorbeibringen. Also gehe ich mal davon aus, die Angaben stimmen!

Ich hatte so einen Fall noch nie!
Was ist dann mit dem VB?
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yvonne26
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#2

25.03.2009, 15:40

Du wirst es nicht glauben, aber wir haben gerade so was reinbekommen....
Wir haben MB und VB gemacht. Der VB ist im September letzten Jahres zugestellt worden. Wir haben auch den Gerichtsvollzieher beauftragt. Da lange nichts passiert ist, habe wir mal bei dem GVZ angerufen. Der meinte, dass der Schuldner Widereinsetzung beantragt... (Er soll zu dem Zeitpunkt nicht mehr dort gewohnt haben) Haben wir erstmal nicht verstanden. Heute kam vom Gericht die Mitteilung, dass Einspruch eingelegt wurde und an das zuständige Gericht verwiesen wurde... Wir sind jetzt mal auf die Begründung gespannt!
Lieben Gruß

Yvonne
StineP

#3

25.03.2009, 15:42

Lach nicht, aber ich hatte doch im Dezember einen ähnlichen Fall - allerdings gings da um die ZUstellulng bei eltern - die nachweislich nichts bekommen haben... hier mein aktenvermerk:

Zur mangelhaften Zustellung gibt es Folgendes auszuführen:

Der Mandant hat zum Zeitpunkt der Zustellung des Vollstreckungsbescheides nicht mehr in der Wohnung der Eltern gelebt und war bereits in ....gemeldet (hierzu wird gegebenenfalls ein Nachweis (Meldebestätigung) erforderlich).

Eine wirksame Zustellung – vor allem die Ersatzzustellung – ist nur unter einer aktuellen An-schrift möglich. Wohnt der Zustellungsadressat tatsächlich nicht mehr in der Wohnung, kann auch eine Ersatzzustellung an Mitbewohner (§ 178 ZPO) nicht wirksam vorgenommen werden.

Heilung von Zustellungsmängeln (189)

Entsprechende Mängel in der Zustellung können geheilt werden durch
- ordnungsgemäße Wiederholung der Zustellung (hier in Münster)
- rügelosen Ablauf des Verfahrens (hier die Zwangsvollstreckung – sofern überhaupt be-reits begonnen – siehe oben)
- tatsächlichen Zugang des Schriftstücks an den richtigen Zustellungsempfänger (§ 189 ZPO).

Zustellungsmängel bleiben insoweit unberücksichtigt, wenn der Zustellungszweck erreicht wer-den kann bzw. wurde. Das Gericht würde in diesem Fall in freier Beweiswürdigung des Sachver-halts prüfen, ob dieser tatsächlich erreicht ist. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn durch die Zustellung eine Notfrist in Gang gesetzt werden soll.

(vgl. auch LG Hannover, Beschluss vom 21.09.2007, Az. 55 T 50/07: Rügt Schuldner Zustellung, reicht Zustellvermerk auf Vollstreckungsbescheid zum Nachweis nicht aus.
Beanstandet ein Schuldner die Zustellung eines Vollstreckungsbescheides wegen Wegzugs, darf dies nicht unter Hinweis auf den Zustellvermerk übergangen werden. Der Gläubiger hat dann die Zustellung durch Vorlage der Zustellungsurkunde oder einer beglaubigten Abschrift aus der Akte des Erkenntnisverfahrens nachzuweisen. Erbringt er den Nachweis nicht, liegt keine wirksame Zustellung eines Vollstreckungsbescheides vor.
ZPO § 750; ZPO § 900 Abs. 4)

Grundsätzlich könnte man annehmen, dass die Übersendung der Kopie des Vollstreckungsbe-scheides zumindest dazu führt, dass der Mandant Kenntnis erlangt und dadurch gegebenenfalls der Zustellungszweck erfüllt wäre.

Jedoch erfolgt eine Zustellung gem. § 166 ZPO durch Übergabe (Bekanntgabe) einer beglaubig-ten Abschrift des Titels. Ausnahmen (nämlich die Zustellung der Urschrift oder einer Ausferti-gung) sind zB: die Zustellung durch den GV im Parteibetrieb oder die Zustellung von Anwalt zu Anwalt – letzteres jedoch nur gegen Empfangsbekenntnis, was hier nicht erfolgt ist.

Eine wirksame Zustellung ist daher m.E. noch immer nicht erfolgt.

Mängel in der Zustellung machen eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme nicht nichtig, sondern lediglich anfechtbar (Mängel häufig bei Ersatzzustellung).

Erfolgt eine ordnungsgemäße Zustellung des Vollstreckungsbescheides nicht, so kann die Rechtsmittelfrist (Einspruch, 700, 338) nicht in Gang gesetzt werden. Ebenso kann der Vollstre-ckungsbescheid nicht rechtskräftig werden.

Wurde die ZV bereits begonnen, bleiben die Zustellungsmängel so lange unberücksichtigt, bis der GV von ihnen Kenntnis erlangt oder sie in der gesetzlich vorgeschriebenen Form nachgewie-sen bekommt.

Da der VB noch gar nicht rechtskräftig ist und die Einspruchsfrist aufgrund fehlender Zustellung nicht abgelaufen ist, ist hier nicht die Vollstreckungsgegenklage einzureichen, sondern zunächst Einspruch einzulegen mit gleichzeitigem Antrag auf Einsetzung in den vorigen Stand und einst-weiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung.
StineP

#4

25.03.2009, 15:43

Tadaaaaaaaaa ;) vielleicht waren wir das ja mit dem EInspruch ;)
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yvonne26
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#5

25.03.2009, 15:56

:-)
Lieben Gruß

Yvonne
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#6

25.03.2009, 16:02

Sind hier die Fristen nicht weg? § 234 ZPO
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yvonne26
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#7

25.03.2009, 16:21

Haben wir ja auch gedacht... Wir müssen jetzt erstmal die Begründung der Gegenseite abwarten und dann kann ich mehr berichten :-)
Lieben Gruß

Yvonne
Jara
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#8

26.03.2009, 13:01

@Yvonne Da bin ich gespannt!

Werde mir das alles mal zu gemüte führen... Ist schon eine blöde Sache!
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yvonne26
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#9

30.03.2009, 12:09

Wir haben heut Post von der Gerichtsvollzieherin bekommen...
Der Schuldnervertreter hat beim Gericht die einstweilige Einstellung der ZV beantragt und hilfsweise die Widereinsetzung in den vorigen Stand. Er gibt an, dass der Schuldner seit August letzten Jahres nicht mehr unter der Adresse wohnt unter der wir haben zustellen lassen. Problem ist, das am Klingelschild und am Briefkasten noch sein Name steht (hat die Gerichtsvollzieherin auch noch mal schriftlich bestätigt). Wir haben jetzt rausbekommen, dass der Schuldner seit August letzten Jahres sich woanders gemeldet hat (ebenfalss wieder als Untermieter...) Mal schauen, was das Gericht jetzt macht...
Lieben Gruß

Yvonne
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