MB, Zahlung, dann VB - Zahlung vor Erlass?

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Hanna_73
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#1

27.06.2012, 16:50

Huhu ihr lieben,

folgender FAll.

Forderung: 447,24 €
MB: 30.04.2012
aber: nach Einreichung MB Mitteilung Gläubiger, dass Schuldner bereits am 25.04.12 -> 247,24 € gezahlt hatte.
Ich hab das im VB-Antrag mit angegeben.
Nach Absendung des VB Antrags (12.06.12) am nächsten Tag die Info - Schuldner hat 200 € Rest bezahlt am 08.06.12.

AG Hagen schrieb dann, dass die Info zu spät käme und der VB bereits erlassen sei.

Jetzt stehen noch Mahnkosten offen und halt die RA- und Gerichtskosten. Aber die Kosten für den MB sind ja eigentlich zu hoch, da ja schon ein Teil vorher gezahlt war. Und die Kosten für den VB passen ja dann auch nicht.

Der Mandant hatte die Zahlungen leider zu spät mitgeteilt. Muss er sich jetzt die Kosten für das Mahnverfahren ans Bein binden lassen? Den Schuldner trifft ja quasi keine Schuld oder?

Was mach ich denn jetzt ?

LG Hanna
einfachIch
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#2

27.06.2012, 17:06

Ich weiß nicht wie Du das grundsätzlich handhabst, aber ich lege bei jeder Forderungsakte nen Foko an und buche alles rein. Gerade bei so verworrenen Fällen ist das extrem praktisch.

Fakt ist, die (bereits beglichene) Restforderung ist tituliert und zudem auch die Kosten des Verfahrens. Da Du bereits im VB-Antrag die geleistete Zahlung angegeben hast, dürfte die Nr. 3308 VV RVG für den VB auch nur aus dem verminderten Betrag errechnet worden sein. Die Verfahrenskosten sind auf jeden Fall vom Schuldner zu zahlen ganz gleich ob er vorher gezahlt hat, weil er sich im Verzug befand (andernfalls wäre ja auch das MV nicht vonnöten gewesen). Zudem hätte er sich an Euch wenden und von der geleisteten Restzahlung in Kenntnis setzen oder - sofern ihr Eure Bankverbindung angegeben habt - an Euch direkt zahlen können.

Ich würde vorliegend so verfahren, dass ich die Zahlungen mit Datum ins Foko buche und den noch offenen Gesamtbetrag unter Fristsetzung zur Zahlung nochmal anmahne. Sollte der Schuldner nicht zahlen, vollstreckst Du den VB. Da Du ja immer nen Foko bei ZV-Aufträgen anhängen musst, sieht der GV ja was noch offen ist und was bereits beglichen wurde.
gkutes

#3

27.06.2012, 17:18

wann wurde der MB zugestellt?

also mE muss der Schuldner nur eine MB-Gebühr aus 247,24 € tragen. Rest zahlt Mandant selbst.
Die Verfahrenskosten sind auf jeden Fall vom Schuldner zu zahlen ganz gleich ob er vorher gezahlt hat, weil er sich im Verzug befand (andernfalls wäre ja auch das MV nicht vonnöten gewesen). Zudem hätte er sich an Euch wenden und von der geleisteten Restzahlung in Kenntnis setzen oder - sofern ihr Eure Bankverbindung angegeben habt - an Euch direkt zahlen können.
nein - das ist ganz sicher nicht so.
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Hanna_73
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#4

27.06.2012, 17:21

Im VB Antrag war aber nur die erste Zahlung angegeben, aber nicht die weitere Zahlung über 200 €. Demnach müsste die 3308 ja quasi nochmals aus einem um 200 € verminderten Betrag berechnet werden, wurde sie aber nicht, da der VB ja schon erlassen war, als ich es mitgeteilt habe.

ANsonsten würde ich das auch so handhaben wie Du, also anmahnen und dann vollstrecken.

Muss ich bezüglich der weiteren 200 € Zahlung auch noch was berücksichtigen?
Jupp03/11

#5

27.06.2012, 17:26

Dann sollte sich der Gläubiger nicht wundern, wenn er eine Strafanzeige bekommt.
Mit Antrag auf Erlass des VB hätte spätestens der Mahnbescheidsantrag in Höhe der 1. Zahlung zurückgenommen werden müssen.
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Liesel
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#6

27.06.2012, 17:39

Jupp, die erste Zahlung wurde doch bei Beantragung des VB angegeben. Oder? :kopfkratz

Ich bin aber der Meinung, daß der Schuldner nur die Gebühren zu tragen hat, die tatsächlich angefallen wären. Die Differenz muß wohl oder übel der Gläubiger tragen. Selbst schuld, wenn er es nicht schafft, euch umgehend zu informieren.
LEBE DEN MOMENT

Nichts ist für immer und für die Ewigkeit.
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(UNHEILIG)
Jupp03/11

#7

27.06.2012, 17:44

M. E. durfte bei dieser Sachlage gar kein VB -ohne vorherige Rücknahme- erlassen werden.
einfachIch
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#8

27.06.2012, 18:51

Es ist offensichtlich ein Titel in der Welt, in welchem die Verfahrenskosten tituliert sind! Der Schuldner hätte Widerspruch gegen den MB oder Einspruch gegen den VB einlegen und sich auf seine bereits geleistete Zahlung berufen können, sog. rechtsvernichtende Einwendungen.

Selbst wenn der Schuldner mit einer Vollstreckungsgegenklage gegen den Titel vorgehen wollen würde, hätte er keine Chance, denn dann muss er dem Gericht erstmal darlegen wieso er entsprechende Einwendungen (Zahlungen) nicht geltend gemacht hat. So einen ähnlichen Fall hatten wir mal, da lief der Titel gegen den Vater statt auf den Sohn (der der eigentliche Schuldner war). Unserem Mandanten wurde der MB und der VB zugestellt, er hat jedoch nichts dagegen unternommen, weil er dachte, das Missverständnis klärt sich von selbst. Erst als der GVZ vor der Tür stand suchte er juristischen Beistand. Vollstreckungsabwehrklage und Antrag auf einstweilige Einstellung wurden mit der Begründung abgewiesen, dass die Einwendungen bereits im Mahnverfahren hätten geltend gemacht werden müssen, daher gebe es ja entsprechende Rechtsbehelfe.

Das das alles voll blöd gelaufen ist, ist sicher richtig. Unter Abwägung der Interessen sollte man halt jetzt sehen was man macht. Entweder man zerpflückt die Rechnungen und stellt dem Schuldner nur das in Rechnung, was er "tatsächlich" verursacht hat und der Mandant zahlt den Rest (und kommt mit neuen Mandanten ggf. nicht wieder) oder man nutzt den Titel und vollstreckt den noch offenen Restbetrag. Schließlich hätte der Schuldner seine geleisteten Zahlungen ja auch anzeigen können, spätestens nach Zustellung des MB auf welchem der Pbv. ja angegeben ist.

Letztlich kann man sowas nur vermeiden, wenn man in dem einem Mahnverfahren vorausgehenden Aufforderungsschreiben ausdrücklich schreibt, dass Zahlungen mit schuldbefreiender Wirkung ausschließlich an das Kanzleikonto vorzunehmen sind und zur Sicherheit vorher nochmal beim Mandanten nachfragen. Wobei das auch nicht immer garantiert, dass man eine richtige Info bekommt.

@ jupp03/11

Ich glaube nicht, dass sowohl der Gläubiger u/o der Pbv. sich des Prozessbetruges/Titelerschleichung schuldig gemacht haben, dafür mangelt es mE bereits an der Vorsätzlichkeit.

Wie es rechtlich tatsächlich ist, kann wohl nur ein Rechtsanwalt beurteilen - von daher würde ich in dem Fall meinen Chef fragen, denn der muss letztlich auch seinen Kopf hinhalten.
Jupp03/11

#9

27.06.2012, 19:24

Der Chef wird wohl nicht viel dazu beitragen können, schließlich hat er und niemand anders für diesen Murks gesorgt.
einfachIch
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#10

27.06.2012, 19:39

Jupp03/11 hat geschrieben:Der Chef wird wohl nicht viel dazu beitragen können, schließlich hat er und niemand anders für diesen Murks gesorgt.
Naja ganz so sehe ich das nicht. Klar, er unterschreibt und sollte nochmal drüber gucken, aber welcher RA kennt schon die zugrundeliegende Forderungsakte oder schaut mal nach. Bei uns macht das keiner, allein schon weil die Zeit fehlt. Der verlässt sich auf die Refa und diese sollte nach bestem Wissen und Gewissen handeln - was echt nicht immer einfach ist.

Ich finde es auch generell blöd, dass man den Mandanten ständig mit allem hinterher rennen und 20 mal nachfragen muss. Sollte eigentlich selbstverständlich sein, umgehend informiert zu werden. Schließlich buchen die Ihre Zahlungseingänge ja auch täglich. Aber die Bufu-Abteilung hat wieder keine Ahnung was bei der Forderungsabteilung läuft. Informationen werden mit teilweise großen zeitlichen Abständen weitergegeben. Dann ist der entsprechende Sachbearbeiter krank oder im Urlaub, die Vertretung hat keine Ahnung....

Ich hab auch schon Stunden damit zugebracht seitenlange Mieterkonten zu analysieren, nur um zu wissen, welche genaue Mieten denn nun noch offen sind, welche Betriebskosten und wie ggf. Verrechnungen vorgenommen wurden und ob der Schuldner bei der Überweisung einen genauen Verwendungszweck (zweckgebundene Zahlung) angegeben hat. Auf Seiten der Mandanten darf ich mich dann noch anmaulen lassen, dass die das ja auch nicht wüssten und wofür das überhaupt wichtig sei, schließlich sei Betrag X noch offen. Nur das ich keinen Saldo titulieren lassen, Zinsen nicht nach gut dünken berechnen und Zahlungen wie auch immer verrechnen kann, verstehen die nicht. Echt nervig. Und wenn dann letztlich sowas wie vorliegend dabei rauskommt, ist man letztlich auch wieder der Dumme und sitzt zwischen den Stühlen.
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