Ausbildungssituation von ReFas - Alarmstufe Rot! ( Ausführlicher Beitrag in den BRAK Mitteilungen)

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paralegal6
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#11

28.08.2023, 08:39

Du bist ja auch nicht Ausbilder. Und da ist das Problem, dass wir das neben unserer normalen Arbeit auch noch machen sollen. Musste eh alles korrigieren und erklären, da ist man alleine natürlich schneller. Wir machen 99% nach RVG, aber das macht RAM ja eigentlich alles alleine
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Pelfox
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#12

28.08.2023, 11:29

Ich habe den Artikel letzte Woche gelesen und mir über das Wochenende ein paar Gedanken dazu gemacht. Die Statistiken habe ich mal außen vorgelassen, mir ging es im Kern um die geschilderten Erfahrungsberichte.

Ich fühlte mich an meine eigene Ausbildung zurückerinnert. Da ich nun nach über 20 Jahren inzwischen verschiedene Einblicke habe, dachte ich, dass ich hier mal chronologisch einen kurzen Abriss meiner Erfahrungen teile.

Aber ich fange mal von vorne an. Ich habe meine erste Ausbildung im Jahr 2001 begonnen und Anfang 2002 geschmissen nur um dann Mitte 2002 zum Glück in einer anderen Kanzlei unterzukommen und dort 2005 meinen Abschluss zu machen. Was ist passiert?

Ich habe die 1. Ausbildung als 18jährige angetreten in einer 1-Anwältin-Kanzlei mit einer Vollzeitkraft und 2 Minijobbern. Die Anwältin mochte mich von Anfang an nicht. Warum sie mich eingestellt hat, ist mir schleierhaft. Lt. ihrer Aussage war es nur weil die Vollzeitkraft mich unbedingt wollte. Die hat btw. nach ca. einem halben Jahr gekündigt und ist woanders hingegangen. Ich bin als ihre „Nachfolgerin“ eingestellt worden. Bis dahin war sie noch als Puffer dazwischen, hat mir auch Vorgänge erklärt aber ich kann nicht alles in einem halben Jahr lernen. Als sie weg war ging es los mit dem anmeckern, dicht gefolgt von Beleidigungen, dass ich dumm sei weil ich Sachen aus dem 3. Lehrjahr noch nicht könne. Als es dann aber darum ging, dass ich ihr Neugeborenes hüten musste dachte ich, dass das ja absolut nicht zur Ausbildung gehört. Und ab da hat sie es mir ständig aufgedrückt. Ich war völlig fertig und bin damit zu meinen Berufsschullehrern gegangen. Die waren überfordert und wollten mich zur Kammer schicken. Aber ich war zu dem Zeitpunkt ebenfalls überfordert und mit der Situation allein gelassen, dass ich mir nicht anders zu helfen wusste als zu kündigen (hat auch noch riesiges Geschrei gegeben), inkl. Krankmeldung danach. Das wenige Geld, dass sie mir auszahlte, die Überstunden, dass ich unentgeltlich einen vollen Monat vor dem eigentlichen Ausbildungsbeginn schon für sie arbeiten musste, erwähne ich hier nur am Rande.

Danach habe ich in einer viel größeren Kanzlei Fuß fassen können, mit drei weiteren Azubis in meinem Lehrjahr. Ärgerlich war, dass mir das ¾ Jahr nicht gutgeschrieben wurde und ich wieder von vorn beginnen musste. Aber letztendlich war mir das dann auch egal. Dort war es zwar besser, was das allgemeine Klima und die Bezahlung anging aber meine Ausbildung war dennoch ein Witz. Wir waren in jedem Lehrjahr 4 Azubis, es wurde also mehr ausgebildet als eigentlich Bedarf war. Uns wurde von Anfang an gesagt, dass wir nicht übernommen werden und wir uns später was anderes Suchen sollen – bis auf den einen der Vitamin B in der Kanzlei hatte, der wurde natürlich übernommen *augenroll*. Damals wurde noch ein Überschuss an Renos ausgebildet (die Älteren werden sich erinnern). Allerdings gibt es für so viele Azubis (wir waren 12 (!) in einer Kanzlei mit 12 Anwälten) nicht genug Ausbilder bzw. Leute, die hätten Ausbilden können. Wir waren dort eher die billigen Hilfskräfte, die sich um die Tagespost, die Gerichtsstempler, z.d.A., Kenntnisnahmeschreiben, Diktate, Akten weghängen, Einkaufen und Kaffee kochen kümmerten. Es gab zwar ein Notariat und eine ZV-Abteilung aber die dort Beschäftigten haben uns so gut wie nie was abgegeben. Im Notariat durften wir uns gerade mal die fertigen Urkunden ansehen. Nicht mal nähen durften wir. In der ZV waren wir für das Tippen von Mahnbescheiden (die uns vorher in einer Kopie vorgelegt wurden und wir nur noch abtippen sollten) und EMA-Auskünfte zuständig. Das wars. Haben wir nach mehr gefragt wurde uns gesagt, wir sollten für Prüfungen / Klausuren lernen. Ich habe von dort auch so gut wie nichts mitgenommen.

Wie es dann so kam, bin ich nicht in dem Job geblieben, sondern bin in andere Berufszweige und Weiterbildungen bis hin zu einem Bachelorstudium gegangen. Dort habe ich, zumindest am Rande, einen Einblick in den Studiengang der Rechtswissenschaften genommen. In der Zeit habe ich das erste Mal verstanden, warum die Anwälte so sind wie sie sind. Das Studium ist knallhart, die Leute werden dazu angehalten mit dem Ellenbogen nach vorn zu kommen. Gute Noten sind selten, gegenseitiges Helfen noch seltener. Eher werden sich gegenseitige Steine in den Weg gelegt. Die Abbrecherquote ist sehr hoch. Natürlich nicht von den Leuten, die von ihren Eltern finanziert werden. Alle anderen im Studium sind Konkurrenz, Konkurrenz und nochmal Konkurrenz! Das dabei keine „netten Chefs“ herauskommen und von den Chefs in den Kanzleien, in denen sie dann ihr Referendar machen, auch eher in die negative Richtung geschoben werden, weil die es genauso erlebt haben, dürfte recht schlüssig sein. Ausnahmen gibt es natürlich auch aber die Mehrheit ist eher der „harte Hund“. Und das wird auch im Arbeitsalltag nicht abgelegt. Wenn ich sehe, wie stressig der Job ist, viele Fristen, viel Arbeit, viele komplizierte Fälle, anstrengende Mandanten, wenig Ausgleich, manchmal muss man noch hinter dem Honorar hinterherlaufen. Das hebt die Stimmung. Im Notariat sieht es da auch nicht viel besser aus. Wer es dann abbekommt im Arbeitsalltag dürfte klar sein: Die Angestellten und vor allem die Azubis.

Seit Mitte 2021 bin ich in den Beruf zurückgekehrt. Erst in einer größeren Kanzlei wo es aber auf Grund einiger Differenzen nicht gut geklappt hat, jetzt in einer sehr kleinen Kanzlei und ich muss leider sagen, der Job ist immer noch beschissen. Dazu kommt natürlich bei mir noch, dass ich einfach 20 Jahre raus war und nach meiner Ausbildung nie die Chance hatte, in dem Beruf zu arbeiten. Im Grunde genommen bin ich wie eine ungelernte Kraft und für den Platz, an dem ich gerade sitze, völlig ungeeignet. Hätten bestimmte Lebensumstände nicht dazu geführt, hätte ich den Job niemals angenommen. Ich bin aber auch gerade dabei mich nach etwas anderem umzusehen.

Die Azubis, die ich kennen gelernt habe in der größeren Kanzlei, wollen alle nach der Ausbildung etwas anderes machen. Die Berufsschule ist auch nicht mehr auf Renos ausgelegt – gibt ja auch zu wenige. Sie werden mit den Bürokaufleuten zusammengeschoben und lernen Zeugs, den sie im Job als Reno nie brauchen werden. Zwar bekommen sie in der großen Kanzlei wenigstens etwas Theorie beigebracht, aber das ist natürlich kein Ausgleich und die Mitarbeiter haben auch nicht immer Zeit, sich mit ihnen hinzusetzen da sie, natürlich, auch unterbesetzt sind. Wenn jemand krank oder im Urlaub ist, fällt diese Theoriestunde dann auch ersatzlos aus. Wir waren damals in 2002 in der Berufsschule immerhin 25-30 Schüler in einem Jahrgang, jetzt kommen die Renos nicht mal mehr auf 10 für das ganze Gebiet hier. Dass das nicht für eine Klasse reicht, dürfte klar sein.

Fazit:

Es ist immer noch so beschissen und es wird nicht besser werden. Auf lange Sicht gesehen wird der Beruf aussterben. Aus unterschiedlichen Gründen:

Zu wenig Nachwuchs, was meiner Meinung nach auch selbstverschuldet ist (siehe die geschilderten negative Erfahrungen sowohl im Artikel als auch von vielen Azubis – wobei ich denke, dass die Dunkelziffer noch viel höher ist und die wirklich schlimmen Vorfälle gar nicht so an die Öffentlichkeit gelangen).

Das ungleiche Machtverhältnis, dass ja auch im Artikel schon anklingt. Die Chefs können quasi machen, was sie wollen. Die Azubis haben wenig bis gar keine Möglichkeit irgendwie dagegen vorzugehen. In meinem oben geschilderten Fall hat mir niemand geholfen. Ich musste das selbst regeln. Hat es mir gezeigt, dass ich selbst meinen schXXX regeln kann? Ja. Es hat mir aber auch gezeigt, dass ich von offiziellen Seiten keine Hilfe zu erwarten habe und am Ende allein dastehe. Ich möchte gar nicht wissen wie das für Azubis ist, die weitaus schlimmeres Erfahren haben / erfahren müssen. Im Artikel klang es ja schon an mit dem „tassenwerfenden Chef“.

Zumal die Hemmschwelle, sich überhaupt an irgendjemanden zu wenden schon sehr niedrig ist. Über niedrigschwellige Angebote in diese Richtung habe ich in dem Artikel auch nichts gelesen. Sowas fehlt nach wie vor. Zumal sich viele auch noch Angegriffen fühlen können wenn offen kommuniziert wird, dass etwas schief läuft in der eigenen Kanzlei. Wie dann eine signifikante Verbesserung erzielt werden soll, wüsste ich nicht. Meist ist schon zuviel passiert, wenn sich ein Azubi dann wirklich mal traut von außen Hilfe zu holen – und sie auch bekommt.

Es ist ein wenig bis gar nicht attraktiver Beruf ohne großartige Perspektive und / oder Aufstiegschancen. Wo kann man noch hin in einer Kanzlei? Fachwirt fällt mir ein, zum Gericht gehen… dann wird’s auch schon eng. Jetzt wurde ein Bachelorstudiengang eingerichtet, um den Beruf aufzuwerten. Ich zucke nur mit den Schultern und zeige auf den Studiengang Rechtswissenschaften, den man auch genauso gut belegen könnte.

Schlechte Bezahlung in der Ausbildung, schlechte Bezahlung später im Berufsleben – wobei sich das auf Grund des Fachkräftemangels schon etwas gebessert hat (der Markt regelt, wenn die Kräfte fehlen und man um jeden Quereinsteiger ringt), die Quereinsteiger können dann aber das fehlende Fachwissen nicht kompensieren – wie auch? Nicht jeder Quereinsteiger kann sich alles selbst beibringen und die angebotenen Online-Kurse kompensieren keine 3-jährige Ausbildung.

Am Ende machen die Chefs auch schon vieles selbst was Dank Spracherkennung, vorgefertigte Texte in allen Anwaltsprogrammen (wenn das gut gepflegt wird, kann man damit gut arbeiten) und der vielfach schon online ablaufende Schriftverkehr, der kaum noch ein großes Problem darstellt. Dann braucht man höchstens noch jemanden, der in Abwesenheit ans Telefon geht und eine kurze Notiz hinterlässt. Eine fachintensive Ausbildung ist damit hinfällig. Und selbst das Telefonieren wird inzwischen weniger, weil viele auf Mails umsteigen. Mein Chef z. B. schreibt seine Rechnungen schon seit Jahrzehnten selbst. Es geht also.

Ich will jetzt nicht sagen, dass es nicht auch positive Beispiele gibt. In meinem Fall hatte ich vermutlich wohl auch viel Pech, aber kann man alles mit „hatte Pech“ erklären, wenn daraus jetzt resultiert, dass der Nachwuchs fehlt? Das wird der Problematik leider überhaupt nicht gerecht und wälzt das Problem auf die Azubis ab, die eh schon mit vielem Allein gelassen werden. Zumal ich in meiner Laufbahn mit vielen gesprochen habe und JEDER hatte etwas aus seiner / ihrer Ausbildung zu berichten, dass einem die Haare sträuben lässt.

Veränderungen halten träge Einzug. In dem Artikel klang es ja auch an, dass die Kanzleien abgestraft werden wenn sie nicht genug Ausbildungsvergütung bezahlen. Eine echte Hilfe ist das in meinen Augen nicht, eher ein verzweifelter Versuch mit einer Gießkanne einen Waldbrand zu löschen.

Zumal noch dazu kommt, dass sich die jungen Leute online durch die Vernetzung schneller austauschen und berichten, wie es in diesem oder jenen Ausbildungsberuf abläuft. Negatives verbreitet sich immer schneller als Positives.
:hund
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#13

28.08.2023, 11:44

@Pelfox Das liest sich total gruselig, aber alles was du in deinem Fazit schreibst kann ich genauso unterschreiben.

Ich hatte zwar damals echt verdammtes Glück mit meinem Ausbildungsbetrieb, aber ich war eher die Ausnahme als die Regel. Die Mädels in meiner Klasse damals, die in den größeren Kanzleien waren, konnten perfekten Kaffee zubereiten und Akten verräumen. Einen Schriftsatz eigenständig aufsetzen leider nicht... Wie soll da die Motivation bleiben? Und keines der Mädels mit denen ich in der Berufsschule war, arbeitet noch in einer Kanzlei. Alle haben einen anderen Job oder sind in einem Großkonzern untergekommen.

Es ist wirklich traurig, wie es momentan ist, aber ich sehe meine Chance mit dem erlernten Beruf der ReNo auch eher in einem großen Konzern oder einer Bank, als in einer Kanzlei. Findet den Fehler...
Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man etwas Schönes bauen!!!
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#14

19.09.2023, 12:19

Pelfox hat geschrieben:
28.08.2023, 11:29

Wie es dann so kam, bin ich nicht in dem Job geblieben, sondern bin in andere Berufszweige und Weiterbildungen bis hin zu einem Bachelorstudium gegangen. Dort habe ich, zumindest am Rande, einen Einblick in den Studiengang der Rechtswissenschaften genommen. In der Zeit habe ich das erste Mal verstanden, warum die Anwälte so sind wie sie sind. Das Studium ist knallhart, die Leute werden dazu angehalten mit dem Ellenbogen nach vorn zu kommen. Gute Noten sind selten, gegenseitiges Helfen noch seltener. Eher werden sich gegenseitige Steine in den Weg gelegt. Die Abbrecherquote ist sehr hoch. Natürlich nicht von den Leuten, die von ihren Eltern finanziert werden. Alle anderen im Studium sind Konkurrenz, Konkurrenz und nochmal Konkurrenz! Das dabei keine „netten Chefs“ herauskommen und von den Chefs in den Kanzleien, in denen sie dann ihr Referendar machen, auch eher in die negative Richtung geschoben werden, weil die es genauso erlebt haben, dürfte recht schlüssig sein. Ausnahmen gibt es natürlich auch aber die Mehrheit ist eher der „harte Hund“. Und das wird auch im Arbeitsalltag nicht abgelegt. Wenn ich sehe, wie stressig der Job ist, viele Fristen, viel Arbeit, viele komplizierte Fälle, anstrengende Mandanten, wenig Ausgleich, manchmal muss man noch hinter dem Honorar hinterherlaufen. Das hebt die Stimmung. Im Notariat sieht es da auch nicht viel besser aus. Wer es dann abbekommt im Arbeitsalltag dürfte klar sein: Die Angestellten und vor allem die Azubis.

Hast Du ganz gut beschrieben finde ich und kann mich dem nur anschließen. Wenn das Studium schon so hart ist und die jungen/angehenden Anwälte_innen in ihren Referendariatszeiten schon "so" angelernt werden, wen wunderts, wenn sie sich anschließend entsprechend verhalten. Schlecht für uns.

Seit Mitte 2021 bin ich in den Beruf zurückgekehrt. Erst in einer größeren Kanzlei wo es aber auf Grund einiger Differenzen nicht gut geklappt hat, jetzt in einer sehr kleinen Kanzlei und ich muss leider sagen, der Job ist immer noch beschissen. Dazu kommt natürlich bei mir noch, dass ich einfach 20 Jahre raus war und nach meiner Ausbildung nie die Chance hatte, in dem Beruf zu arbeiten. Im Grunde genommen bin ich wie eine ungelernte Kraft und für den Platz, an dem ich gerade sitze, völlig ungeeignet. Hätten bestimmte Lebensumstände nicht dazu geführt, hätte ich den Job niemals angenommen. Ich bin aber auch gerade dabei mich nach etwas anderem umzusehen.

Viel Erfolg!

Die Azubis, die ich kennen gelernt habe in der größeren Kanzlei, wollen alle nach der Ausbildung etwas anderes machen. Die Berufsschule ist auch nicht mehr auf Renos ausgelegt – gibt ja auch zu wenige. Sie werden mit den Bürokaufleuten zusammengeschoben und lernen Zeugs, den sie im Job als Reno nie brauchen werden. Zwar bekommen sie in der großen Kanzlei wenigstens etwas Theorie beigebracht, aber das ist natürlich kein Ausgleich und die Mitarbeiter haben auch nicht immer Zeit, sich mit ihnen hinzusetzen da sie, natürlich, auch unterbesetzt sind. Wenn jemand krank oder im Urlaub ist, fällt diese Theoriestunde dann auch ersatzlos aus. Wir waren damals in 2002 in der Berufsschule immerhin 25-30 Schüler in einem Jahrgang, jetzt kommen die Renos nicht mal mehr auf 10 für das ganze Gebiet hier. Dass das nicht für eine Klasse reicht, dürfte klar sein.

Finde ich auch schlimm. Wenn in der Kanzlei nicht mehr alles erlernt werden kann, was in den Prüfungen in der Berufsschule abgefragt wird (siehe ausgelagertes Mahnverfahren zum Beispiel nebst anschl. ZV), die Azubis das aber "können" müssen, somit reine Therorie bleibt (und jetzt nur noch automatisiertes Mahnverfahren, wo überhaupt nicht mehr die Möglichkeit besteht mit Formularen zu arbeiten), dann ist das echt fies.


Fazit:

Auf lange Sicht gesehen wird der Beruf aussterben.

Vielleicht könntest Du damit sogar recht haben.

Ich will jetzt nicht sagen, dass es nicht auch positive Beispiele gibt. In meinem Fall hatte ich vermutlich wohl auch viel Pech, aber kann man alles mit „hatte Pech“ erklären, wenn daraus jetzt resultiert, dass der Nachwuchs fehlt? Das wird der Problematik leider überhaupt nicht gerecht und wälzt das Problem auf die Azubis ab, die eh schon mit vielem Allein gelassen werden. Zumal ich in meiner Laufbahn mit vielen gesprochen habe und JEDER hatte etwas aus seiner / ihrer Ausbildung zu berichten, dass einem die Haare sträuben lässt.

In meiner Ausbildung sind auch Tränen geflossen. :sad:


Veränderungen halten träge Einzug. In dem Artikel klang es ja auch an, dass die Kanzleien abgestraft werden wenn sie nicht genug Ausbildungsvergütung bezahlen. Eine echte Hilfe ist das in meinen Augen nicht, eher ein verzweifelter Versuch mit einer Gießkanne einen Waldbrand zu löschen.

This. Aber noch schlimmer finde ich, dass die Fälle, die den Anwaltskammern gemeldet werden, dann auch wieder im Sande verlaufen. So jedenfalls klang es in dem Aufsatz für mich heraus. Verwundert mich jetzt auch nicht, aber führt sich auch dazu, dass die Stimmung/Abbruchquote/Abwanderung nur noch ansteigt.
Danke für deinen Post.
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#15

19.09.2023, 12:36

ich war auch 9 Jahre wegen 3 Mal Elternzeit aus meinem Job raus. RVG hatte ich mir selber beigebracht. Meine Ausbildung liegt ja ein paar Tage zurück *hust* und ich habe damals noch echt was gelernt und haben von Anfang an direkt mit gearbeitet. Halt auch schXXX wie kopieren und Ablage aber das gehört ja nunmal dazu. Wir hatten einen riesigen muffigen Keller wo ich manchmal abgelegtes suchen musste was bischn schimmelig war, hat mich aber nicht wirklich gestört da es nunmal sein muss. Heutzutage sind alle nur am Jammern. Das nervt mich ungemein. Wir haben dieses Jahr keinen Azubi weil ich echt keinen Bock drauf hatte und mich erstmal erholen muss. Wegen Krankheit und mieser Rechtschreibung habe ich das Büro quasi letztes Jahr auch schon alleine gemacht. In Lübeck ist die einzige Berufschule, Eutin wurde dicht gemacht und da machen auch normale Lehrer Fachunterricht die das gar nicht gelernt haben, der Lehrplan an sich ist auch schon total bescheuert. Mein Chef ist auch trotz Studium ein Netter geblieben. Einige heben da echt ab. Der Job ist stressig genug, auch noch mit Chef ärgern hätte ich absolut keine Lust drauf. Andere RAK sind auf Messen etc, unsere macht da leider eher weniger. Formulare zum Mahnverfahren habe ich zB ausgedruckt und die dann per Hand ausfüllen lassen, damit die das verstehen und dann auch mal bei online.mahnantrag. Natürlich nicht per beA versendet. Gleiches geht bei ZV AUfträgen, die können das also sehr wohl üben
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Manuel
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#16

19.09.2023, 12:50

paralegal6 hat geschrieben:
19.09.2023, 12:36
Formulare zum Mahnverfahren habe ich zB ausgedruckt und die dann per Hand ausfüllen lassen, damit die das verstehen und dann auch mal bei online.mahnantrag. Natürlich nicht per beA versendet. Gleiches geht bei ZV AUfträgen, die können das also sehr wohl üben
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#17

25.09.2023, 13:32

Manuel hat geschrieben:
19.09.2023, 12:19

Finde ich auch schlimm. Wenn in der Kanzlei nicht mehr alles erlernt werden kann, was in den Prüfungen in der Berufsschule abgefragt wird (siehe ausgelagertes Mahnverfahren zum Beispiel nebst anschl. ZV), die Azubis das aber "können" müssen, somit reine Therorie bleibt (und jetzt nur noch automatisiertes Mahnverfahren, wo überhaupt nicht mehr die Möglichkeit besteht mit Formularen zu arbeiten), dann ist das echt fies.


This. Aber noch schlimmer finde ich, dass die Fälle, die den Anwaltskammern gemeldet werden, dann auch wieder im Sande verlaufen. So jedenfalls klang es in dem Aufsatz für mich heraus. Verwundert mich jetzt auch nicht, aber führt sich auch dazu, dass die Stimmung/Abbruchquote/Abwanderung nur noch ansteigt.

Danke für deinen Post.
Danke für deine Antwort :thx

Zwei Dinge würde ich sogar noch ergänzen wollen: Der Braindrain, der immer wieder vergessen wird. Wenn Quereinsteiger irgendwo reingehen, können die die Azubis natürlich nicht anlernen und auch nicht auffangen, was in der Berufsschule nicht gelehrt wird. Dementsprechend wird das fachliche Wissen immer weniger und weniger. Diejenigen, die vor ein paar Jahren vielleicht noch gut ausgebildet wurden, sind inzwischen schon weitergezogen und kehren im Zweifel auch nicht mehr in den Beruf zurück oder sind in Rente gegangen. Das fachliche Wissen fehlt. Die alten Lehrkräfte gehen in den Ruhestand, es gibt keinen Nachfolger, also ist auch dort das Fachwissen weg.

Am Ende sind es nur noch bessere Sekretäre und Sekretärinnen die sich aber nicht mehr um das Fachliche kümmern können. Ich weiss ja, dass die Anwälte die ZV-Sachen eigentlich gar nicht im Studium lernen aber es wird im Endeffekt darauf hinauslaufen, dass sie es lernen müssen. Es gibt bald niemanden mehr, der das in der Kanzlei übernehmen kann. Ich selbst kann das auch nur so lala und mir fehlt auch sehr viel Wissen. Das kann ich nicht alles in einem 2 Stunden Nachhilfekurs lernen oder aus Büchern mir aneignen. Dazu fehlt mir jemand, der mich anleitet. In meinem Büro kann ich diesbezüglich auch niemanden Fragen dafür sind wir zu klein.

Das zweite ist, dass das Beschweren bei Anwaltskammern so gut wie nie irgendwelche Konsequenzen für einen Anwalt nach sich zieht. Sagen wirs so, in meiner Laufbahn hatte ich schon mit Anwälten zu tun, die hatten dutzende Beschwerden auf sich laufen und es ist nie etwas passiert (selbst wenn es schwerwiegende Verfehlungen waren). Selbst wenn nicht alle gerechtfertigt sind (man kennt ja so manche Mandanten :roll: ) ist es eher so, dass die Kammer ein schwarzes Loch darstellt, in dem Beschwerden dann einfach im nichts verpuffen. Um es mal bildlich auszudrücken. Deshalb weiss ich auch nicht ob es für Azubis sinnvoll ist, sich an die Kammer zu wenden wenn da sowieso nichts passiert.
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#18

25.09.2023, 13:48

aber es gibt doch den Ausbildungsplan. alles was da drin steht sollte man auch vermitteln. der wird doch auch mit an die Kammer geschickt? Möchte jetzt gar nicht wissen wie ihr das macht. Klar zu einigen Sachen die hier praktisch nicht vorkommen erzähle ich auch nur 2 Sätze, aber den Rest muss man doch beibringen?
https://recht-clever.info/wp-content/up ... n_2018.pdf oder https://recht-clever.info/wp-content/up ... amberg.pdf
wenn du was nicht kannst muss der Chef halt Fortbildungen bezahlen
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#19

25.09.2023, 15:16

paralegal6 hat geschrieben:
25.09.2023, 13:48
aber es gibt doch den Ausbildungsplan. alles was da drin steht sollte man auch vermitteln.
Das entscheidende Wörtchen ist wohl "sollte". Ich kenne Azubis, die ihr Berichtsheft vom Chef erhalten. Der füllt das für sie aus. Da stehen Sachen drin, die haben die noch nie gemacht. Am Ende hast Du eine Refa, die praktisch nichts kann. So eine hatte ich hier auch mal. Aber......sie hat eine abgeschlossene Ausbildung und eine Gehaltsvorstellung von 3.000 brutto (oder mehr); wofür? Dafür, dass sie eigentlich nichts kann und Du die Ausbildung bei ihr noch einmal vornehmen müsstest. Da hat dann eine Kollegin, die das gleiche Gehalte bekommt, schnell die Nase voll, was ich auch verstehen kann.

Leittragende sind beide: das Mädel (sorry an die männlichen und diversen Auszubildenden, dass ich hier jetzt einfach mal von der weiblichen Auszubildenden ausgehe, die immer noch am weitesten verbreitet ist in unserem Beruf), das schlecht ausgebildet wurde, kann da nichts für und ich verstehe auch, dass die nicht bereit ist, noch weitere Zeit für ein geringes Gehalt zu arbeiten. Die Kanzlei, in der sie anfängt, kann aber ebenso nichts dafür und die ggf. bestehenden weiteren Kollegen ebenfalls nicht, die natürlich nicht einsehen, dass "so jemand" dasselbe verdient wie sie, die viel mehr leisten können.
:katze2 Jeder Tag ist ein Geschenk ... aber manche sind einfach grottenschlecht verpackt. :katze1
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#20

25.09.2023, 19:39

Naja, ich habe damals alle genervt und gefragt was ich wie machen muss und konnte deswegen auch mehr als alle anderen. Wen es interessiert, der fragt und bekommt eigentlich auch ne Antwort. Chef der BHeft schreibt hab ich noch nie gehört, was es alles gibt. In der Zeit könnte er ihr auch was beibringen. Ja, ich kenne auch Experten die nichts können, die gehen dann aber auch wieder in der Probezeit. Mein letzter Azubi hat auch mit ach und krach bestanden (liegt aber nicht am Chef, war nicht ihr Beruf), ich kenne beide Seiten. Azubis ducken sich auch gerne weg. Grade ZV, da sind sie verschwunden. Azubi unterschreibt ja ebenfalls, dass er alles gemacht hat lügen dann ja beide, finde ich unschön. So sollte das nicht sein.
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