"Die Neue" anlernen

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samsara
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#11

25.07.2017, 11:12

likema31 hat geschrieben:Der Kleinunternehmer mit der Azubine im Büro oder der Landschaftsgärtner mit seinem Azubi, nur um ein paar Beispiele zu nennen. Es darf m. E. aber nicht sein, dass
die Azubine im 3. Jahr die neue Azubine im 1. Jahr ausbildet.
Ein Gärtner ist sicherlich näher an seinem Azubi, als ein RA. Gibt es überhaupt RAe, die selbst ausbilden? Ich meine, die sich mit dem Azubi hinsetzen, ausführlich erklären und ggf. auch mit dem Azubi lernen? In meiner Ausbildungskanzlei wurden wir von den älteren Azubis und Ausgelernten ausgebildet. Mit den RAe hatten wir nicht großartig was zu tun.

Chayenné kommt erst ins 2. Lehrjahr und sollte sich auf ihre eigene Ausbildung konzentrieren können.

13 trifft es auf den Punkt: "eine Wenigwissende soll eine Nichtswissende ausbilden". Manche RAe haben echt Vorstellungen :roll:
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MG
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#12

25.07.2017, 12:22

samsara hat geschrieben:(...) Gibt es überhaupt RAe, die selbst ausbilden? (...)
Leider gibt es davon sehr wenige. Ich habe mir - als ich mal in einer bissl größeren Kanzlei mit mehreren Azuibs angestellt war - jede Woche die Zeit für eine "Azubi Sprechstunde" genommen. Da haben wir über den Inahlt des Berufsschulstoffes gesprochen und ich habe versucht, das praxisnah zu erläutern. Also wenn in der Schule VV 2300 behandelt wurde, hat der Azubi für mich die nächsten Kostenrechnungen für außergerichtliche Tätigkeit schreiben dürfen. Aber auch alle sonstigen Fragen und Probleme wurden besprochen. Das ganze war aber nicht Pflicht und wurde auch nicht von allen Azubis angenommen....

Warum macht das fast keiner? Zeit und fehlendes Fachwissen...

Das eigentliche Problem ist, und daran wird sich wohl nichts ändern, dass es zwar eine Ausbilder-Eignungsverordnung gibt, aber leider hat § 1 der AusbEignV folgenden Wortlaut:

"Ausbilder und Ausbilderinnen haben für die Ausbildung in anerkannten Ausbildungsberufen nach dem Berufsbildungsgesetz den Erwerb der berufs- und arbeitspädagogischen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten nach dieser Verordnung nachzuweisen. Dies gilt nicht für die Ausbildung im Bereich der Angehörigen der freien Berufe."

M.M. nach das Ergebnis von Lobbyarbeit, aber ist nun mal so. Ich bin tatsächlich der Ansicht, dass man ohne Streichung von S. 2 des Vorstehenden das Problem nicht lösen kann, weil sich freiwillig kaum ein Anwalt die "berufs- und arbeitspädagogischen Fertigkeiten" etc aneignen wird. Und das wird nicht passieren, weil jeder denkt, dass es dann noch weniger Azubis gibt. Wenn ich mir aber die Abbrecherquote ansehe (ich hab mal die Zahlen der hiesigen Kammer gesehen) dann muss sich was ändern. Mit einer Professionalisierung der Ausbildung, einhergehende mit Ausbilderschein auch für Freiberufler-Berufe, würden zwar eventuell weniger Kanzleien ausbilden, aber sicherlich weniger abbrechen. Alternativ sollten Azubis einfach mal nach Abschluss der Prüfung befragt werden, ob Sie alles gelernt haben, was im Rahmenlehrplan etc. steht. Den findet man im übrigen hier: https://www.bibb.de/de/berufeinfo.php/p ... hip/060712

VG MG
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#13

25.07.2017, 12:24

Ich habe meine Ausbildung auch "alleine" gemacht. Es gab also nur den Anwalt und mich. Ich hab alles gemacht, von Diktaten zu ZV-Sachen, Strafrecht bis hin Strafanzeigen, Klagen und Aufforderungsschreiben selbst erstellen. Wenn ich fragen hatte hieß es oft, da vorne stehen genug Bücher lesen Sie es nach ;D aber im Endeffekt hat es mir nicht geschadet. In der Berufsschule hat es halt schon geholfen, weil ich zb im Kostenrecht nicht viel lernen musste weil ich genug Praxis hatte.
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#14

25.07.2017, 14:26

Lana37 hat geschrieben:Ich habe meine Ausbildung auch "alleine" gemacht. Es gab also nur den Anwalt und mich. Ich hab alles gemacht, von Diktaten zu ZV-Sachen, Strafrecht bis hin Strafanzeigen, Klagen und Aufforderungsschreiben selbst erstellen. Wenn ich fragen hatte hieß es oft, da vorne stehen genug Bücher lesen Sie es nach ;D aber im Endeffekt hat es mir nicht geschadet. In der Berufsschule hat es halt schon geholfen, weil ich zb im Kostenrecht nicht viel lernen musste weil ich genug Praxis hatte.

Klar sollten die Azubis auch mal etwas selbständig versuchen und es ist auch nicht schlecht, wenn in der Praxis schon etwas behandelt wurde, was es in der Berufsschule noch nicht gab.

Aber wenn ein Azubi einen anderen Azubi ausbilden soll, dann stellen sich mir hier echt die Nackenhaare auf.

Chayenné, was wird denn dann mit dem Azubi, wenn auch Du ausgelernt bist und vielleicht in eine andere Kanzlei gehst?
Wie ist das dann mit deinem Urlaub und an deinen Berufsschultagen wenn der neue Azubi da ist?


Ich denke, Du solltest trotzdem mal mit deinem Chef sprechen, wie er sich das ganze vorstellt.
Denn es ist wie die anderen schon geschrieben haben, nicht deine Aufgabe die Neue Azubine auszubilden.
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Anahid
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#15

25.07.2017, 14:30

Lana37 hat geschrieben:Ich habe meine Ausbildung auch "alleine" gemacht. Es gab also nur den Anwalt und mich. Ich hab alles gemacht, von Diktaten zu ZV-Sachen, Strafrecht bis hin Strafanzeigen, Klagen und Aufforderungsschreiben selbst erstellen. Wenn ich fragen hatte hieß es oft, da vorne stehen genug Bücher lesen Sie es nach ;D aber im Endeffekt hat es mir nicht geschadet. In der Berufsschule hat es halt schon geholfen, weil ich zb im Kostenrecht nicht viel lernen musste weil ich genug Praxis hatte.
Ich befürworte, dass ein Azubi auch Sachen selbst macht. Aber das muss kontrolliert werden. Wer sagt denn, dass da nicht Gebühren bei der Abrechnung vergessen werden, etc. Sorry.....aber eine Ausbildung durch Verweis auf Bücher ist auch alles andere als erstrebenswert.
Zuletzt geändert von Anahid am 25.07.2017, 16:32, insgesamt 1-mal geändert.
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25.07.2017, 16:12

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#17

25.07.2017, 18:07

Anahid hat geschrieben:
Lana37 hat geschrieben:Ich habe meine Ausbildung auch "alleine" gemacht. Es gab also nur den Anwalt und mich. Ich hab alles gemacht, von Diktaten zu ZV-Sachen, Strafrecht bis hin Strafanzeigen, Klagen und Aufforderungsschreiben selbst erstellen. Wenn ich fragen hatte hieß es oft, da vorne stehen genug Bücher lesen Sie es nach ;D aber im Endeffekt hat es mir nicht geschadet. In der Berufsschule hat es halt schon geholfen, weil ich zb im Kostenrecht nicht viel lernen musste weil ich genug Praxis hatte.
Ich befürworte, dass ein Azubi auch Sachen selbst macht. Aber das muss kontrolliert werden. Wer sagt denn, dass da nicht Gebühren bei der Abrechnung vergessen werden, etc. Sorry.....aber eine Ausbildung durch Verweis auf Bücher ist auch alles andere als erstrebenswert.
Aber das geschieht dann solchen Anwälten ganz Recht!
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#18

25.07.2017, 18:28

Wahrscheinlich ein Grund, weshalb diese RAe sich keine ReNo leisten können und dann auch solchen billigen Maschen wie "Geiz ist geil" reiten...
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#19

26.07.2017, 08:51

samsara hat geschrieben: Gibt es überhaupt RAe, die selbst ausbilden? Ich meine, die sich mit dem Azubi hinsetzen, ausführlich erklären und ggf. auch mit dem Azubi lernen?
Ja gibt es! Mein Chef hat damals (1993) angefangen mit mir und einer weiteren Azubine und einer Bürokraft. Ausgebildete (und verfügbare!) ReFas gab es meines Wissens zu der Zeit nicht in unserem Ort. Erinnerlich hatten wir zwei oder 3 uralte Kanzleien mit DDR-Bestand und -Wissen. In meiner Berufsschule war es so, dass die Ausbilder zb erst eine Woche vorher den Stoff übermittelt bekommen haben, den sie uns dann weitergegeben haben. Wenn wir mit praxisnahen Fragen kamen, wurden wir oft auf nächste Woche vertröstet, weil die Lehrer selbst erst nachlesen mussten. Nichtsdestotrotz hat sich mein Chef immer viel Zeit für mich genommen und immer erklärt, wenn Fragen aufkamen. Und ich denke, ich hab meine Ausbildung ganz ordentlich abgeschlossen und das selbständige Arbeiten während der Ausbildung kam mir sehr zugute. Einige Mitberufsschüler haben in den 3 Jahren Ausbildung gerade mal Kenntnisnahmeschreiben getippt und waren ansonsten mit Kaffeekochen und Ablage beschäftigt.

Aber bei der von der TE geschilderten Situation kann ich nur mit dem Kopf schütteln. Vielleicht sollte man da mal bei der Kammer nachfragen (und so einen indirekten Hinweis geben)?
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Pitt
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#20

26.07.2017, 09:45

Das ist einer der typischen Fälle, wo die Rechtsanwälte am falschen Ende sparen.
Der Themenstarterin kann ich nur den Rat geben, den Chef auf gute Fachliteratur/Fachzeitschriften für ReNos anzusprechen, wenn er schon nicht bereit ist, personell für eine gute Ausbildung zu sorgen. Und wenn man bei bestimmten Fragen unsicher ist, im Zweifelfall den Azubi immer zum Chef schicken, damit der erklärt, wie es laufen soll. Wenn Azubis Azubis anlernen, erhöht sich die Gefahr, dass mangels Fachwissen Arbeitsanleitungen erteilt werden, die nicht korrekt sind, weil z. B. bei bestimmten Arbeitsabläufen haftungsrechtlich eine bestimmte Vorgehensweise gefordert wird. Das beste Beispiel hierfür sind z. B. Fristabläufe, bei denen der BGH regelmäßig zu entscheiden hat, wer welche Arbeitsanweisung richtig/nicht richtig ausgeführt hat. Wenn man auf sich allein gestellt ist, dann arbeitet man nach eigenem Wissen und Gewissen und wenn etwas falsch ist und man nicht darauf hingewiesen wird, dann geht man davon aus, dass das in Ordnung ist und macht so weiter.
@Riverside: Ich fürchte, der Kammer ist es egal, ob die Kanzlei nur mit Azubis läuft. Eine Kollegin erzählte mir gestern die nette Anekdote, dass in ihrer Heimatstadt nach Kammerangaben 7 Notare fehlen und nicht nur das, es gäbe auch keine Bewerber für das Notaramt. Außerdem wurde ein Mangel an Fachkräften beklagt. Es sei ja soooo schwer, ReNos zu bekommen. Tatsächlich aber gibt es so gut wie keine Stellenausschreibungen für ReNos in dieser Stadt und meine Kollegin pendelt seit 20 Jahren, weil eben nix zu finden ist. Wenn die Anwälte und Kammern jammern, dass es zu wenige ReNos gibt, dann meinen sie, es gibt zu wenige ReNos, die nur für den Mindestlohn arbeiten wollen und kostenlos noch unbezahlte Überstunden drauflegen.
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