Die Suche nach einem Azubi!

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jule88
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#1

15.04.2014, 20:06

Hallo!

Ich muss mir jetzt mal Luft machen und vielleicht kennt einer von euch auch dieses Problem.

Unsere Kanzlei sucht momentan einen Azubi zum Sommer. Habt ihr da bislang auch so "gute" Erfahrungen mit gemacht, dass sich sehr sehr wenige bewerben?

Es gab mehrere Kandidaten und alle sind abgesprungen, nachdem die Zusage da war. Ich verstehe einfach die Welt nicht! Es ist schon schwer Personal zu finden, aber einen Azubi zu finden ist ja fast noch schwieriger. Man könnte grad meinen, unser Beruf ist am Aussterben.

Wenn ich zu meinen Chefs sage, man muss evtl mal die Ansprüche herunterschrauben und eben nicht nur die 1er Kandidaten einladen, reagieren die höchst allergisch darauf, von wegen die hätten nichts drauf! Da bekomme ich dann meist schon leichte Aggressionen, da auch ich vor 8 Jahren keine 1er Kandidatin war und dann einen echt guten Abschluss hinbekommen habe...

Gibt es hier Mitglieder, die dieses Problem kennen? Was sind so eure Erfahrungen? Wäre schön, wenn ich hierzu mal ein paar Meinungen hören könnte.

Schönen Abend noch!
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Kanzleihund
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#2

15.04.2014, 20:28

Vernünftige Azubis (wir suchen nicht nur nach 1er Kandidaten) sind in der derzeitigen wirtschaftlichen Lage wohl in fast allen Branchen Mangelware.
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Kitty on the road
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#3

15.04.2014, 20:31

Hallo,

die Kanzlei, in der ich gelernt habe, arbeitet fast nur mit Azubis, dementsprechend gab es das Problem da auch. Ich bin mit meiner damaligen (damals schon ausgelernten) Kollegin heute noch gut befreundet und von ihr höre ich, dass es da immer noch so ist...

Der dortige Chef ist schon auch jemand, der am liebsten 'nen 1er-Abiturienten (!) als Azubi hätte (weil alles, was kein Abitur hat, ist ja grundsätzlich eh schon mal schlechter... :roll: ). So. Nun werden diejenigen aber 'nen Teufel tun und ReFa lernen :lol: Das soll nicht unseren Berufsstand schmälern, aber bitte, wenn ich ein 1er-Abitur geschrieben habe, dann studiere ich vielleicht Jura oder Medizin oder sowas, jedenfalls ist meine erste Wahl bestimmt nicht, Sekretärin beim Anwalt zu werden... Das hat(te) er aber nicht recht verinnerlicht.

Hauptschulabgänger nahm bzw. nimmt besagter Chef übrigens grundsätzlich nicht.

Mindestens Realschule muss es da also schon sein, und ja, auch da möglichst mit 1 in allen relevanten Fächern. Alles unter Note 2 in Deutsch lädt er nicht ein. Stückweise kann ich das sogar verstehen, denn wir hatten damals wirklich schon Kandidatinnen zum Test (in dem Test ist ein Diktat enthalten), da stellte es mir wirklich alles auf... Aber die kann man doch nicht alle über einen Kamm scheren.

Von meiner Ex-Kollegin bzw. jetzt guten Freundin weiß ich, dass er auch dieses Jahr wieder händeringend sucht. Eigentlich kann er sich diese Art von Ansprüchen nicht erlauben, finde ich, jedenfalls nicht, wenn er wirklich dringend jemanden braucht (und das tut er) - denn er sucht die sprichwörtliche eierlegende Wollmilchsau... An irgendeinem Punkt müsste er halt mal Abstriche machen. Aber das wird er auch nicht.

Wie die Masse an Bewerbungen allgemein ist, weiß ich nicht. Aber er filtert eh schon 75 % vorab raus.


Noch ein bisschen was anderes ist das, wo ich jetzt arbeite. Da gibt es eine beschränkte Zahl an Einstellungsgenehmigungen, außerdem bauen sie ja eh ab wie die Weltmeister, und da kann ich verstehen, dass mein Vorgesetzter nur die einlädt, die wirklich was auf dem Kasten haben. Wenn ich schon an allen Ecken und Enden Personal sparen muss, dann will ich in der immer kleiner werdenden Mannschaft wenigstens nur gute Leute haben.
Allgemeines Zivilrecht & gewerblicher Rechtsschutz - all day long.


"Ich habe bei Tag und Nacht über den Büchern gesessen, ganze Bibliotheken durchgelesen, auch Philosophie und fremde Sprachen getrieben, und die Bücher sind leider mein Gott gewesen." - zitiert in: Arno Pagel, Ludwig Harms - Gottes Rufer in der Heide
Jupp03/11

#4

15.04.2014, 20:47

Kitty on the road hat geschrieben:Hallo,

die Kanzlei, in der ich gelernt habe, arbeitet fast nur mit Azubis, dementsprechend gab es das Problem da auch. Ich bin mit meiner damaligen (damals schon ausgelernten) Kollegin heute noch gut befreundet und von ihr höre ich, dass es da immer noch so ist...

Der dortige Chef ist schon auch jemand, der am liebsten 'nen 1er-Abiturienten (!) als Azubi hätte (weil alles, was kein Abitur hat, ist ja grundsätzlich eh schon mal schlechter... :roll: ). So. Nun werden diejenigen aber 'nen Teufel tun und ReFa lernen :lol: Das soll nicht unseren Berufsstand schmälern, aber bitte, wenn ich ein 1er-Abitur geschrieben habe, dann studiere ich vielleicht Jura oder Medizin oder sowas, jedenfalls ist meine erste Wahl bestimmt nicht, Sekretärin beim Anwalt zu werden... Das hat(te) er aber nicht recht verinnerlicht.

Hauptschulabgänger nahm bzw. nimmt besagter Chef übrigens grundsätzlich nicht.

Mindestens Realschule muss es da also schon sein, und ja, auch da möglichst mit 1 in allen relevanten Fächern. Alles unter Note 2 in Deutsch lädt er nicht ein. Stückweise kann ich das sogar verstehen, denn wir hatten damals wirklich schon Kandidatinnen zum Test (in dem Test ist ein Diktat enthalten), da stellte es mir wirklich alles auf... Aber die kann man doch nicht alle über einen Kamm scheren.

Von meiner Ex-Kollegin bzw. jetzt guten Freundin weiß ich, dass er auch dieses Jahr wieder händeringend sucht. Eigentlich kann er sich diese Art von Ansprüchen nicht erlauben, finde ich, jedenfalls nicht, wenn er wirklich dringend jemanden braucht (und das tut er) - denn er sucht die sprichwörtliche eierlegende Wollmilchsau... An irgendeinem Punkt müsste er halt mal Abstriche machen. Aber das wird er auch nicht.

Wie die Masse an Bewerbungen allgemein ist, weiß ich nicht. Aber er filtert eh schon 75 % vorab raus.


Noch ein bisschen was anderes ist das, wo ich jetzt arbeite. Da gibt es eine beschränkte Zahl an Einstellungsgenehmigungen, außerdem bauen sie ja eh ab wie die Weltmeister, und da kann ich verstehen, dass mein Vorgesetzter nur die einlädt, die wirklich was auf dem Kasten haben. Wenn ich schon an allen Ecken und Enden Personal sparen muss, dann will ich in der immer kleiner werdenden Mannschaft wenigstens nur gute Leute haben.
Wie wird das erkannt, etwa durch Zensuren?
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Kitty on the road
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#5

15.04.2014, 20:54

Jein (ja, ich erkenne das Problem an dieser Stelle :) ). Es werden ja nur ausgelernte ReFas eingestellt. Und ich bin schon der Meinung, dass man anhand der Prüfungsergebnisse (die immer verlangt werden) einschätzen kann, wie es beruflich um die Person bestellt ist. Bei reinen Schulnoten (also einem Abschlusszeugnis einer Realschule meinetwegen) tue ich mich da schwer, weil in der Schule eben breiter gefächertes Wissen vermittelt wird, nicht wie in einer konkreten Berufsausbildung. Ich persönlich bin deswegen schon der Meinung, dass man an den Ergebnissen der Ausbildung einschätzen kann, ob derjenige in seinem Beruf etwas kann oder nicht.

Und natürlich wird es - sicherlich hauptsächlich - danach beurteilt. Wie genau und ob da konkret noch andere Erkundigungen angestellt werden, kann ich nicht sagen, weil ich damit nicht im Detail befasst bin (insofern ist meine persönliche Meinung, ob das gut ist oder nicht, eigentlich gar nicht relevant, weil ich das nicht entscheide).
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#6

15.04.2014, 20:58

Hier geht es nicht um Ausgelernte.
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Kitty on the road
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#7

15.04.2014, 21:00

Habe ich auch nicht behauptet, es war eine Ergänzung meines Beitrags. Bzgl. Azubis hatte ich mich ja geäußert.
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#8

15.04.2014, 21:08

Kitty on the road hat geschrieben:Habe ich auch nicht behauptet, es war eine Ergänzung meines Beitrags. Bzgl. Azubis hatte ich mich ja geäußert.


Und dazu hatte ich meine Frage gestellt.
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#9

15.04.2014, 23:02

Ich finde ja, dass man einen möglichen Azubi eben nicht nur an den Noten ausmacht. Was bringt mir ein Azubi der in der Schule hervorragende Noten hatte, dieser dann aber nicht in die Pötte kommt oder sich nichts sagen oder erklären lässt. Es sind ja auch nicht die Anwälte, die den Azubi dann bei sich sitzen haben und ihm die Dinge so erklären müssen, sondern wir, die Angestellten.

Wenn ich so an meine Schulzeit zurückdenke muss ich sagen, dass ich keine gute Schülerin war. Ich war faul und mich interessierten so Dinge wie die hohe Mathematik eben nicht. Braucht man ja im Büro auch nicht zwangsläufig. Ich kenne es, wie es ist, viele Absagen zu erhalten, da es vor acht Jahren auf dem Arbeitsmarkt eben auch noch ganz anders aussah. Ich bin froh und sehr dankbar, auch heute noch, dass mein Ausbilder mir damals die Chance gab, mich vorzustellen (aufgrund meiner Noten, lag ich bei den Kandidaten, die eher nicht ausgewählt werden sollten). Es gab damals ein Test in Form eines Diktates und einer Rechenaufgabe, die ich beide als eine der besten meisterte. Ich mauserte mich dann während der drei Jahre auch zu einer recht guten Schülerin und machte einen ziemlich guten Abschluss. Mein heutiger Chef stellte mich aufgrund meines herausragenden letzten Halbjahreszeugnisses von der Berufsschule dann auch ein.

Ich versuche ihm immer und immer wieder klar zu machen, dass man eben jedem eine Chance geben sollte, stoße da aber sprichwörtlich auf "Granit".

Es macht mich einfach nur so wütend und sprachlos zugleich, dass man so sein kann! Das muss man eben sagen.

Ich habe auch die Erfahrung schon gemacht, dass nur gute Schulnoten in der Berufsschule auch nichts aussagen. Das in der Schule kann man lernen, aber wenn es in der Praxis dann eben an das Eingemachte geht, man aber nicht gelassen wird, kann das auch nach hinten losgehen.

Ich bin eine absolute Verfechterin, dass man den Auszubildenden von Anfang an zeigen muss, was im Beruf so gearbeitet wird, sprich alles was anfällt lernt. Man kann ja immer kontrollieren, aber wenn einem Azubi während der Ausbildungszeit nicht gezeigt wird, wie man Fristen notiert, Mahnverfahren bearbeitet, ZV betreibt, Kostenrechnungen schreibt usw. kann das auch nichts werden.

Ich durfte bzw. musste damals direkt von Anfang alles machen in der Ausbildung. Geschadet hat es mir nichts im Gegenteil. In der Schule hat mir all das enorm geholfen. Da ich dann ja schon vieles wusste, wurde das für mich in der Berufsschule auch einfacher.

Bin mal gespannt ob noch weitere Mitglieder sich zu diesem Thema äußern, schließlich scheint es ja so zu sein, dass es etliche Büros gibt, die händeringend nach gutem Nachwuchs sucht.
sanvic
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#10

16.04.2014, 08:01

Vielleicht kannst du mit Deinen Chefs ja einen Kompromiss machen. Bietet Praktikumsplätze an. Da hast Du (und Deine Chefs) die Möglichkeit, ein bisschen die (potenziellen) Bewerber kennen zu lernen. Ich hatte in meiner Ausbildungskanzlei damals auch ein Praktikum gemacht. Der RA hatte mich dann gleich gefragt, ob ich Interesse hätte bei ihm ne Ausbildung zu machen. Er hat mich dann auch eingestellt und das obwohl meine Noten damals eher nur Durchschnitt waren und er eigentlich sehr viel Wert darauf legte. Unsere letzten 2 Azubis hier haben wir auch so bekommen.
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