Ausbildung

Für Themen rund um die Berufsausbildung Rechtsanwaltsfachangestellte / Rechtsanwaltsfachangestellter. Bitte hier KEINE Fachfragen stellen, sondern dafür den richtigen Unterbereich wählen.
AndyMuc89
Foren-Praktikant(in)
Beiträge: 4
Registriert: 10.01.2014, 14:55
Beruf: RA-Fachangestellte

#1

10.01.2014, 15:05

Hallo!

ich habe mich hier angemeldet da ich mich für eine Ausbildung zum Rechtsanwaltsfachangestellten interessiere.

Natürlich unterhält man sich auch mit Familie und freunden über den beruflichen Werdegang.

Und daher bin ich nun verunsichert.

Meine Mutter arbeitet seit ca. 30 Jahren in der Justizverwaltung und hat daher einige Erfahrung mit Rechtanwälten sowie auch mit Rechtsanwaltsfachangestellten die den Arbeitgeber gewechselt haben.
Und sie hat von fast ausschließlich allen Rechtsanwaltsfachangestellten nur negatives gehört.
Die Arbeit sei kaum zu schaffen, jedoch forderten viele Anwälte das man die Arbeit nicht verlässt bis alles erledigt ist und man daher dann oft bis spät abends in der Kanzlei sitzt.
Zudem soll der Umgangston in den meisten Fällen sehr respektlos gewesen sein da es wohl viele Anwälte gibt die sich für etwas besseres halten und daher ihre Rechtsanwaltsfachangestellten und vor allem auch die Azubis ohne jeglichen Respekt behandeln.
Desweiteren soll es für diese ganzen Umstände oft auch nur einen Hungerlohn gegeben haben.

Nun bin ich natürlich ziemlich verunsichert.

daher möchte ich nun hier fragen:

was sind eure Erfahrungen im Arbeitsalltag?

LG Andy
pitz
...wegen der Kekse hier
Kennt alle Akten auswendig
Beiträge: 601
Registriert: 12.12.2013, 12:35
Beruf: ReNo

#2

10.01.2014, 15:15

Hi!
Erstmal willkommen im Forum! :wink2

Das was deine Mutter da schildert, halte ich auf jeden Fall für eine unzulässige Verallgemeinerung. Ich bin selbst zwar noch Azubi, aber in meiner Kanzlei habe ich derartiges noch nicht gehört. Auch in meiner Berufsschulklasse sind die Schilderungen überwiegend positiv. Wie es so schön heißt: es gibt solche und solche. Und irgendwie bleiben negative Schilderungen immer präsenter als positive.

Ich persönlich habe Spaß an meinen Tätigkeiten und ich fühle mich von den Anwältinnen und Anwälten sowohl respektiert als auch für meine Arbeit geschätzt. Im Endeffekt ist man ja auch "ein Team".

edit: Ich arbeite in einer Großkanzlei mit über 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an unserem Standort, ich denke die von dir beschriebenen "Negativfälle" passieren eher in kleineren Kanzleien bzw. bei Einzelanwälten, wo die anfallenden Arbeiten auf sehr viel weniger Schultern verteilt werden müssen.
Zuletzt geändert von pitz am 10.01.2014, 15:20, insgesamt 1-mal geändert.
katinka0508
Forenfachkraft
Beiträge: 201
Registriert: 17.07.2013, 14:20
Beruf: RA-Fachangestellte
Software: ReNoStar
Wohnort: Bayern

#3

10.01.2014, 15:20

Hallo :wink1

ich bin jetzt in meiner dritten Kanzlei.
In meiner Ausbildungskanzlei (mittelgroße Kanzlei in München) war ich 6 Jahre und ich habe nur gekündigt, weil ich kürzere Fahrtzeiten wollten.
Die Arbeit war zu schaffen. Klar gab es Tage, an denen man mal eine Stunde länger geblieben ist, aber das kam vllt einmal im Monat vor. Außer zum Jahresende, da wurde es stressiger, weil die Verjährung ja so urplötzlich vor der Tür stand.
Mit den Kolleginnen habe ich immer noch Kontakt. Wir waren nach einiger Zeit mehr als nur Kollegen. Man verbringt ja auch die meiste Zeit miteinander und so haben sich da Freundschaften gebildet.
Mit den Anwälten kam ich super klar. Es war kein Choleriker dabei :)
Aber ich muss sagen, ich finde männliche Anwälte umgänglicher wie weiblicher.

In meiner zweiten Kanzlei (2 Anwälte + 1 Azubi) war ich 2 Monate.
Dort habe ich gekündigt, weil ich nichts zu tun hatte. Ich saß acht Stunden am Tag rum und habe gewartet, bis es endlich Feierabend war. So verlockend das vllt auf den ersten Blick klingt, so ist es nicht...
Meine einzigen Aufgaben waren: Kaffee kochen, dem Chef Wasser bringen und alles nach Fengshui einzurichten...

In meiner jetzigen Kanzlei (mittelgroße Kanzlei auf dem Land) bin ich seit 1,5 Jahren.
Überstunden gibt es so gut wie gar nicht. Liegt aber auch viel an der guten Organisation der Anwälte hier.
Mit den Kolleginnen komme ich super klar. Auch hier ist es ein sehr freundschaftliches Auskommen miteinander. Wir helfen uns gegenseitig und es braucht keiner Angst haben etwas zu fragen.


Ich denke, dass man in jedem Beruf in ein Büro kommen kann, in dem Zicken, Diven und A***löcher arbeiten.
Hör dich einfach mal über die Kanzleien in deiner Nähe um.
Schau auf der Homepage von der Rechtsanwaltskammer oä, wie oft neue Mitarbeiter gesucht werden. Wenn andauernd eine Stellenanzeige geschaltet wird, ist das meist ein Zeichen, dass in der Kanzlei etwas nicht passt und es ein großes Kommen und Gehen ist.
Ich hab mir bei den Vorstellungsgesprächen auch immer die Kanzlei zeigen lassen. Dann siehst du, wie die Büros aussehen und auch die Begrüßung und die Laune der Mitarbeiter lassen viel aufs Klima schließen.
Sitzen alle nur rum und ziehen eine Fresse wie 10 Tage Regenwetter, dann kann es gut sein, dass die Stimmung mies ist.

Ein Garant ist das alles nicht.
Aber mein Fazit von ca 16 Anwälten waren mind. 12 mehr als ok :)
AndyMuc89
Foren-Praktikant(in)
Beiträge: 4
Registriert: 10.01.2014, 14:55
Beruf: RA-Fachangestellte

#4

10.01.2014, 15:54

Vielen dank euch beiden für die schnelle Antwort!

Ich hätte wirklich nicht mit solchen positiven Berichten gerechnet...

Gut klar inwieweit das was meine Mutter von Kollegen gehört hat die Realität abbildet ist sicher fraglich aber sie hat sich in ihrer beruflichen Laufbahn schon mit einigen Kollegen unterhalten und hatte halt bei 9 von 10 negative Erfahrungen geschildert bekommen.

Aber das es bei euch anders ist ist auch jeden Fall schön zu hören.

LG Andy
gkutes

#5

13.01.2014, 14:04

ich habe auch nur positives zu berichten, grundsätzlich aber auch schon einiges an Schauergesichten gehört.

du müsstest bei dir mal schauen, was für ein Angebot an potentiellen Arbeitgebern es gibt.

Kommst du aus München (wegen dem "MUC" im Namen)? Dann brauchst du dir wegen Arbeit und Geld jedenfalls keine Sorge machen.
Butterblume
Daueraktenbearbeiter(in)
Beiträge: 459
Registriert: 08.03.2012, 14:43
Beruf: RA-Fachangestellte
Software: RA-Micro

#6

13.01.2014, 14:22

Ich kann bisher auch nur Positives berichten.

Gelernt habe ich in einer Kanzlei mit 5 Anwälten. Es war ganz angenehm dort und ich habe auf jeden Fall sehr viel gelernt und bin froh, dass ich dort lernen konnte.

Jetzt bin ich in einer Kanzlei mit 2 Anwältninnen, wir sind also 3 Mädels und alles läuft super. Kein Rumgezicke, so gut wie keine Überstunden, ich kann mich nicht beschweren.
Pitt
...ist hier unabkömmlich !
Beiträge: 3280
Registriert: 12.07.2012, 10:15
Beruf: RA-Fachangestellte
Software: Phantasy (DATEV)

#7

13.01.2014, 14:27

Meine Ausbildung habe ich in einer Feld-, Wald- und Wiesenkanzlei gemacht und sie war so schlimm, dass ich im 2. Lehrjahr kurz davor war, alles hinzuschmeißen. Der Chef war Choleriker, seine "persönliche Assistentin" mobbte alle anderen Angestellten, wir wurden sogar mal mit einem Diktiergerät abgehört (!) und es gab viele blutige Straf- und Unfallakten, die immer bei mir landeten, weil es hieß, ich müsse noch abgehärtet werden. Das Gehalt orientierte sich am empfohlenen Mindestbetrag der RA-Kammer, die vermögenswirksamen Leistungen musste ich davon komplett selbst abknapsen. Wenn nicht meine für die Ausbildung zuständige Kollegin gewesen wäre, hätte ich es nicht durchgehalten. Meine Ausbilderin hat mir unglaublich viel beigebracht und sie konnte mir auch die Liebe zum ReNo-Beruf vermitteln, selbst in diesem besch... Büro. Dafür bin ich ihr noch heute dankbar. Nach der Ausbildung habe ich dann erst mal mein Abitur nachgeholt und da mir der Beruf an sich Spaß gemacht hat, im Anschluss einen - letzten - Versuch unternommen, als ReNo zu arbeiten. Seit 15 Jahren bin ich jetzt in einer Wirtschaftskanzlei beschäftigt und einfach glücklich. Ich kann mich daher den Vorrednern nur anschließen. Es gibt solche und solche. Was noch verbesserungswürdig ist, ist das Gehalt, wobei es auch hier starke regionale Unterschiede gibt und die Weiterbildungsmöglichkeiten (Rechts- oder Notarfachwirt und das war's dann auch).
Fräulein Fit

#8

13.01.2014, 14:27

Ich denke es gibt beides... habe auch "schlechte Zeiten" in der Kanzlei in der ich gelernt habe erlebt, allerdings nicht so wie Du sie schilderst... sowas kenne ich nicht und hab es damals auch von niemanden meiner Mitschülerinnen gehört... bin aber jetzt in einer Rechtsabteilung tätig und kann eigentlich nicht meckern... nur ab und zu :mrgreen: , was völlig normal ist :roll:

und bzgl. des Gehalts, in der Ausbildung gibt es ja Richtlinien der Kammern, da halten sich eigentlich auch die meisten dran (aus meiner Erfahrung)
Benutzeravatar
Morgenmuffel
Kennt alle Akten auswendig
Beiträge: 535
Registriert: 07.06.2011, 14:38
Beruf: RA-Fachangestellte
Software: Phantasy (DATEV)

#9

13.01.2014, 15:17

Es kommt mit Sicherheit immer auf den Einzelfall an. Ich musste in meiner Ausbildung (2 Anwälte) nicht eine Überstunde machen, das Betriebsklima war super, die Chefs human und man bekam viele Vergünstigungen (Fahrtkostenerstattung zur Kanzlei und zur Schule, BahnCard, diverse Getränke, etc.). Ich hab auch viel gelernt in diesem Büro, da es extra ein Mitarbeiterin dafür hatten.
In meiner jetzigen Kanzlei, wo ich auch schon über 15 Jahre bin, ist es ein bisschen anders, aber im großen und ganzen ist es in Ordnung. Ich bin hier u.a. für die Azubis zuständig und ich hab mit fast allen noch Kontakt, die hier meinen Weg gekreuzt haben. Ab und zu muss ich mal ein bisschen länger bleiben oder werde in meine Pause gezogen, aber das ist in Ordnung. Ich kann die Zeit immer abfeiern. Aber bei 5 oder 10 Minuten seh ich das nicht so eng.
Dass die Arbeit kaum zu schaffen sei, ist mir noch nie passiert. Und wenn, ist es hier zumindest kein Problem, am nächsten Tag weiterzuarbeiten (außer bei Fristen natürlich).
Ich kenne auch eine Freundin, die oft abends länger in der Kanzlei sitzen muss, weil viel zu tun ist, aber von ihr weiß ich, dass dies immer großzügig honoriert wird. Zudem kommt es auch auf die Spezialisierung des Anwalts an, ob lange Schriftsätze geschrieben werden müssen oder verhältnismäßig kurze.
Es gibt mit Sicherheit Anwälte, die ihre Azubis ohne jeden Respekt behandeln und auch denken, die wäre ihre persönlichen Dienstboten, aber es gibt auch andere Chefs. Lehrjahre sind keine Herrenjahre, sagt man ja so schön. So gibt´s wohl nicht nur in unserem Beruf solche und solche Chefs, sondern auch in anderen Berufsgruppen.
Der Vorteil der Klugheit liegt darin, dass man sich dumm stellen kann. Das Gegenteil ist schon schwieriger. (Kurt Tucholsky)
Eve80
Kennt alle Akten auswendig
Beiträge: 513
Registriert: 25.02.2009, 17:17

#10

14.01.2014, 09:08

Ich glaub auch, dass es "halt drauf ankommt". Natürlich hat man in diesem Beruf ein ganz anderes Verständnis von Fristen (und Terminen). Da bin ich am Anfang schon manchmal auf Unverständnis im Freundeskreis gestoßen, wenns mal länger wurde. Das liegt aber daran, dass bei uns durch versäumte Fristen der Prozess verloren geht, der Mandant natürlich einen Schaden hat, die Haftpflicht des Anwalts einspringen muss, das natürlich dem Ruf schadet und am Ende, wenn es ganz dicke kommt, die Kanzlei dicht machen kann. Dann hilft es mir auch nichts, wenn ich mich auf den Standpunkt stell, ich hab jetzt Feierabend und tschö.

Wenn ich in einem "normalen" Bürojob ne Frist gesetzt bekomm, hat das selten so weit tragende Konsequenzen. Dessen muss man sich einfach bewusst sein.

Mit der richtigen Organisation und ausreichend Personal sind Überstunden wirklich zu vermeiden und treten, so habe ich das zumindest erlebt, nur selten auf. So eine Frist kommt ja nicht aus dem Nichts und steht plötzlich da.

Und natürlich gibt es Kanzleien, in denen muss man den (meist Jung-)Anwälten hin und wieder auch Grenzen zeigen. Die meisten Anwälte, die ich erlebt habe, kommen lieber spät ins Büro (= nach 9.30) und bleiben dafür am Abend bis in die Puppen. Da kann es schon mal vorkommen, dass kurz vor Feierabend ein Auftrag kommt, der nicht vorherzusehen war und der Anwalt ist sich gar nicht bewusst darüber, dass der Feierabend schon vor der Tür steht. Da muss man dann als Angestellte auch soweit "mutig" sein (falsches Wort, mir fällt grad kein besseres ein) und sagen, dass man jetzt geht, ob es am nächsten Tag auch reicht bzw. im Laufe der Jahre kann man auch gut abschätzen, ob man das jetzt unbedingt noch machen muss oder ob die Bearbeitung am nächsten Tag ausreicht.

Im Großen und Ganzen kann ich sagen, dass eine Verallgemeinerung in der Form definitiv fehl am Platz ist. Ich hab auch oft genug erlebt, dass Kolleginnen schimpfen und mosern, was das Zeug hält, aber wenn es darum geht, den Anwalt einfach nur auf den Feierabend aufmerksam zu machen (der ihm gar nicht bewusst ist), kommt nichts außer einem freundlichen Lächeln und "Natürlich mach ich das". Wie in jedem anderen Beruf auch gibt es A..., die einem das Leben zur Hölle machen. Aber das ist keine Anwaltskrankheit, sondern einfach nur das normale Leben :wink:
Antworten