so, nachdem es hier auch um PaFas geht hab ich mich nun doch endlich mal angemeldet um meinem Senf dazuzugeben - also
allerseits
1) Assessmentcenter und Einstellungstest sind bei Kanzleien unüblich, evtl. wirst du zum Probearbeiten eingeladen (was ich unbedingt empfehlen würde). Wenn du allerdings deine PaFa-Ausbildung in einer Industriepatentabteilung = große Firma machen willst, kann es sein dass du zu ACs und Einstellungstests musst (zB Siemens, BASF)
2) als PaFa außerhalb von München ist die Ausbildungssituation schwierig, da die einzige (?) Berufsschule für uns in München ist. Im restlichen Deutschland gibt es meist alle 2 Wochen Fachkundeunterricht, wobei die Unterrichtsqualität sehr vom zuständigen Patentanwalt abhängt. Außerdem musst du u.U. weit fahren, die Azubis aus dem Rhein-Neckar-Gebiet zB müssen nach Stuttgart. Für die anderen Fächer (Buchhaltung, Wirtschaft etc) wirst du wahrscheinlich in eine ReFa-Klasse gehen
3) Patentanwälte bzw. -kanzleien gibt es fast ausschließlich in größeren Städten und sog. Metropolregionen. München natürlich, Nürnberg, Rhein-Neckar-Gebiet, Frankfurt, Hamburg, Berlin etc. Du solltest dir genau überlegen, ob du auch
in Zukunft in der Nähe von solchen Städten leben willst oder ob in deiner jetzigen Gegend genügend potenzielle Arbeitgeber sind, so dass du auch wechseln kannst falls es dir Dir in der Ausbildungskanzlei nicht gefällt oder sie dich nicht übernemen wollen. Als PaFa wird dich ein normaler Rechtsanwalt wohl kaum einstellen, da es ein
völlig anderes Sachgebiet ist und es genügend ReFas gibt, die von der RA-Materie naturgemäß mehr Ahnung haben
4)
Korrigiert mich bitte auf jeden Fall, wenn ich da falsch liege, aber ich denke (zur Zeit) folgendermaßen: Da sich die Berufe zwar in ihrem Arbeitsort, nicht aber so sehr in den grundlegenden Tätigkeiten unterscheiden, kann ich ja dann den Beruf mit den besten Verdienstchancen wählen.
nunja, wenn du es so siehst dann lassen sie sämtliche Büroberufe miteinander vergleichen: man telefoniert ein bischen, kocht Kaffee für Besprechungen, erledigt seinen Papierkram und pampert ansonsten den Chef ...
5) zu dem Thema, ob ReFa oder PaFa schwieriger ist: man muss in beiden Berufen sehr sorgfältig und konzentriert arbeiten, aber ob nun ein Job "schwieriger" ist als der andere hängt eher von den genauen Anforderungen der jeweiligen Kanzlei ab und nicht von den Beruf an sich
in den Patentkanzleien, die ich bisher kennenlernen durfte, wurde gerade die formale Markensachbearbeitung sehr gerne an ReFas gegeben, weil es ein relativ einfaches Teilgebiet innerhalb einer Patentkanzlei ist und die Marken-Verfahren vor den Patentämtern so einfach sind, dass wenig schief gehen kann. ReFas überhaupt werden eingestellt, weil es zu wenige PaFas gibt, man den ReFas weniger Gehalt zahlen muss und Markenstreitsachen öfters vor den normalen Gerichten (-> RVG + ZPO) ausgetragen werden. Die kritischen Bereiche - d.h. formale Patentsachbearbeitung, Gebühren, Fristen - waren aber
immer fest in PaFa-Hand, einfach weil es für den Anwalt eine Haftungsfrage ist und eine
Rechtsanwaltsfachangestellte in einer Patentkanzlei nunmal keine gelernte Fachkraft ist (genauso wenig wie umgekehrt natürlich: wenn ich als RA eine PaFa an die Fristen lassen würde wäre mir auch unwohl ...)
als ReFa kann man sich natürlich auch in einer Patentkanzlei hocharbeiten, aber ich kenne alleine 3 ReFas persönlich, die dann doch noch - mit Unterstützung des Chefs - die offizielle Ausbildung als PaFa gemacht haben, um eben gleichberechtigt mit den anderen PaFas zu sein
6) Bezahlung: Patentanwälte verdienen tatsächlich mehr als Rechtsanwälte (haben aber auch eine längere Ausbildungsdauer und quasi 2x studiert) und können sich daher auch höhere Gehälter für die Angestellten leisten
Außerdem ist der Beruf PaFa relativ unbekannt so dass es wenig(er) Konkurrenz gibt und die Anforderung ist insofern höher, weil man
unbedingt gut Englisch können muss (Französisch ist gern gesehen)
7) Unterschiede: bei mir war es bisher so, dass ca. 50% der Korrespondenz auf Englisch war, je nach Kanzlei kann das auch mehr oder weniger sein. Diktate sind dann natürlich auch auf Englisch, d.h. man "darf" sich dann mit englischen Fachbegriffen zB aus der Chemie oder den Maschinenbau herumschlagen, je nachdem was der Anwalt halt studiert hat. Man hat sehr viel mit dem Ausland zu tun (ausländische Mandanten und Kollegen bzw. Gegner) und muss auch bei der Fristenberechnung immer die Zeitverschiebung mitbeachten. Patentanwälte haben eher selten Gerichtstermine oder Mandantenbesprechungen, sondern machen viel vom Schreibtisch aus. Es wird selten nach RVG abgerechnet und die Fristen sind generell länger als bei den RAs (was aber natürlich nicht heißt, dass die Anwälte rechtzeitig mit der Bearbeitung anfangen
). Es geht immer um viel Geld: bei streitigen Verfahren hatte ich eigentlich noch nie einen Fall unter 50.000 EUR bis zu mehreren Millionen, bei einer neuen Erfindung oder einem neuen Firmennamen lässt sich der spätere Wert natürlich nicht abschätzen. Ich habe auch schon ein Firma betreut, die aufgrund einer einzigen guten Idee, die sie sich als Patent haben schützen lassen, richtig erfolgreich geworden sind. Generell hab ich das Gefühl, dass Patentanwälte ihre Angestellten mehr schätzen und die Ansicht, man wäre nur eine bessere Tippse, nicht so weit verbreitet ist wie unter RAs
*puh*
edit: ich bin selber PaFa und nach dem Abi aus meinem Heimatkaff nach München. Dort hab ich die Ausbildung gemacht und danach 1x die Kanzlei gewechselt, wo ich jetzt ~5 Jahre lang war - zum Schluss als Büroleiterin. Vor ein paar Wochen bin ich wieder zurück in eine Kleinstadt (nicht meine Heimatstadt) gezogen und hatte am Dienstag meinen ersten Arbeitstag in meiner neuen Kanzlei