Entschädigung westlicher Kriegsgefangenen

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Wusele
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#1

14.08.2009, 09:31

Hallo Forum,

seit gestern beisse ich mir die Zähne an der Aufgabe aus, die Chef mir erteilte.

Diese Woche lag ein gelber Briefumschlag in der Post und ich muss sagen, dass mich der Inhalt sogar sehr faszinierte. Es handelte sich um Postkarten aus einer Kriegsgefangenschaft, verfasst 1922. Geschichtsträchtige Dokumente... Wann hat man sowas schonmal in der Hand? :)

Woher diese Post stammt, ist schonmal das erste Rätsel. Natürlich könnte ich einfach meinen Chef fragen, aber der ist seit gestern Mittag nicht da und wird heute auch leider nicht mehr in die Kanzlei kommen. Die Mobilfunknummer habe ich nicht. :/

Auf den Postkarten steht auf deutsch "Kriegsgefangenenpost" und Sachen wie der Absender, die Lager-Bezeichnung, usw. Aber unter den deutschen Wörtern ist in kleinen Buchstaben der gleiche Begriff auf Italienisch abgedruckt. Auch das, was der Mann auf der Karte verfasste, ist auf Italienisch geschrieben. Daher meine Vermutung, dass der Herr in Deutschland gefangen gehalten wurde und an die Familie in Italien schrieb. Mein Chef spricht Italienisch verhandlungssicher, aber... Der ist ja nicht da.

Jede der Postkarten wurde 1922 geschrieben, sprich, es muss eine Gefangenschaft gewesen sein, die noch auf den ersten Weltkrieg zurückzuführen ist. Alles andere würde mich wundern. :)
Was mein Chef nun genau vor hat, weiß ich nicht, aber er erteilte mir die Aufgabe, ich solle bitte mal schauen, an wen man sich genau wenden muss, wenn es um die Entschädigungen von Kriegsgefangenen geht.

Und da beginnt mein Problem. Ich habe mir gestern die Finger wundgegoogelt, auch zu Hause habe ich nochmal gesucht, aber bisher fand ich nichts, das mir ansatzweise weiterhelfen könnte. Ich finde Gesetzesentwürfe, Artikel, das Heimkehrergesetz usw. - Aber das beinhaltet

1.) nur die Entschädigungen der ostdeutschen Kriegsgefangenen nach Rückkehr in die DDR
2.) nur den zweiten Weltkrieg

Langsam raufe ich mir die Haare, denn scheinbar gibt es gar keine Entschädigungen für die Gefangenen des ersten Weltkrieges und für westliche Kriegsgefangene ebenso wenig, denn was den zweiten Weltkrieg angeht, nur Entschädigungen für Heimkehrer im Beitrittsgebiet. Wie ich das oben ja auch schon erwähnte.

Anscheinend ist das auch ein Thema, mit dem man nicht alltäglich zu tun hat, dennoch habe ich die Hoffnung, einer von euch könnte mir vielleicht weiterhelfen. Oder mir vielleicht eine Anlaufstelle nennen, bei der ich anrufen und um Informationen bitten darf. Denn ich muss sagen, ich weiß nicht, wo ich nachfragen könnte.


Ich bedanke mich bei allen bereits im Voraus,

Wusele
BabyBen

#2

14.08.2009, 09:37

Mein Opa hat nach der Wende auch irgendeine Entschädigung für lange Kriegsgefangenschaft bekommen; von wem weiß ich nicht mehr. Aber Du schreibst doch, dass Du schon herausgefunden hast, wie die Entschädigung für den zweiten Weltkrieg erfolgt. Und genau dort würde ich anrufen und mich einfach durchfragen.
Wusele
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#3

14.08.2009, 09:50

Also,

so wie ich das gefunden und verstanden habe, stammt das Gesetz, na klar, vom Bundestag. Nähere Anlaufstellen fand ich leider nicht. Wäre der Mandant im zweiten Weltkrieg in Gefangenschaft gewesen, wäre das an sich klar, obwohl da die Frist zur Beantragung der Entschädigung im Juli auslief. Und da hätte der Mandant schlichtweg Pech gehabt.

Aber er war im ersten Weltkrieg in deutscher Gefangenschaft. Und dazu finde ich wirklich gar nichts. Das Heimkehrergesetz, das (ich weiß nicht, ob das stimmt, wenn ich etwas falsch sage, bin ich für jede Korrektur dankbar, so lerne ich ja auch!) eben auch die Entschädigungsregelungen für die Heimkehrer aus dem Osten beinhaltet, handelt scheinbar ausschließlich um den zweiten Weltkrieg. Nur, wie gesagt, der Mandant war im ersten Weltkrieg gefangen. Die Postkarten schrieb er alle 1922 aus dem Lager.

Gestern Abend habe ich sogar wirklich für den Bruchteil einer Sekunde daran gedacht, bei einem Gericht anzurufen und da nachzufragen. :oops:
BabyBen

#4

14.08.2009, 09:54

Nein nein Gericht ist falsch, die entscheiden nur über Streitfälle.

Ich habe für Dich mal gegoogelt, die Aufgaben der Heimkehrerstiftung hat das Bundesverwaltungsamt übernommen. Und genau dort rufst Du jetzt mal an ;-) .
Wusele
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#5

14.08.2009, 10:00

Vielen Dank!

Durch diese Quelle http://www.buzer.de/gesetz/7989/index.htm, verstand ich es z.B. so, dass das Heimkehrergesetz zum Arbeitsrecht gezählt wird und hätte entsprechend bei Anlaufstellen für das Arbeitsrecht nachgefragt.

Aber ich rufe beim Bundesverwaltungsamt an und bin mal gespannt, was die mir sagen können. Ich berichte dann. *gg*
Wusele
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#6

14.08.2009, 10:33

So,

das Gespräch mit dem Bundesverwaltungsamt ergab Folgendes:

Gefangene des ersten Weltkrieges haben generell keinen Anspruch mehr auf eine Entschädigung. Zumal, so das Amt, es im Jahre 1922 nur noch sehr wenige Gefangene des ersten Weltkrieges gab.

Verwirrend ist zudem, dass auf dem Zettel, der uns mit den Postkarten geschickt wurde, ein Geburtsdatum des Gefangenen steht, geboren im Jahre 1917. Mir kommt es seltsam vor, dass die Karten von diesem Gefangenen, laut des eingetragenen Datums auf den Postkarten, 1922 verfasst wurden. Entsprechend war der Gefangene erst fünf Jahre alt und nicht nur das ist irgendwie seltsam, sondern wenn ich mir allein schon die Schrift ansehe, sehr unwahrscheinlich. Man könnte sagen, dass die Karten von jemand anderem geschrieben wurden, da ich bezweifel, dass ein Kind diese Karten geschrieben hat. Ich habe auch keine weiteren Informationen dazu, da mein Chef mir die Sachen gestern vor die Nase legte und mich bat, mich zu erkundigen, ein paar Hintergrundinformationen gab er mir dabei leider nicht.

Zudem gilt das Heimkehrergesetz nur noch für die Kriegsgefangenen Ost, die Entschädigungen für die Kriegsgefangenen West GAB es, wurden aber auf Grund der Gleichberechtigung nur noch für die Kriegsgefangenen Ost zur Verfügung gestellt. Und selbst für die ist die Frist seit dem 30.06.2009 abgelaufen.

Auf den Postkarten ist ein Stempel zu sehen, der die Karten mit dem Wort "Italiener" versah und laut BVA hätte der Mandat allein durch die zu dieser Zeit bestandene Staatsangehörigkeit keinerlei Anspruch auf eine Entschädigung.

Oder um es kurz zu fassen:

Der Mandant hat in diesem Falle einfach Pech.


Dennoch erneut vielen Dank für die Hilfe. :)
BabyBen

#7

14.08.2009, 10:42

Aber immerhin hast Du doch hilfreiche Auskünfte bekommen. Auch wenn diese inhaltlich vielleicht nicht die waren, die Deinem Mandanten weiter geholfen hätten.

Halte mich mal auf dem Laufenden, was Dein Chef sagt. Denn ich bin seeeehr neugierig ;-) .

(Vielleicht geht es auch darum, dass jemand erben will/muss und deshalb den Verbleib seines Vaters/Opas/Uropas recherchieren will.)
Wusele
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#8

14.08.2009, 10:47

Mache ich!

Das BVA sagte, bei weiteren Fragen sollen wir uns bitte schriftlich melden und erklären, um was es sich exakt handelt. Aber sollte es wirklich nur um die Gefangenschaft gehen, denke ich, dass da nichts mehr zu machen ist, außer nochmal die genauen Paragraphen heraussuchen, um dem Mandanten vorweisen zu können, warum da nichts mehr gemacht werden kann.

Aber mal sehen, was Chef sagt. Sollte er heute noch kommen, was ich bezweifel. :)
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