Alptraum Azubi-Suche

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sunny-g65
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#111

11.06.2015, 13:49

Auch ich kenne die vergebliche Suche nach Azubis von verschiedenen Kanzleien.
Ein Tipp: Wendet euch einfach an die 10. Klassen der Realschulen direkt und bietet einen Probearbeitstag oder eine Pratikumswoche an. Da stellt sich dann bald heraus, ob jemand Lust und Eignung hat für den Beruf. Viele Schüler können sich auch gar nicht vorstellen, was in unserem Job gemacht wird.
Übers Arbeitsamt haben wir auch noch nie jemanden gefunden, nicht mal eine ausgebildete Fachkraft. Dieselben Probleme haben scheinbar auch die Steuerberater.
mrsgoalkeeper
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#112

11.06.2015, 14:30

Also wir suchen seit 3 oder 4 Jahren nur noch übers AA. Die Bewerbungen sind genauso gut oder schlecht wie die die über eine Zeitungsanzeige kommen. Die Kunst ist, die Perle zu finden ;) Bis auf wenige Ausreißer haben wir da ein gutes Händchen.

Probearbeiten unter vier Wochen ist nix. Eine gewisse Zeit kann sich jeder verstellen. :vogel

Womit wir ganz gute Erfahrungen gemacht haben sind Azubis, die über einen Träger (z.B. Caritas) kommen. Die können mehrwöchige Praktika machen. Wer das gut hinkriegt, macht auch die Ausbildung vernünftig.
Für die einen ist es die US-Wahl, für den Rest der Welt ist es 9/11
kunstlos
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#113

23.06.2015, 20:54

Mal aus der Sicht eines Azubis:

Ich habe letztes Jahr mein Abitur gemacht, und das auch mit einem sehr guten Schnitt von 1,6. Für mich war trotzdem klar, dass ich diesen Beruf machen wollte und nicht studieren werde. Ich bin also in meinem letzten Schuljahr zum AA um mich dort zu melden, damit ich Stellenangebote zugeschickt bekomme. Die gute Frau dort wollte mir sogar, aufgrund meines guten Abschlusses, von dem Beruf abraten und mir ein Mathematikstudium aufschwatzen. :-?

Hab ihr dann aber zu verstehen gegeben, dass ich das definitiv nicht machen möchte, sondern mir "meinen" Beruf schon ausgesucht habe und auch in einem freiwilligen Praktikum gemerkt habe, dass das mein Ding ist. Ich mag die Arbeit wirklich sehr, auch wenn es stressig sein kann. Wurde auch eigentlich von fast allen Kanzleien, bei denen ich mich beworben habe, mit offenen Armen empfangen, auch wenn sich das jetzt vielleicht überheblich anhört (hab mich dennoch leider für die falsche Kanzlei entschieden und den Betrieb dann gewechselt).

Ich kann mir vorstellen, dass dieser Beruf erstmal viele abschreckt. Die Bezahlung ist echt nicht das Gelbe vom Ei, und auch wie man zum Teil behandelt wird - ich hab es in meiner alten Kanzlei am eigenen Leib erfahren und auch meine Klassenkameraden erzählen meist nichts Gutes - macht die Ausbildung nicht sonderlich attraktiver. Deshalb mangelt es wahrscheinlich auch an Bewerbern für diese eigentlich, wie ich finde, interessante Ausbildung. Meine Empfehlung wäre wirklich auch, dass man sich direkt an Realschulen wendet und dort die Werbetrommel rührt. Vielleicht könnte man auch in Erwägung ziehen, sich bei einer Ausbildungsmesse einen Stand anzumieten, Schüler die dort hingehen sind ja meist noch auf der Suche und zeigen schon mal Initiative.
Jupp03/11

#114

23.06.2015, 21:04

kunstlos hat geschrieben:Mal aus der Sicht eines Azubis:

Ich habe letztes Jahr mein Abitur gemacht, und das auch mit einem sehr guten Schnitt von 1,6. Für mich war trotzdem klar, dass ich diesen Beruf machen wollte und nicht studieren werde. Ich bin also in meinem letzten Schuljahr zum AA um mich dort zu melden, damit ich Stellenangebote zugeschickt bekomme. Die gute Frau dort wollte mir sogar, aufgrund meines guten Abschlusses, von dem Beruf abraten und mir ein Mathematikstudium aufschwatzen. :-?

Hab ihr dann aber zu verstehen gegeben, dass ich das definitiv nicht machen möchte, sondern mir "meinen" Beruf schon ausgesucht habe und auch in einem freiwilligen Praktikum gemerkt habe, dass das mein Ding ist. Ich mag die Arbeit wirklich sehr, auch wenn es stressig sein kann. Wurde auch eigentlich von fast allen Kanzleien, bei denen ich mich beworben habe, mit offenen Armen empfangen, auch wenn sich das jetzt vielleicht überheblich anhört (hab mich dennoch leider für die falsche Kanzlei entschieden und den Betrieb dann gewechselt).

Ich kann mir vorstellen, dass dieser Beruf erstmal viele abschreckt. Die Bezahlung ist echt nicht das Gelbe vom Ei, und auch wie man zum Teil behandelt wird - ich hab es in meiner alten Kanzlei am eigenen Leib erfahren und auch meine Klassenkameraden erzählen meist nichts Gutes - macht die Ausbildung nicht sonderlich attraktiver. Deshalb mangelt es wahrscheinlich auch an Bewerbern für diese eigentlich, wie ich finde, interessante Ausbildung. Meine Empfehlung wäre wirklich auch, dass man sich direkt an Realschulen wendet und dort die Werbetrommel rührt. Vielleicht könnte man auch in Erwägung ziehen, sich bei einer Ausbildungsmesse einen Stand anzumieten, Schüler die dort hingehen sind ja meist noch auf der Suche und zeigen schon mal Initiative.
Irgendwie erkenne ich mich wieder. Hab zwar kein Abitur, aber das, was du geschrieben hast, finde ich klasse, bleibe dem Beruf erhalten und hänge dich ins Notariat. Dann ist es vorbei mit der Schlechtzahlerei. Wenn du Fragen im Notariat hast, gerne per PN.
Ich habe selten einen derart guten Beitrag zum Thema gelesen.
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AliceImWunderland
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#115

24.06.2015, 09:57

Aufgrund der ähnlichen Erfahrungen, die ihr so ziemlich alle beschrieben habt, bilden wir seit 3 Jahren gar nicht mehr aus. Ich bin seit fast 20 Jahren in diesem Büro beschäftigt und am Anfang hatten wir keine Probleme, gute Auszubildende zu finden. Dann fing es irgendwie an, problematisch zu werden, geeignete Leute zu finden, so dass meine Chefs darauf bestanden haben, dass wir nur noch Azubis mit Abitur einstellen. Doch das hat sich in den letzten 10 Jahren auch gewandelt. Selbst die mit Abitur sind schon mit einfachsten Sachen überfordert. Wir haben mit älteren Kollegen schon oft darüber gerätselt, wie diese Leute überhaupt ihr Abi geschafft haben, und das auch noch mit guten Noten. :kopfkratz

Man kann natürlich nicht alle über einen Kamm scheren, aber mein Fazit ist:
Junge Leute wollen möglichst wenig arbeiten für möglichst viel Geld. Verantwortung übernehmen ist ein absolutes Fremdwort. Pünktlichkeit, Verlässligkeit und Fleiß wird völlig überbewertet. Kein-Bock-auf-Alles-Einstellung. Alles mus cool sein, jeder Tag soll zu einem Event werden. Und wer will sich schon "Rechtsanwaltsfachangestellte" schimpfen. Alle anderen sind schließlich Agenten und Manager! Was ganz Besonderes! (Facility-Manager (Hausverwalter)), Property-Manager (Hausmeister), Call-Center-Agent (Telefonist) und Clean-Agent (Putzfrau). Kein Witz, ich hatte einen Arbeitsvertrag auf dem Tisch, dort stand als Berufsbezeichnung anstatt Putzfrau oder Reinigungsfachkraft Clean-Agent! :lolaway Wann man dann sagt "ich bin Rechtsanwaltsfachangestellte" klingt das doch ziemlich unspektakulär.

Das einzige Positive an dieser traurigen Wahrheit ist, dass unsere Chefs uns ältere Arbeitnehmer jetzt etwas mehr zu schätzen wissen. Denn sie wissen, wenn wir weg sind, kann man uns nicht so einfach ersetzen.
Warum ist am Ende des Geldes noch so viel Monat übrig?!

Ich habe kein Whatsapp und ich werde auch keins bekommen. Ich stehe auf Datenschutz und bin voll Threema.
:naegel
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#116

24.06.2015, 12:25

Mein Chef hat mal von einer Bewerberin erzählt, dass eine Verwandte von ihr es wohl leider nicht bis zur Richterin geschafft und dann sozusagen notgedrungener Maßen nur Rechtsanwältin werden konnte.... Und das im Vorstellungsgespräch vor einem Rechtsanwalt. Das gibt natürlich unheimlich Pluspunkte...
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Morgenmuffel
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#117

24.06.2015, 12:46

AliceImWunderland hat geschrieben:Aufgrund der ähnlichen Erfahrungen, die ihr so ziemlich alle beschrieben habt, bilden wir seit 3 Jahren gar nicht mehr aus. Ich bin seit fast 20 Jahren in diesem Büro beschäftigt und am Anfang hatten wir keine Probleme, gute Auszubildende zu finden. Dann fing es irgendwie an, problematisch zu werden, geeignete Leute zu finden, so dass meine Chefs darauf bestanden haben, dass wir nur noch Azubis mit Abitur einstellen. Doch das hat sich in den letzten 10 Jahren auch gewandelt. Selbst die mit Abitur sind schon mit einfachsten Sachen überfordert. Wir haben mit älteren Kollegen schon oft darüber gerätselt, wie diese Leute überhaupt ihr Abi geschafft haben, und das auch noch mit guten Noten. :kopfkratz

Man kann natürlich nicht alle über einen Kamm scheren, aber mein Fazit ist:
Junge Leute wollen möglichst wenig arbeiten für möglichst viel Geld. Verantwortung übernehmen ist ein absolutes Fremdwort. Pünktlichkeit, Verlässligkeit und Fleiß wird völlig überbewertet. Kein-Bock-auf-Alles-Einstellung. Alles mus cool sein, jeder Tag soll zu einem Event werden. Und wer will sich schon "Rechtsanwaltsfachangestellte" schimpfen. Alle anderen sind schließlich Agenten und Manager! Was ganz Besonderes! (Facility-Manager (Hausverwalter)), Property-Manager (Hausmeister), Call-Center-Agent (Telefonist) und Clean-Agent (Putzfrau). Kein Witz, ich hatte einen Arbeitsvertrag auf dem Tisch, dort stand als Berufsbezeichnung anstatt Putzfrau oder Reinigungsfachkraft Clean-Agent! :lolaway Wann man dann sagt "ich bin Rechtsanwaltsfachangestellte" klingt das doch ziemlich unspektakulär.

Das einzige Positive an dieser traurigen Wahrheit ist, dass unsere Chefs uns ältere Arbeitnehmer jetzt etwas mehr zu schätzen wissen. Denn sie wissen, wenn wir weg sind, kann man uns nicht so einfach ersetzen.
Dem kann ich absolut nur zustimmen. Gut geschrieben!!! Genau so ist es nämlich!
Der Vorteil der Klugheit liegt darin, dass man sich dumm stellen kann. Das Gegenteil ist schon schwieriger. (Kurt Tucholsky)
Ernie

#118

24.06.2015, 18:03

Die Ausbildungszahlen sind im gesamten Bundesgebiet stark rückläufig. Ob sich durch die ReNoPatVO etwas zum Positiven ändern wird, lassen wir mal dahingestellt bleiben. Schwieriger ist es aber immer mehr, geeignetes Fachpersonal (gerade für den Notariatsbereich) zu finden - egal, welche Zugeständnisse der Arbeitgeber auch macht... Schade, denn das Berufsbild an sich ist doch eigentlich phantastisch.
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#119

24.06.2015, 18:13

Morgenmuffel hat geschrieben:
AliceImWunderland hat geschrieben:Aufgrund der ähnlichen Erfahrungen, die ihr so ziemlich alle beschrieben habt, bilden wir seit 3 Jahren gar nicht mehr aus. Ich bin seit fast 20 Jahren in diesem Büro beschäftigt und am Anfang hatten wir keine Probleme, gute Auszubildende zu finden. Dann fing es irgendwie an, problematisch zu werden, geeignete Leute zu finden, so dass meine Chefs darauf bestanden haben, dass wir nur noch Azubis mit Abitur einstellen. Doch das hat sich in den letzten 10 Jahren auch gewandelt. Selbst die mit Abitur sind schon mit einfachsten Sachen überfordert. Wir haben mit älteren Kollegen schon oft darüber gerätselt, wie diese Leute überhaupt ihr Abi geschafft haben, und das auch noch mit guten Noten. :kopfkratz

Man kann natürlich nicht alle über einen Kamm scheren, aber mein Fazit ist:
Junge Leute wollen möglichst wenig arbeiten für möglichst viel Geld. Verantwortung übernehmen ist ein absolutes Fremdwort. Pünktlichkeit, Verlässligkeit und Fleiß wird völlig überbewertet. Kein-Bock-auf-Alles-Einstellung. Alles mus cool sein, jeder Tag soll zu einem Event werden. Und wer will sich schon "Rechtsanwaltsfachangestellte" schimpfen. Alle anderen sind schließlich Agenten und Manager! Was ganz Besonderes! (Facility-Manager (Hausverwalter)), Property-Manager (Hausmeister), Call-Center-Agent (Telefonist) und Clean-Agent (Putzfrau). Kein Witz, ich hatte einen Arbeitsvertrag auf dem Tisch, dort stand als Berufsbezeichnung anstatt Putzfrau oder Reinigungsfachkraft Clean-Agent! :lolaway Wann man dann sagt "ich bin Rechtsanwaltsfachangestellte" klingt das doch ziemlich unspektakulär.


Das einzige Positive an dieser traurigen Wahrheit ist, dass unsere Chefs uns ältere Arbeitnehmer jetzt etwas mehr zu schätzen wissen. Denn sie wissen, wenn wir weg sind, kann man uns nicht so einfach ersetzen.
Dem kann ich absolut nur zustimmen. Gut geschrieben!!! Genau so ist es nämlich!
Und in der entsprechend abgewandelten Form sieht es bei den Gerichten nicht besser aus!
~ Grüßle ~
BildBild Bild

Bild

Veni, vidi, violini (Ich kam, ich sah, ich vergeigte)... :roll: 257

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Anahid
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#120

24.06.2015, 19:29

:good Alice
:katze2 Jeder Tag ist ein Geschenk ... aber manche sind einfach grottenschlecht verpackt. :katze1
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