BGH: Gesonderte Beurkundung der Auflassung nach Ermessen des Notars zulässig

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Martin Filzek
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Beruf: Fachbuchautor KostenO/GNotKG), freibeuflicher Dozent, früher Notariatsmitarbeiter bzw. -BV

#1

18.11.2020, 00:12

Jahrzehntelang - schon zur KostO-Zeit - war streitig, ob die Dienstaufsicht oder der Kostenschuldner beanstanden kann, dass die Auflassung zu etwas höheren Notarkosten anstatt sie gleich mit dem Kaufvertrag mit zu beurkunden, aus Sicherheitsgründen erst später in gesonderter Urkunde erklärt werden kann.
Der BGH hat sich jetzt in der Entscheidung vom 1. Oktober 2020 Az. V ZB/19 - kostenlos herunterzuladen auf www.bundesgerichtshof.de - zugunsten des Ermessens der Notare in dieser Frage entschieden.

Ob wie meist praktiziert die Auflassung weiterhin mit dem schuldrechtlichen Geschäft zusammen beurkundet wird und insoweit mit besonderen Sicherungen (z. B. Auflassungssperre) versehen wird, oder im Einzelfall gerechtfertigt sein kann, trotz Mehrkosten, die nur ein Aspekt der Ermessensentscheidung neben verschiedenen Vor- und Nachteilen der beiden Verfahren (Zusammenbeurkundung oder getrennte spätere Beurkundung) sind, bleibt daher dem pflichtgemäßen Ermessen des Notars anheimgestellt (§ 1 BNotO, Unabhängigkeit des Notars).

Siehe ausführlich und im Einzelnen die genannte Entscheidung zu § 21 Abs. 1 S. 1 GNotKG, Leitsätze:

a) Eine unrichtige Sachbehandlung i.S. von § 21 Abs. 1 Satz 1 GNotKG liegt nur bei einem offen zutage tretenden Verstoß gegen eindeutige gesetzliche Normen oder bei einem offensichtlichen Versehen des Notars sowie dann vor, wenn der notar von mehreren gleich sicheren Gestaltungsmöglichkeiten die teurere wählt.

b) Die getrennte Beurkundung von Grundstückskaufvertrag und Auflasung stellt keine unrichtige Sachbehandlung i. S. des § 21 Abs. 1 Satz 1 GNotKG dar; dies gilt auch dann, wenn der Notar die Beteiligten nicht über kostengünstigere andere Gestaltungsmöglichkeiten belehrt.

Die notarfreundliche Entscheidung wird voraussichtlich mannigfach zustimmend begrüßt werden. In den "Normalfällen" von Kaufverträgen hat sich aufgrund der unsicheren Rechtslage und verschiedener Beanstandungen einzelner Dienstaufsichten inzwischen die Mitbeurkundung der Auflassung mit der Absicherung durch weitere Sicherungsverfahren (die unter Umständen Betreuungsgebühren KV 22200 auslösen, die jedoch auch aus anderen Gründen häufig schon in derselben Höhe entstehen) durchgesetzt, und dass eine jahrzehntelange Übung selten überdacht wird und zugunsten der gesonderten Auflassung eingeschränkt wird, ist wohl unwahrscheinlich. Dennoch bietet die BGH-Entscheidung da jetzt mehr Entscheidungsfreiheit und man sollte darüber nachdenken.
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